Montag, 30. September 2013

Woche 39

 
 

Auf dem Tempelhofer Feld sich den Wind um die Nase wehen lassen, durch den Lustgarten und die Museumsinsel spazieren, wo derzeit eine Ausstellung zum Themenjahr "Zerstörte Vielfalt" aufgebaut ist, in der Schlesischen Straße ein Schablonengraffiti fotografieren und in der Kantstraße nordchinesisch essen gehen - wenn Besuch da ist, bin ich auch mal wieder außerhalb des Kiezes unterwegs. Die Arbeit läuft ein bißchen zäh, es dauert alles dreimal länger als gedacht und Fortschritte sind, da es ja um lauter Kleinigkeiten geht, auch nicht mehr sichtbar. Nächstes Jahr brauche ich einen Job, das beschäftigt mich auch, oder mache ich mich selbständig und schaffe mir selbst den Job, und/oder mache ich noch ein Buch, und wenn ja worüber - Fragen über Fragen, an jeder Entscheidung hängen viele Wenns und Abers und die Sinnkrise lauert schon am Horizont. Lieber nicht zu viel drüber nachdenken.

Lenken wir uns doch schnell mit ein paar interessanten Links ab:

Etwas zum Mitmachen: Alex, Susi und Miriam organisieren ein Nähwochenende vom 10. bis 12. Januar 2014, entweder günstig in Bielefeld oder luxuriös in Essen. Alle Infos dazu auf den Blogs der drei. Bis Freitag Mittag kann noch für eine der beiden Varianten abgestimmt werden. Ich hätte schon Lust zu fahren - aber mich festlegen? Puh. Bei der derzeitigen was-wird-bloß-2014-aus-mir-Krise vollkommen unmöglich.

Etwas zum Stricken: In der aktuellen Brigitte gibt es wieder ein paar einfache Strickanleitungen. Interessanter ist da schon der Beileger der Initiative Handarbeit, aber deswegen muss man sich das Heft nicht kaufen. Die Beilage (nur Bilder) gibt es hier, die Anleitungen dazu lassen sich hier herunterladen.

Etwas zum Nähen: Frau von Welt bloggt erst seit Anfang September, aber voller Enthusiasmus. Ihre Anleitung für Unterziehtops kommt mir wie gerufen: erstens habe ich Jerseyreste, zweitens nur gekaufte H&M-Tops, die seit der ersten Wäsche (also schon sehr lange) bauchfrei sind.

Und etwas zum Schauen und Staunen: Mister Finch erschafft aus Stoff, Stickereien, Plüsch, Federn und Draht phantastische Vögel, Pilze und Insekten. Oder Osterhasen - aber die sind alles andere als niedlich.

Sonntag, 29. September 2013

Stoffspielerei September


Kaum hatte ich Stickerei als Thema der Stoffspielerei ausgerufen, fand ich in der zu-verschenken-Kiste bei uns im Hausflur eine Tüte Perlen (den Haufen links auf dem Teller). Das musste dann doch erstmal sortiert werden, und die Perlenvorräte, die sonst noch da waren, auch. Was Glasperlen betrifft, bin ich eher Käuferin als Verabeiterin.

Aber sticken lässt sich ja auch mit Perlen, man braucht nur einen stabilen Untergrund, weil das Glas ziemlich schwer wird.   


Ich erinnerte mich an einen Perlenknopf, den ich mit ungefähr zehn Jahren gemacht hatte - der bunte Knopf links. Ich trage ihn heute noch manchmal als Brosche. Im ersten Versuch rechts steckt auch ein normaler, mit Stoff bezogener Knopf, den ich anschließend bestickt habe. (Hier hatte ich schon mal gezeigt, wie das mit dem Knopfbeziehen geht.) 

Auf der Suche nach größeren überziehbaren und bestickbaren Gebilden landete ich bei Plastikdeckeln von Saftflaschen und schließlich bei diesem Deckel einer Shampooflasche: schön flach und eine interessante, unregelmäßig-ovale Form. Besser wäre es gewesen, den Deckel mit dunklem Stoff zu beziehen, wenn mit dunklen Perlen darauf gestickt werden soll. Außerdem eignen sich gewölbte Knöpfe oder Deckel zum Besticken einen Tick besser, weil es bei geraden Flächen zunehmend schwieriger wird, mit der Nadel an den schon befestigten Perlen vorbeizukommen. Der Deckel ist daher noch nicht ganz fertig, ich freue mich aber schon darauf, ihn als große glitzernde Brosche zu tragen.   

Wie haben die anderen das Stickereithema interpretiert?

Ute zerschnitt blau-weiße Stoffe und gestickte Deckchen und nähte eine Quiltoberseite aus Streifen, mit einer Technik, die mir ganz bekannt vorkommt.

Suschna stickte auf schwarzem Untergrund und färbte sich das Garn nach Bedarf selbst - abenteuerlich und wunderschön.

Bei Griselda wurde aus einer Gobelinstickerei eine Hülle für einen Mini-Tabletcomputer - Pixel innen und außen.

Petra bestickte Kissenbezüge im Satinstich mit der Nähmaschine und erklärt, wie das geht.

Karen stickte ein Monogramm nach einer alten Vorlage und macht sich über Kreuzstiche Gedanken.

Frifris setzte Kinderzeichnungen in Stickerei um - einfach, aber sehr wirkungsvoll. 

Die nächste Stoffspielerei am 29. Oktober bei Suschna.

Montag, 23. September 2013

Woche 38


Schon wieder eine Woche um, und nicht mal zum Bildersammeln mit der Immer-dabei-Knipse bin ich gekommen. Nur den gefalteten Papiervogel vom Weichselplatz finde ich auf der Speicherkarte.

Dafür saß ich gestern Abend bei der Wahlberichterstattung zum ersten Mal seit längerer Zeit vor dem Fernseher. Ich fand es ganz interessant, an mir selbst zu beobachten, wie sich die Wahrnehmung auf Politik und Politiker ändert, wenn man sich nur über Radio und Zeitungen (auf Papier und im Internet) informiert, sich also mit inhaltlichen Aussagen beschäftigt, ohne bewegte Bilder der Kandidaten. Wie bei einer Fernsehdebatte die eigene Aufmerksamkeit von den Inhalten wegwandert und sich der dem Auftreten der Personen zuwendet - ob man will oder nicht.

Frau Merkel hatte ich bestimmt einige Jahre nicht mehr im Fernsehen gesehen, und ich muss zugeben, so aufgeräumt, freundlich, schlagfertig, wie sie da in der Elefantenrunde saß, kann ich gut nachvollziehen, warum sie von so vielen immer wieder gewählt wird. Steinbrück, der immer so aussieht wie eine missmutige Bulldogge kurz vorm Zuschnappen, kann noch so kompetent sein - ein Kandidat zum Knuddeln wird er in diesem Leben nicht mehr werden. Merkel hingegen wirkt so souverän, so ernsthaft, vernünftig, vertrauenerweckend, dabei anders als früher nicht verbissen, sondern wie eine Frau, die nur unser Bestes will. Sie kümmert sich, hat alles im Blick, wägt ab und nimmt uns die schwere Last ab, uns selbst informieren zu müssen, selbst zu entscheiden, selbst zu denken, denn Merkel denkt und sorgt ja für uns. Der Wähler wird im Angesicht von Merkel wieder zum unmündigen Kind und lässt sie machen - die Zusammenhänge verstehen zu wollen, ist ja auch viel zu kompliziert!

Ja, manche Dinge muss man eben sehen, um sie zu verstehen, und wenn ich diese Fernsehrunde mit  Merkel, Steinbrück, Trittin ganz unvoreingenommen im Fernsehen betrachte, vielleicht so, wie sich das jemand anschaut, der sich für Politik ansonsten nicht besonders interessiert, dann erklärt sich für mich der Wahlausgang und ich finde Wählerverachtung unangebracht. Meine Entscheidung fiel anders aus - aber dass es einen verbreiteten Wunsch nach Sicherheit und einfachen Lösungen gibt, dass man eine wählt, die Vertrauen und Orientierung vermittelt, die nicht alles unnötig verkompliziert, das kann ich verstehen und deshalb nicht verurteilen. Fazit: hätte ich vor der Wahl auch mal ferngesehen, hätten mich die fast 42% für die CDU/CSU nicht so überrascht.

Einige Nähthemen beschäftigten mich in der letzten Woche aber doch:

In dem russischen P-an-da-Blog tauchten die Modelle aus der November-Burda auf. Es wird einige interessante Kleider geben, auch in großen Größen.

Yvonet sezierte eine Jacke, legte die Einlageschichten frei und dokumentierte alles ganz ausführlich in Bildern. Sehr interessant, wo und wie in einem Jackett "Made in China" Einlage verbaut ist - es entspricht ungefähr dem, was man auch in älteren Schneiderbüchern findet - und umso merkwürdiger, dass zum Beispiel Burda-Anleitungen meistens mit sehr viel weniger Einlage arbeiten. 

Zwei Designstudenten entwarfen für das Projekt Unifold Schuhe, die nach einer Schablone einfach aus einem Stück Kunststoffmaterial ausgeschnitten und zusammengefaltet werden können. Eigentlich geht es darum, Menschen mit Schuhen zu versorgen, die sich bisher keine leisten können - aber gerade die Sandale ist auch richtig schick und könnte auf dem Berliner Pflaster bestimmt zum Trendprodukt werden. Wäre eine gute Sache, wenn man mit einem Schuhkauf hier zum Beispiel einer anderen Person ein paar Schuhe sponsern könnte.

Donnerstag, 19. September 2013

Wie der Zufall so spielt


Menschen, die regelmäßig Mittagsschlaf halten, seien gesünder, klüger, leistungsfähiger, ja glücklicher als andere – diese bahnbrechende Erkenntnis der Wissenschaft hatte ich im Frühjahr so oft gelesen, dass ich große Lust bekam, die Mittagsschlaf-Decke fürs Bürosofa zu nähen, die schon so lange geplant war. Ich habe ja einen Schreibplatz in einer Bürogemeinschaft, und dort steht ein nickerchengeeignetes Sofa auf dem Gang. Auch wenn ich davon bisher nur wenig Gebrauch gemacht habe – das gefürchtete Nachmittagstief ab 14.00 Uhr war in letzter Zeit weniger tief – ist es ja immer gut, vorbereitet zu sein.


Wollstoffreste hatte ich schon seit längerer Zeit gesammelt, und von Wiebke und Frau Kirsche wurde ich großzügig mit Zuschnittresten versorgt – vielen Dank nochmal dafür! Wie das Muster zustande gekommen ist, darüber könnte ich euch jetzt lange rätseln lassen: es sieht ja irgendwie nach moderner Kunst aus. In Wirklichkeit ist die Anordnung Zufall, oder besser gesagt, ein gesteuerter Zufall.


Für Zufallsquilts gibt es ja eine Menge Anleitungen. Manche basieren darauf, dass man einfach eine Menge Stoffschnipsel in eine Tüte steckt und die Schnipsel Stück für Stück zufällig zusammennäht. Das ergibt ein ansehnliches Ergebnis, wenn sich in der Tüte ein paar schöne moderne Quiltstoffserien, vielleicht gemixt mit ein paar Punkten und einfarbigen Stoffen in gefälligen Farben befinden. Mit dem Inhalt meiner Baumwollstoff-Kiste funktioniert das nicht: Merkwürdige Stoffe in Kombination mit noch mehr merkwürdigen Stoffen neutralisieren sich nicht gegenseitig, oder jedenfalls nur manchmal.


Diese Anleitung für einen Quilt, die ich über Textile Ideen fand, war deshalb ein guter Ausgangspunkt, um den Zufall einzubeziehen, sich ihm aber nicht völlig auszuliefern. Für den Quilt verwendete ich Wollstoffreste in schwarz, schwarz-weiß, grau, dunkelblau, braun, dunkelrot als Hauptfarbe und Reste in einfarbig rot und rotem Fischgrat als Akzentfarbe. Während die Originalanleitung mit langen Streifen aus Patchworkstoff arbeitet, sind bei mir die langen Streifen aus verschiedenen Stoffen zusammengesetzt. Ich schnitt einfach nach und nach alle Reste in 12 cm breite Streifen und fügte sie grob nach Farben geordnet zusammen, so dass ich 20 Streifen von etwa 1,20 m Länge erhielt. Diese Streifen setzte ich dann in zufälliger Reihenfolge abwechselnd mit kurzen Stücken aus den Akzentfarben zusammen zu einem einzigen, mehr als 25 Meter langen Streifen.

Was dann kommt, macht richtig Spaß: Wann kann man schon mal mehr als 10 Meter einfach nur geradeaus nähen? Der Streifen wird der Länge nach zusammengefaltet. Da die Näherei nicht besonders präzise sein muss, reicht es aus, einfach die beiden Enden zusammenzulegen, so, dass der Streifen nicht in sich verdreht ist, und von dort aus Richtung Bruch entlang der Längskante loszunähen. Den Bruch schneidet man auf und faltet den Streifen wieder zusammen und näht wieder an der Längskante entlang - und das so lange, bis ein rechteckiges Deckenformat entstanden ist. Dann aufhören!


Durch die farblich vorsortierten Streifen kommt es zu einer abwechslungsreichen Quiltfläche mit helleren und dunkleren Partien und genügend Kontrasten, dass die Sache nicht langweilig wirkt - und ohne dass man beim Falten und Nähen noch Einfluss darauf hätte. Um so eine unzufällig-zufällige Stoffanordnung bewusst herzustellen, hätte ich lange herumrpobieren müssen.


Die gepatchte Oberseite verarbeitete ich dann ganz konventionell weiter: die Rückseite besteht aus einem großen Reststück karierten Baumwollflanells, als Füllung dient eine dünne und günstige Fleecedecke. Die Decke wurde jeweils in einigem Abstand von den Nähten quer durchgesteppt. Und so werde ich nun ab und an unter dieser Decke dem Glück und dem Erfolg entgegenschlafen.

Montag, 16. September 2013

Woche 37


Auf meinem Nähtisch liegt ein echter Luxusschnitt - das Elisalex-Kleid von by hand London. Die ersten Elisalex-Kleider sichtete ich im Frühjahr bei Dodo und bei Yvonet, aber erst vor kurzem ging mir auf, dass die Schnittmuster von by hand London in Großbritannien gerade der totale Hype sind - die Schnitte werden in den britischen Nähblogs wie verrückt rauf und runter genäht.

Die Firma wurde vor noch nicht einmal einem Jahr von zwei Mittzwanzigerinnen in London gegründet, ehemalige Schuhdesignerin die eine, Marketingexpertin die andere. Man könnte daher befürchten, dass der große Erfolg vor allem durch geschicktes Einspannen der bloggenden Nähcommunity zustande gekommen ist - aber die zahlreichen Bilder vorteilhafter und gut sitzender Kleider sprechen eine andere Sprache, und so viel enthusiastisches Lob kann man nicht kaufen. Denke ich. Eine Sache haben die Frauen von by hand London jedenfalls schon ganz richtig gemacht: die Verpackung des Schnittmusters und das Anleitungsheft sind so schön und hochwertig gestaltet, dass nicht nur Nähnerds, sondern auch Büchernerds voll auf ihre Kosten kommen.

Ich bekam den Schnitt von Constance im Tausch gegen Korrekturlese- und Redigierarbeit (hat sie natürlich auch in ihrem Shop), und streichelte erstmal eine Woche nur die Verpackung, aber am Wochenende war ich dann so neugierig, ob das etwas für mich sein könnte, dass ich ein Probeoberteil nähte. Das Oberteil sitzt sehr vielversprechend, und ich denke es ist mir auch gelungen, die Schnittteile für den Rock so zu kürzen, dass ein knielanger Tulpenrock mit der "Beule" an der richtigen Stelle dabei herauskommt - das ist am Schnittmuster nämlich etwas merkwürdig, der Rock ist extrem lang (an Dodo sieht man hier die Originallänge), damit der Rock wie auf der Modellzeichnung nur bis zum Knie geht, müsste die Trägerin also ca. 1,93 m groß sein.

Also, das nähe ich mir als nächstes, dann komme ich (falls es klappt) auch nochmal auf die Änderungen zurück. Der Stoff ist oben mit auf dem ersten Foto - eine Art Feincord mit weit auseinander liegenden Rippen in dunkelblau-schwarz von Philea.

Ansonsten ist nicht viel passiert - in unserer kleinen Straße eröffnete ein kleiner israelischer Falafel- und Hummus-Imbiss, der wahrscheinlich unser Ziel für die Abende werden wird, an denen ich weder Lust noch Zeit zum Kochen habe. Und die Turmspringer vom Kanal, die im August noch so aussahen, sind um zwei Springer und Wasser ergänzt worden. Im Netz gibts die neuen Strickmuster von knitty.com - "deep fall 2013" - ja, wir stecken schon mitten im Herbst.    

Sonntag, 15. September 2013

Unterm Strickcape wird gejodelt, Teil 2: Ski und Jodel gut


Auf der heutigen zweiten Etappe des Jodel-Eiger-Nordwand-Knit-alongs nähert sich unsere Seilschaft der ersten ernsthaften Hürde, dem Schwierigen Riss, und tatsächlich: Im Flachland fröhlich Pläne schmieden wie beim letzen Mal ist ja gut und schön - ob die Ausrüstung taugt, die Route stimmt, die Fitness und die mentale Einstellung, zeigt sich erst am Berg. Besonders freue ich mich ja darüber, dass Ilsebyl uns doch noch hinterhergeklettert ist und uns bereits eingeholt hat - von ihr stammt ja schließlich die Idee, ein Cape zu stricken. 

Die ersten Schritte des Aufstiegs verliefen für mich so weit vielversprechend. Zur Erinnerung: auf dem Gipfel wartet ein dunkelrotes Miss-Marple-in-den-Alpen-Cape auf mich. In den letzten zwei Wochen besorgte ich eine Rundstricknadel Nummer 8 passend zur Wolle und strickte eine große Maschenprobe, um verschiedene Muster zu testen.

 

Der mehrfach verschlungene Zopf oben, bei dem die einzelnen Stränge nur aus zwei Maschen bestehen, ist für das unregelmäßige Garn zu filigran, man erkennt ihn kaum. Das zweite Muster, eine Raute (hier nur eine halbe) mit Noppen gefällt mir gut - besonders die bei Nadelstärke 8 absurd großen Noppen!

Ich habe nun die Maschenanzahl für den Anfang am unteren Rand ausgerechnet - 149 Maschen -  und die Abnahmen für die Capeform. Sie werden in den kraus-links-Partien zwischen den Mustern vorgenommen, und zwar so, dass die Seiten des Capes der Schulterform folgen. Wie genau? Das wird sich herausstellen - es bleibt also spannend, bis wir in 14 Tagen den Wasserfallkamin erreichen.

Die Mitjodlerinnen und Mitwanderinnen der handarbeitenden Erstbesteigung der Eiger-Nordwand sammelt unsere Expeditionsleiterin Frau Sachenmacherin - vielen Dank!

Donnerstag, 12. September 2013

Stoffspielerei im September: Stickerei


Am 29. 9.  ist das nächste Treffen der Stoffspielerei, und ich bin Gastgeberin und sammele eure Beiträge. Das Thema Stickerei hatte sich beim letzten Mal herauskristallisiert - aber wie immer ist das Thema nur eine Anregung und muss nicht sklavisch befolgt werden.

Wer noch Anregungen sucht, dem empfehle ich einen Blick in das Blog Mr. X Stitch, einer überwältigenden Sammlung moderner Stickerei. Wer sich besonders für Kreuzstich interessiert, der möchte vielleicht die Seite Pixel-Stitch mal ausprobieren: dort lassen sich eigene Bilder hochladen und in eine ausdruckbare Stickvorlage umwandeln. Der  Ersteller des Programms hatte mich vor kurzem angeschrieben - Feedback zur Funktionalität der Seite wäre herzlich willkommen! Und nicht zuletzt muss ja beim Thema Stickerei gar nicht selber gestickt werden, sondern es lassen sich genauso gut ältere Stickereien, Tischdecken, Deckchen, Bilder weiterverarbeiten. Die Dutch Sisters nähen zum Beispiel aus Kreuzstichbildern vom Flohmarkt wunderbare Taschen.   

Wenn ihr verlinkt werden wollt und neu bzw. nicht so oft bei der Stoffspielerei dabei seid, gebt mir am 29. doch kurz in einem Kommentar Bescheid. Bis dahin!

Dienstag, 10. September 2013

Woche 36


Die letzte Woche war wohl erstmal die allerletzte Spätsommerwoche. Ich strickte ein bißchen an der schwarzen Strickjacke weiter, begann mit dem zweiten Vorderteil, besorgte Stricknadeln für das Miss-Marple-Cape und maschenprobte ein bißchen vor mich hin. Die Entscheidung, welches Muster es wird, ist gefallen, jetzt muss ich nur noch zählen und rechnen. Mehr dazu beim Jodeltreffen am nächsten Sonntag.

Die Freiheit-statt-Angst-Demo am Samstag fand bei schönsten Sommerwetter statt. Ich gehe ganz und gar nicht gerne zu Demos. Mir ist das alles meistens zu undifferenziert, man läuft Gefahr, mit seltsamen Gruppen unfreiwillig Koalitionen einzugehen (in Berlin ist die MLPD zum Beispiel sehr rührig und hängt sich gerne an andere Veranstaltungen ran), und letztlich gehe ich mit dem Gefühl nach Hause, dass die Anstrengung und der verschwendete Nachmittag in keinem Verhältnis zu der erzielten Wirkung stehen.

Das Thema Überwachung war mir aber so wichtig, dass ich mich am Samstag überwand. Erst am Vormittag hatte ich bei TextundBlog das ARD-Interview mit Jacob Appelbaum, dem Verschlüsselungsexperten und Unterstützer von Wikileaks gesehen und überhaupt erst mitgekriegt, dass Appelbaum in Berlin lebt, und zwar nicht freiwillig. Er sprach auch auf der Auftaktkundgebung und erwähnte, dass er keinen Pass mehr besitze. Auch Laura Poitras, die Filmemacherin, die Snowden und Greenwald zusammenbrachte und die Enthüllungen erst ermöglichte, lebt inzwischen in Berlin, nachdem sie in den USA jahrelang von den Behörden schikaniert worden war. Snowden ist, wie bekannt, in Moskau, und Chelsea (vormals Bradley) Manning wird 35 Jahre im Gefängnis verbringen, falls sie das überlebt. Hätte man vor zehn oder mehr Jahren geglaubt, dass das - laut Eigen-PR - "land of the free" diese Leute ins Exil schickt? Von den Briten, bei denen Abgesandte des Geheimdienstes in der Redaktion des Guardian Festplatten zerstören, ganz zu schweigen, und über unsere eigenen Dienste haben wir damit noch gar nicht gesprochen. Ich bin sehr pessimistisch, was unsere Chancen angeht, dass das Ausmaß, die Ziele und die Auftraggeber dieser Spionageprogramme jemals zweifelsfrei aufgeklärt werden - also so, dass Politiker sich nicht mehr hinstellen können und sagen, es handele sich um "unbewiesene Behauptungen" - und noch pessimistischer, dass das Durchforsten unserer Kommunikationsdaten von wem auch immer irgendwann wieder eingestellt werden wird. Und wenn man dann im Netz noch mitkriegt, dass sich Teile der Piratenpartei, der gerade ein Wahlkampfthema auf einem goldenen Tablett gereicht wird, sich lieber in persönlichen Kleinkriegen aufreiben, dann, ja dann ist wieder das Gefühl der Sinnlosigkeit da, das ich schon immer mit dem Demonstrieren-Gehen verbunden habe.

Eine elegante Überleitung zu den Handarbeitsthemen versuche ich gar nicht erst, aber ich habe noch zwei Links:

Strickerinnen sind sich ja sowieso darüber einig, dass das Stricken therapeutische Wirkungen entfalten kann. In Großbritannien gibt es jetzt sogar eine Organisation, die wissenschaftliche Belege für diese These sammelt und die das Stricken in Krankenhäusern, Schulen und Altersheimen systematisch fördern möchte. Stitchlinks vernetzt die Aktivitäten von Strickgruppen in Großbritannien und bringt sie mit Interessierten aus dem Gesundheitssektor zusammen. Ich freue mich schon auf die (sozial-)therapeutische Strickrunde am Mittwoch Abend!

Und noch eine gute Nachricht: Der Indie-Schnittmustershop von Constance, die früher als Perlendiva bloggte, ist endlich eröffnet: Santa-Lucia-Patterns.de. Ich hatte hier ja schon mal kurz darüber geschrieben, als Constance beim Businessplan-Wettbewerb den dritten Platz machte. In ihrem Shop gibt es momentan Schnitte von Sewaholic, By Hand London, Made by Rae, Bluegingerdoll aus Australien und auch die Retrokleider von re-macher (eines davon ist mein Hamburgerservierkleid) - es wird in nächster Zeit aber noch viel mehr dazu kommen, z. B. die Schnittmuster von Sewingcake.com. Alles günstig und schnell aus Deutschland versandt. Viel Erfolg für den Shop!

(Schablonengraffiti: Hermannstraße, Neukölln)

Sonntag, 8. September 2013

Loben und Lästern: Burdastyle 9/2013

 

Da habe ich mich also schon mit der zweiten Folge der Burdaheftbesprechungen in eine ungünstige Lage gebracht: Das Septemberheft finde ich zum Gähnen mittelmäßig. Zwar gibt es wie immer eine Reihe von Styling-Merkwürdigkeiten, Socken in High heels im Garten (zum Seidenkleid 114 auf S. 17), mit Gürteln hingeschürte Taillierungen, wo keine sind (beim Mantel 104 auf S. 20 - die Dame hält sich wohl die Augen zu, um das Elend nicht zu sehen) und in Decken eingehüllte Frauen (auf S. 80, 81 und 83 - wobei ich gerade sehe, dass die Decke von Seite 81 das Modell 131 ist, sie nennen es Cape.). Aber ich fände es wohlfeil, sich nur über die Fotoinszenierungen lustig zu machen - die Schnitte sind es, die zählen. Und ich hatte mir ja vorgenommen, auch zu loben und die Schnitte zu identifizieren, die in meinen Kleiderschrank passen könnten.

Da finde ich diesmal so gut wie gar nichts. Gute und schlechte Ideen liegen in diesem Heft nahe beieinander, scheint mir. Nehmen wir zum Beispiel den Hemdblusenschnitt 121 von S. 49: so einen Schnittklassiker kann man immer gebrauchen, überhaupt zeigt die Blusen-Strecke S. 44 bis 50 ein paar brauchbare Variationen der weißen Blusen, noch dazu nett an teilweise nicht mehr ganz jungen Frauen fotografiert. Ich plane auch, mir in nächster Zeit eine weiße Bluse zuzulegen, nachdem ich bestimmt über 15 Jahre keine mehr hatte. (Ein heikles Unterfangen: andere Leute sehen in weißen Blusen frisch und gut angezogen aus, ich wirke vielleicht mit etwas Pech wie eine abgehetzte Servicekraft. Da haben wir wieder das Problem, „zu adrett“ angezogen zu sein. Nachdem ich mir gerade erst ein adrettes, nur unbügelbares Hamburger-Servierkleid hergestellt habe, weiß ich nicht, ob ich so bald noch eine Berufskleidungsenttäuschung verkrafte.)

Den Blusenschnitt finde ich jedenfalls ganz brauchbar, und die Variation dieses Schnittes als Nummer 122 aus Sternchenchiffon in einer Boy George-trifft-Madonna-auf-dem-Hochhausdach-Inszenierung (Seite 57) betrachte ich mit Nachsicht. Erstens aus Nostalgie, weil Susan - verzweifelt gesucht auch für mich damals so ein aufregender und stilprägender Film war, dass das Flair dieser Zeit auch heute nicht ganz falsch sein kann, und zweitens weil ich anerkennen muss, dass Burda mit der Chiffonvariante auf der Höhe der Zeit ist: hier in Neukölln, wo bekanntlich die Mode von morgen schon heute getragen wird, gibt es derzeit kein Mädchen ohne durchsichtige Bluse.

 

Ärgerlich finde ich aber die nächste Variation dieses Schnittes als scheinbar asymmetrisches Kleid (Nr. 123, S. 37): das sieht zwar hübsch aus, funktioniert aber nur die fünf Minuten fürs Foto. Im Nähjournal sieht man nämlich, dass es sich einfach nur um den verlängerten Hemdblusenschnitt handelt - "Um die im Foto [...] gezeigte figurnahe. asymmetrische Optik zu erreichen, werden die Vorderteile [...] bis zur linken Seitennaht übereinandergelegt und festgeknöpft." Und, meine Ergänzung, durch eine breiten Gürtel festgezurrt. Bestenfalls, denn mir sieht das hier sogar so aus, als wären die Vorderteile für das Foto einfach übereinander geschlagen worden - da ist meiner Meinung nach gar nichts geknöpft. Kann das eine Person tragen, die möglicherweise vorhat, sich zu bewegen? Auf der Straße? Mit einem Kleid, das nur durch einen Gürtel zusammengehalten wird, und sonst durch gar nichts? Ärgerlich, wenn einem das Modellfoto ein Kleid vorspiegelt, das so gar nicht existiert.


Genauso zwischen "ganz gut" und "was ist das?!" schwanke ich bei Rock 105 und Rock 106. Rock 105 (Seite 18 und 36) ist ein schnittiger Bleistiftrock mit einem Seitenschlitz, der durch einen Ausschnitt in den beiden, übereinander liegenden Rockvorderteilen gebildet wird - elegant und in der Schnittführung überraschend. Für Modell 106 aus großgeblümtem Seidensatin wird dann ein Stofflappen Godet in diesen Ausschnitt eingenäht, das unmotiviert und zipfelig herumhängt. Verstehe nur ich nicht, was der Witz daran sein soll?


Ganz interessant fand ich die Variationen zum Kleid 107 bzw. 108: Kleid 107 von S. 59 ist für mich das schönste Teil in dieser Ausgabe. Wenn mir solche gerade geschnittenen Kleider stehen würden, würde ich mir das machen. Mit dem eingesetzten Stern - aber nicht aus Kreppsatin, erstens muss man ja nicht gleich übertreiben, zweitens würde ich mich dem Stern-Einsetzen in Kreppsatin nicht gewachsen fühlen. Ich würde Wollkrepp oder einen anderen gut fallenden dünnen Wollstoff nehmen.

Kleid 108 (Seite 34) hat nur geringfügig anders geschnittene Ärmel und gefällt mir hingegen überhaupt nicht. Ich weiß nicht, woran es liegt, ob es das Drumherum der Inszenierung ist: das überdünne Model, die gemusterten, etwas zu kurzen Ärmel, die merkwürdige Halskette, die künstlerische Unschärfe vorne links oder die quälende Frage, was an der schwarz-weißen Kordel baumelt, die das Model links um die Hand geschlungen hat - ein verpackter Schlafsack?

Tja, das sind die Fragen, die ich mir stelle, wenn bei den Schnittmustern so gar nichts Passendes und  Aufregendes dabei ist. Wie ging es euch mit dem Heft, habt ihr Lieblingsschnitte gefunden? Ich freue mich auf die Oktoberausgabe, die nächsten Mittwoch erscheint, denn die kommt mir um einiges vielversprechender vor.

Dienstag, 3. September 2013

Alles Jacke wie Hose? Jackett, Sakko, Blazer und Co

Ist ein Jackett eigentlich dasselbe wie ein Blazer, wie ist ein Sakko im Vergleich dazu definiert und wie ist hier das Verhältnis von Männer- und Frauenmode? Das Thema hatten wir unter Nähnerds vor kurzem auf twitter angerissen, nachdem @drehumdiebolzening. festgestellt hatte, dass solche Definitionsfragen auf Wikipedia auch nicht befriedigend geklärt werden, überhaupt ist das Internet nach meiner Erfahrung im Hinblick auf Modebegriffe, Stoffkunde, alte Handarbeitstechniken oft nicht besonders gut sortiert.

Ganz ausgezeichnet sortiert ist aber Reclams Mode- und Kostümlexikon, in vielen Auflagen herausgegeben von Ingrid Loschek. Da ich selbst ständig die Begriffe Blazer, Jackett, Sakko wild durcheinander benutze, interessierte mich auch, wie es denn eigentlich richtig heißt. Ich versuche mal, die Definitionen zusammenzufassen und die Jackentypen abzugrenzen:

1. Das Jackett 


Die Bezeichnung "Jackett" für männliche Oberbekleidung gibt es seit der Mitte des 19. Jahrhunderts (vorher sagte man "Rock" und die "Jacke" war ein weibliches Kleidungsstück). Das Jackett war ursprünglich eine knapp oberschenkellange, einreihige Jacke in dunkler Farbe, die zunächst mit helleren Hosen, ab 1860 mit Hosen aus dem gleichen Stoff getragen wurde.

Um 1867 kam ein neuer Schnitt auf, das Sakko-Jackett, bald nur noch Sakko genannt (dazu kommen wir gleich). Man unterschied nun also zwischen dem Sakkoanzug und dem "als wesentlich kleidsamer empfohlenen Jackett-Anzug. Das Jacket war nun fast knielang, ohne Taillennaht mit starkem, leicht abgerundetem Abstich (insgesamt weniger füllig als der Gehrock) und oft mit paspelierten Kanten. Die Ärmel hatten meist einen festgenähten Aufschlag mit Zierknöpfen." (Loschek 1994: 270)

Aber: heutzutage wird auch der Sakko oft "Jackett" genannt.

2. Der Sakko (in Österreich: das)


Wie schon gesagt, um 1867 aus dem Jackett entwickelt, ursprünglich zweireihig, untailliert, gerade und sackförmig geschnitten. Er wurde immer mit Hosen aus dem gleichen Stoff getragen. Die Details veränderten sich im Laufe der Zeit, mal wurde der Halsausschnitt und das Revers größer, mal kleiner. Um 1900 wurde der Sakko auf Figur geschnitten, und auch der Einreiher wurde nun als Sakko bezeichnet. Kennzeichnend sind außerdem Klappentaschen und eine schräge Brusttasche. Ansonsten änderten sich die Schnittdetails und die Proportionen alle paar Jahre: Die Länge schwankte zwischen oberschenkellang und knapp pobedeckend, der Schnitt war mal an den Hüften anliegend, mal weit, mal wurde die Taille stark betont und wanderte nach oben, mal war darunter eine Weste sichtbar, mal wurden die Schultern gepolstert, mal war das Revers schmal, mal breit. (Loschek 1994: 402-405)

3. Der Blazer (auch Klubjacke)


Der Blazer war ursprünglich eine Herrenjacke in Form eines Sakkos, aber "bewußt als Gegensatz zum bürgerlichen Alltagsanzug aufgemacht" mit einem Clubabzeichen auf der linken Brusttasche und Metall- oder Perlmuttknlpfen. Die Bezeichnung "Blazer" für eine in Sportklubs (Rudern, Tennis) schon vorher gebräuchliche Sakko-Jacke mit dem Emblem des Vereins kam in den 1920er Jahren in England auf. In den 1950er Jahren war die Bezeichnung bei uns gebräuchlich für ein "exklusives Freizeitsakko aus Wollstoff oder Jersey, im Sommer aus Leinen. [Der Blazer] wurde etwa 1963 als sportliche Frauenjacke übernommen." (Loschek 1994: 128f.)

4. Das Kostüm


Das Kostüm als Frauenoberbekleidung aus Jacke und Rock, ergänzt durch eine Bluse und/oder eine Weste gibt es seit den 1870er Jahren, es galt vor allem als Straßenkleidung, wobei man die Bezeichnungen Promenadenanzug, Toilette und Tailleur teils auch benutzte. In der zwiten Hälfte des 19.Jahrhunderts waren die Kostüme oft noch ein Fake: Rock und Jacke waren durch ein Chemisette, einen Bluseneinsatz fest verbunden, die Jacke konnte man also gar nicht ausziehen. Heidi-Alpenjodel-Freundinnen aufgepasst: "In den Alpenländern gab es von 1875 an das Trachten-Kostüm aus Lodenstoff mit dunkelgrünen Verzierungen, das sich stets der Mode anpasste."

Die Jacke des Kostüms hatte zunächst nicht so große Ähnlichkeit mit den Herrenanzügen, die Revers waren breit und mit Stickereien verziert, die Ärmel hatten oft dekorative Aufschläge, je nach Mode Ballon- oder Keulenärmel, lange Schößchen oder waren kurz wie ein Bolero. So genannte "Reise-Kostüme, deren Jacken in der des Sakko angepassten Herrenfasson (jedoch antailliert)" geschnitten waren, kamen nach 1907 auf.
Von den 1920er Jahren an konnte aber jede nur erdenkliche Jackenform zur Kostümjacke werden: Ob Wickeljacke, Blouson, Bolero, Smoking oder Frack, und naürlich weite und enge, lange und kurze Jacken mit oder ohne Kragen - in der historischen Übersicht ist wohl schon einmal jede Jacke mit jeder Rockform kombiniert worden.(Loschek 1994:319-321)

5. Das Jackenkleid


Ein Kleid mit zugehöriger Jacke, in den 1930er und 1950er Jahren besonders in Mode. (Loschek 1994: 269)

6. Der Tailleur


Ein auf Taille geschnittenes klassisches Kostüm oder Jackenkleid. (Loschek 1994: 447)

7. Der Hosenanzug     


Den allerersten Hosenanzug für die Frau entwarf 1911 der französische Couturier Paul Poiret. Die Abbildung im Lexikon zeigt, dass es sich um weiche, knöchellange Pumphosen handelte, zu denen eine knapp knielange Jacke mit Pelzbesatz getragen wurde. In den 1920er Jahren gab es Jacken und lange Hosen sowie den Smoking für Frauen. [In den 1930ern und 1940ern denke man an berühmte Hosenanzugträgerinnen wie Greta Garbo und Katherine Hepburn]. Allgemein setzte sich der Hosenanzug aber erst nach 1963 durch: als Alternative zum Kostüm mit Minirock. Auch hier war die Variationsbreite groß: mal doppelreihige Jacken, mal Safarijacken, mal Smokinganzüge, mal Bermudas. (Loschek 1994: 263f.)

Montag, 2. September 2013

Woche 35

Ganz typisch: viel zu tun, wenig Zeit, demzufolge weiche ich kaum von den täglichen Routinewegen ab und erlebe wenig im echten Leben. Das schlägt sich auch auf den Wochenrückblick nieder.

Zu den Opernarien auf dem Landwehrkanal schaffte ich es nur, weil das praktisch vor meiner Haustür stattfand. Als dann das Schiff mit der Sängerin auf dem Dach angefahren kam, war es leider schon zu dunkel für Fotos. Das unfreiwillige Publikum am gegenüberliegenden Ufer - eine Menge Leute, die auf Picknickdecken am Kanal saßen und einen der letzten warmen Abende ausnutzen -  war jedenfalls sehr überrascht von diesem goldenen, in Rettungsdeckenfolie eingewickelten Gefährt und es war ein ebenso grotesker wie großartiger Moment, als das Boot nach der letzten Arie unter dem Beifall des Publikums abdrehte und in einer Schleife auf dem Kanal wendete, während sich die Akteure auf dem Schiffsdach verbeugten. Eine Produktion der Wolfsbühne Berlin.

Ansonsten strickte ich an einer kleinen schwarzen Jacke im Schleifenmuster weiter und notierte mir für nächste Woche einen Auswärtstermin im Kalender: Am kommenden Samstag wird in Berlin gegen die Vorratsdatenspeicherung demonstriert - Freiheit statt Angst, ab 13.00 Uhr auf dem Alexanderplatz. Dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und den zahlreichen Unterstützern ging es ursprünglich darum, die Umsetzung einer EU-Richtlinie zu verhindern, derzufolge Telefon- Handy- und Mailverbindungsdaten generell sechs Monate gespeichert werden sollen. Das Thema hat durch die letzten Enthüllungen über diverse Spionageprogramme eine deprimierende Wendung genommen. Wie es aussieht speichern sowieso alle möglichen Geheimdienste erstmal vorbeugend alles, was sie erwischen können - aber so genau weiß man das nicht. Über den Stand des Geheimdienstskandals (denn darum handelt es sich wohl), kann man sich hier bei heise aktuell informieren. Und falls ihr in Berlin wohnt, überlegt euch doch mal, ob ihr die Demo unterstützen wollt, geht hin und sagt es weiter!

Ein paar nährelevante Links habe ich aber auch noch (ob das die NSA wohl interessiert?)

Eine Vorschau auf die Modelle der Oktober-Burda gibt es hier (und ich habe über das Septemberheft noch nicht gelobt und gelästert, ich weiß).

Außerdem ist eine neue Ausgabe der "Meine Nähmode" erschienen. Das Heft enthält auch diesmal ältere Schnittmuster von Simplicity und New Look, und hier hat sich eine Bloggerin die Mühe gemacht, alle Modelle herauszusuchen und zu den Originalschnitten zu verlinken, eine großartige Entscheidungshilfe, ob man das Heft brauchen kann.

Apropos Schnittmuster: Die Schnitte kleiner, unabhängiger Designer in Übersee zu bestellen, ist ja oft ein teures und langwieriges Wagnis. Deshalb hat Steffi von 81GradNord mit Urban Cut einen Shop eröffnet, in dem sie solche Schnittmuster anbietet - zur Zeit gibts Schnitte von Megan Nielsen, Sew liberated und Victory patterns. Glückwunsch zur Eröffnung, Steffi, und viel Erfolg!     

Über twitter stieß ich auf  den britischen Künstler und Designer Joshua Barnes und seinen Communication Quilt. Scheinbar eine ganz konventionelle applizierte Decke - richtet man aber ein Smartphone oder einen Tabletcomputer auf die Motive und hat eine Augmented-Reality-App installiert, werden zusätzliche Informationen sichtbar. Technisch funktioniert das ähnlich wie z. B. bei den QR-Codes im Burdaheft, nur dass bei der Decke der Code sozusagen in den Bildern "verpackt" ist: die Decke selbst ist der Code. Gedacht ist der Quilt als Trost für Kinder, die längere Zeit im Krankenhaus bleiben müssen. Familienangehörige und Freunde können kleine Botschaften schicken, die beim Abscannen der Tiermotive abgespielt werden.

Wie realistisch es ist, dass jüngere Kinder - Joshua Barnes dachte wohl an Kinder unter 5 Jahren - im Krankenhaus mit entsprechenden Gerätschaften ausgestattet sind, sei mal dahingestellt. Faszinierend finde ich aber, wie die Technik der erweiterten Realität hier genutzt wurde, und welche Möglichkeiten die Technik in der Textilgestaltung eröffnet. Beim binären Schal strickte ich die Botschaft noch in ASCII-Code, mittlerweile würde ich mir für Textilien mit Botschaft von einem der zahlreichen QR-Code-Generatoren im Netz einen Code erzeugen lassen und stricken. Ich kann nicht abschätzen, ob Augmented-reality-Techniken in absehbarer Zeit auch für den Hausgebrauch verfügbar sein werden. Die Apps scannen Merkmale des Gegenstandes ab, gleichen sie mit einer Datenbank ab und rufen dann die in der Datenbak mit dem Gegenstand verknüpften Bilder, Filme, Töne etc. ab - sowas muss man programmieren. Ich halte es aber nicht für ausgeschlossen, dass die Technik irgendwann auch für Nicht-Computernerds zugänglich ist - und dann könnte man, banalstes Beispiel, einen selbstgestrickten Musterpulli per App mit einem selbstgesungenen Geburtstagsständchen verknüpfen.       

Sonntag, 1. September 2013

Unterm Strickcape wird gejodelt, Teil 1

Hollerijö! Hallo und Gruezi zur ersten Etappe des Jodel-knit-alongs, organisiert von Frau Sachenmacherin.

"Der Berg ruft", lautet das Motto, und es geht um die gemeinsame Verfertigung alpenländischer Strickware. Mit den Bergen habe ich als Norddeutsche normalerweise ja gar nichts am Seppelhut, deshalb erlaube ich mir, das Thema als britisch-alpenländisches Crossover zu interpretieren. Und hier kommt sie ins Spiel:

By Skukifish (Own work), via Wikimedia Commons
Miss Marple (oder besser gesagt: Margaret Rutherford als Miss Marple), mein großes Vorbild in allen möglichen Dingen. Auch modisch. Was würde meine bewunderte Miss Marple tragen, würde es sie in einem neuen Fall in die Alpen verschlagen? - Richtig: ein Strickcape. Die Idee entstand, weil Ilsebyl bei der Ankündigung der Gruppenjodelei einen Link zu diesem Strickcape postete - perfekt für Miss Marple an der Eiger-Nordwand und perfekt für mich anglophile Bergskeptikerin.

Aber heute geht es ja glücklicherweise noch nicht in den Berg, wir planen zunächst den Einstieg, das heißt Ausrüstung, Material, Route.

Das Material steht fest, ich verwende sehr dicke, weinrote Wolle, die ich mal geschenkt bekam. Die Farbe ist in diesem Winter weit verbreitet, zumindest ist sie sogar im nahe gelegenen Stadtrandeinkaufszentrum schon angekommen.

Meine Ausrüstung muss ich noch um eine Rundstricknadel Stärke 8 ergänzen. Die erste Maschenprobe strickte ich mit Nadeln Nr. 10, zu locker -  das Garn lässt sich schwer einschätzen, da es leichte Verdickungen  hat.

Was die Route betrifft, gibt es diese erste Skizze: Das Cape soll ungefähr bis zum Ellenbogen gehen, oben in einen gerippten Kragen auslaufen und vorne mit angestrickter Knopfblende zu schließen sein. Der Schnitt in dieser Anleitung von Drops kommt meiner Vorstellung schon sehr nahe. Die Bildrecherche ergab außerdem, dass das Cape auf keinen Fall zu eng anliegen darf - dann wirkt es wie ein Strickpullover, bei dem die Ärmel vergessen wurden. Ich rechne daher mit einem Umfang von mindestens 140 cm an der unteren Kante.

Meine Aufgabe bis zum nächsten Treffen in 14 Tagen wird sein, mit ergänzter Ausrüstung und mit Hilfe meiner Zopfmuster-Wanderführer einige Maschenproben zu stricken, damit ich die Route genau berechnen kann. Beim nächsten Mal habe ich dann hoffentlich schon einen genauen Plan für den Aufstieg!

Die Tourpläne aller Teilnehmerinnen der Jodelgruppe hier bei Frau Sachenmacherin