Dienstag, 29. April 2008

Die Lederjacken-Beinahekatastrophe

Selbst gemachte Probleme sind ja immer noch am schönsten. Dieses hier ist entstanden, weil ich die wichtigste Regel beim Selbermachen - erst denken, dann schneiden - mißachtet habe.

In der Ausmist- und Einpackpanik vor dem Umzug ist mir nämlich im letzten Herbst meine alte Lederjacke in die Hände gefallen, die ich vor Jahren mal für wenig Geld bei Humana gekauft hatte. Inzwischen war das Futter vollkommen zerschlissen. Und was mich lange Zeit nicht sehr gestört hatte - dass sie eben immer nur so ungefähr passte - ärgerte mich dann eben doch und ich zog sie nicht mehr oft an.

Auch die Schulterpolster der Jacke sind echte Handarbeit

Da Aufräumratgeber immer raten, Kleidungsstücke auszusortieren, die ein Jahr nicht mehr getragen wurden, war die Jacke quasi schon todgeweiht. Das Leder könnte man aber noch verwenden, daher schnitt ich das zerfetzte Futter heraus ... UND WARF ES WEG!

Tja, Pech gehabt. Inzwischen habe ich meine Meinung geändert und außerdem festgestellt, dass die Jacke schon einmal mit eingesetzten Streifen an der Seite erweitert worden war. Wenn ich sie wieder auf das ursprüngliche Maß brächte, würde sie mir viel besser passen. Außerdem könnte ich mir im Moment sowieso keine neue Lederjacke kaufen, hätte aber gerne eine.

Was also tun? Ich habe nicht nur die halbe Jacke aufgetrennt, die eingesetzten Streifen entfernt und die Jacke neu zusammengesteppt.
Da ich aus eigener Blödheit kein Futter mehr habe, das als Schnittmuster dienen könnte, musste ich den Schnitt mit Folie (Abdeckfolie extra stark aus dem Baumarkt) von der Jacke abnehmen. Ätzend! Und mindestens die dreifache Arbeit. Von sowas leben Änderungsschneidereien. Weil der abgenommene Schnitt vermutlich nicht so ganz präzise ist, war an Verstürzen nicht zu denken, sondern ich habe das Futter von Vorder- und Rückenteilen per Hand angesäumt. Das Schlimmste ist damit überstanden. Jetzt noch die Ärmel.

Diese Knöpfe sind wahrlich nicht schön

Aber interessant war der Blick in das Innenleben der Jacke. Ich habe nämlich nicht nur Reste von drei verschiedenen Futterstoffen - beige, hellblau, dunkelblau - gefunden, sondern jede Menge Handarbeit. Die Jacke stammt offensichtlich nicht aus der Konfektion, die Einlagen sind aus Leinen und die Schulterpolster wurden aus mehreren Lagen Wollstoff gearbeitet. Umso besser, dass die Jacke jetzt doch weiterleben darf. Neue Knöpfe bekommt sie dann auch noch - mir ist nämlich erst jetzt aufgefallen, wie hässlich doch die alten sind.

Samstag, 12. April 2008

Für mich solls rote Inchies regnen








.. und wenn auch nicht sämtliche, aber dieses Wunder ist mir tatsächlich begegnet. Eigentlich hatte ich nur aus Neugierde, weil ich wissen wollte, was "Inchies" sind, einen Thread im Hobbyschneiderinnen-Forum angeklickt. (Schöne Beispiele in diesem pdf). Das Ende dieses Lieds war, dass ich dann schließlich an einem Inchies-Tausch teilgenommen habe, denn diese verzierten Stoffquadrate in der Größe eines Inchs (2,54 x 2,54cm) sind natürlich um so schöner, je mehr verschiedene man davon hat. Wer jetzt fragt, wozu denn diese Kleinigkeiten gut seien, hat das Prinzip nicht verstanden.

Inchies rotEingeschickt habe ich diese mit Blumen ...

Ursprünglich stammen die Inchies wohl aus der amerikanischen Papierkunst-Szene - die Papierbastler tauschen nicht nur ATCs (artist trading cards), sondern auch Kärtchen in 1"-Größe, die als eine Art Visitenkarte fungieren. Auf das Medium Stoff übertragen ist die Verzierung eine noch größere Herausforderung, denn 2,5cm im Quadrat ist wirklich sehr sehr klein. Nach 27 Inchies hatte ich jedenfalls dringend das Bedürfnis nach einem größeren Format.

Inchies rot...diese mit Herzen ...

Dennoch finde ich die Inchie-Idee äußerst reizvoll und ausbaufähig. Es gibt ja tolle Tagebücher auf Stoff im Netz (die ich vor Jahren mal gesehen, aber jetzt leider nicht wiedergefunden habe), bei denen jede Woche oder sogar noch häufiger ein Stoffstück in einer vorgegebenen Größe gestaltet wird. Für Inchies wäre das auch eine Idee und würde sogar noch weniger Platz und Material brauchen.

Inchies rot...und diese abstrakten.

Was ich mit meinen getauschten Kleinigkeiten mache, weiß ich noch nicht genau. Vielleicht nehme ich erst noch mal an einem Tausch teil. Dass so ein Tausch funktioniert - zwischen Menschen, die außer einem Hobby im Grunde nicht mehr gemeinsam haben als Leute, die zufällig im gleichen Aufzug stehen - das ist wohl das größte Wunder.

Zurückgetauscht bekam ich diese hier (ein Klick vergrößert die Bilder) - besonders gefällt mir die winzige Häkelblume von halinas.




Montag, 7. April 2008

Bunt, bunt, bunt ist meine neue Tasche

Umhängetasche aus Gobelinstoff


Die Tasche nach einem abgewandelten Schnitt von tiny happy ist fertig, mit einem sehr bunten Stoff gefüttert (auch schon älter - was hat mich damals nur zum Kauf getrieben?) und ich habe sie auch schon benutzt um festzustellen, ob der Träger die richtige Länge hat (ja), ob die Größe stimmt (sie könnte sogar noch etwas größer sein) und ob die Verschlussmöglichkeit funktioniert (zufriedenstellend).

Sie könnte also eine Lieblingstasche werden, wäre da nicht der Stoff - den hätte ich schon ein paar Jahre früher vernähen sollen. Stoff wird ja in der Regel nicht richtig schlecht - dieser aber ist überlagert, denn mein Geschmack hat sich in den letzten Jahren doch etwas geändert. Gekauft habe ich den Möbelstoff vor sechs oder sieben Jahren, als ich von Gobelinstoff total begeistert war und sofort beim Schlussverkauf zuschlug, als Karstadt Bezugsstoffreste für ein paar Mark (ja, Mark!) anbot. In meinem Übereifer habe ich damals nicht darüber nachgedacht, wie viele Taschen aus Gobelinstoff ein Mensch so brauchen kann. Nicht so sonderlich viele - mit der neuen habe ich jetzt drei verschiedene und außerdem noch Stoff für circa drei weitere. Eventuell lasse ich die Stoffe nochmal sieben Jahre liegen - in der Hoffnung dass sie mir dann wieder gefallen.

Für den Verschluss der Tasche habe ich mir übrigens einen Einsatz mit Reißverschluss zurechtgebastelt. Oben offene Taschen gehören nämlich zu meinen persönlichen Alpträumen - ich habe da immer die Vision, dass mir alles rausfällt, am besten gleich beim Einsteigen in die Spalte zwischen Bahn und Bahnsteigkante (katastrophal) oder dass sich meine Habseligkeiten unter dem Gelächter der Umstehenden auf dem Bahnsteig verteilen (extrem demütigend).

Einsatz von obenSo sieht der Reißverschluss von oben aus, wenn Tasche und Futtertasche verstürzt sind. Die Kanten der Tasche habe ich rundherum abgesteppt. Ein Anhänger für den Schieber wäre noch praktisch, der Griff ist doch arg klein.

Gegenüber dem Ursprungsschnitt habe ich die Tasche ein ganzes Stück verkleinert - auf Handtaschengröße. Schmaler als acht Zentimeter sollte der Henkel nicht werden, wenn man die Tasche verstürzen und durch den Henkel wenden will. Das ging nur noch mit viel Geduld und der Hilfe der Zentrifugalkraft.

Schnittschema für die TascheSchnittschema für die Tasche

Die einzelnen Arbeitsschritte für die Tasche sind in dem Taschentutorial bei tiny happy, von der der Schnitt ja auch urspünglich stammt, sehr gut zu sehen.





Für den Reißverschlusseinsatz habe ich vier Stoffstreifen, 27cm lang und 5cm breit verwendet, außerdem einen 35cm langen Reißverschluss. Der ist beim Einnähen prakischer und wird zum Schluss gekürzt.

So habe ich den Verschluss genäht (Ein Klick auf die Bilder zeigt sie größer an):


Stoffstreifen mit umgebügelter Nahtzugabe1. Nahtzugaben der Streifen an den schmalen Kanten nach innen umbügeln, der Streifen ist dann 24cm lang.





2. Die überstehenden Enden des Reißverschlussbands nach innen falten, so dass sie nicht hervorschauen und provisorisch feststecken.




3. Den Reißverschluss zwischen die beiden Stoffstreifen stecken, rechte Seiten des Stoffes zeigen nach innen.






4. Den Streifen mit dem Reißverschlussfuß festnähen. Um mir Gefummel mit dem Reißverschlussschieber zu ersparen, nähe ich bei geschlossenem Reißverschluss erst einmal die ganze Länge und in einem Bogen am Schieber vorbei. Danach mache ich den Reißverschluss auf und nähe die Stelle, wo der Schieber vorher war, noch einmal nach, so dass der Abstand der Naht zu den Reißverschlusszähnchen überall gleich ist.
Die restlichen beiden Stoffstreifen werden ebenso an die andere Längskante des Reißverschlusses angenäht.

5. Die Streifen umbügeln und entlang des Reißverschlusses und an den Schmalseiten knapp absteppen (Reißverschlussfuß). Die noch offene Schnittkante wenn nötig begradigen und versäubern. Der Reißverschluss ist jetzt auf beiden Seiten mit Stoffstreifen eingefasst.




Einsatz festgesteckt 6. Den Reißverschlussstreifen etwa 3cm von der Oberkante entfernt an das Taschenfutter stecken und feststeppen, dabei zeigt die versäuberte Nahtzugabe nach unten. Die zweite Seite des Reißverschlusseinsatzes ebenso in die Futtertasche nähen. Da merkt man dann auch, warum es praktisch ist, einen etwas längeren Reißverschluss zu verwenden: da kann man nämlich bei geöffnetem Reißverschluss ohne Gefummel bis zum Ende des Streifens nähen.

Reißverschlussende 7. Zuletzt kürze ich den Reißverschluss auf eine passende Länge, indem ich mit der Hand eine Riegel über die Zähnchen nähe und das abgeschnittene Ende mit einem gefalteten Stoffstreifen einfasse.







Sehr labberigen Futterstoff sollte man vorher mit Vlieseline verstärken. Der große Knopf ist nur Deko, und eigentlich gar kein Knopf, denn bei der Suche nach einem runden Objekt passender Größe fiel mein Blick auf den Schraubdeckel eines Milchkartons. Den habe ich mit Stoff bezogen, bestickt und auf der Rückseite einen schwarzen Stoff gegengenäht.

Knopf von NahemIch war ein Deckel