Freitag, 29. November 2013

Woche 46+47


Für mich ein seltener Anblick: ein Sonnenaufgang über dem Regierungsviertel. Das passiert mir nur, wenn ich einen wichtigen Menschen in aller Frühe zum Zug bringe.

Aus dem Jerseyfrottee von Lebenskleidung (vor zwei Wochen beim Tag der offenen Tür gekauft) wurde ein Bademantel für den Liebsten, und ich wäre fast schon am Zuschnitt verzweifelt. Der Jerseyfrottee - auf der einen Seite flauschig, auf der anderen Seite wie ein Sweatshirtstoff - ist zwar sehr schön und dick, aber auch sehr dehnbar. Es dauerte ewig, die Streifen gerade auszurichten. Der Frottee hatte einen deutlichen Schrägzug, obwohl er ganz offensichtlich nicht in Runden gestrickt wurde, wie man es von dünnen Jerseys kennt. Ich bin gespannt, wie der Mantel nach einigen Wäschen aussieht. In die Schulternähte habe ich ein nicht dehnbares Baumwollband eingearbeitet, aber ich befürchte, dass sich der Rest des Mantels beim Tragen fröhlich ausbeulen und in alle Richtungen ausdehnen wird. Aber ich habe Lust bekommen, mir selbst auch einen Bademantel zu machen - und in meinem Schnittfundus ein interessantes Modell von 1979 gefunden.

Selbermachlinks der Woche


Zum Nähen I: Dass es mittlerweile so viele Indie-Schnittmusterfirmen gibt und damit für uns Selbermacherinnen eine unglaublich breite Auswahl an Schnittmustern, ist ja wirklich eine tolle Sache. Aber erfüllen wirklich alle Schnittmuster kleiner, unabhängiger Anbieter die hohen Erwartungen? Sinje machte sich in dieser Woche darüber Gedanken und beschrieb ihre koginitive Dissonanz: einerseits möchte man kleine Einzelunternehmerinnen ja vorbehaltlos gut finden und unterstützen - andererseits ist man zu Recht enttäuscht, wenn die Schnitte dann doch vermeidbare technische Mängel aufweisen. Die technische Verlässlichkeit ist einer der Gründe, weshalb ich so viel mit Burdaschnitten nähe - allerdings habe ich in letzter Zeit so viele Indie-Schnittmuster entdeckt, die mir gefallen, dass meine Strategie gerade etwas ins Wanken gerät. 


Zum Nähen II: Möglicherweise hängt der sich abzeichnende Strategiewechsel auch mit der Vorschau der DezemberJanuarburda zusammen, nach deren Durchsicht ich etwas verstört war. Und einen Ohrwurm hatte: "Mein Freund, der Baum". Toll.

Für BerlinerInnen: Mit dem ersten Advent beginnt auch die Saison der Weihnachtsmärkte. In Berlins Mitte wird traditionellerweise jede verfügbare Fläche mit blinkenden Karussels vollgestellt, Teflonpfannen, Gemüsehobel und Socken werden an weihnachtlich dekorierten Marktständen verkauft, dazwischen gibts Glühwein, Chinapfanne und Currywurst. Total stimmungsvoll. Da ziehe ich doch die moderne Form des Weihnachtsmarkts vor nach dem Prinzip: Coole Lokation, junge Designer, elektronische Musik, auch wenn das mit Weihnachten nicht mehr viel zu tun hat. Und in den Randbezirken Berlins gibt es tatsächlich auch noch kleine, feine traditionellere Märkte, wo das Kunsthandwerk wirklich Handwerk ist und keine chinesische Massenware. Eine Auswahl:

Moderne Weihnachtsmärkte
  • Weihnachtsmarkt auf dem Klunkerkranich (28.11.-1.12): Der Klunkerkranich, das Dachgartencafe auf den Neukölln-Arcaden an der Karl-Marx-Straße, bietet einen tollen Blick über die Dächer Neuköllns, und am Wochenende ab 12.00 Uhr eben auch einen kleinen Weihnachtsmarkt, zugleich wahrscheinlich eine der letzten Gelegenheiten in diesem Jahr, Neukölln von oben zu betrachten. 
  • Das Weihnachtsrodeo (7./8. 12 und 21./22. 12): Der Designweihnachtsmarkt findet dieses Jahr an einem besonders interessanten Ort statt: in einem ehemaligen Kaufhaus an der Brunnenstraße/Ecke Invalidenstraße. Am 2. und 4. Adventswochenende ab 12.00 Uhr. (Eintritt*)
  • Voodoo Market (7. 12.): Kleiner alternativer Weihnachtsmarkt auf dem ehemaligen Bahngelände "Urban Spree" an der Warschauer/Ecke Revaler Straße - (Eintritt 1€).
  • Nowkoelln Flowmarkt (1.12. + 14./15.12.): Der sympathische Flohmarkt am Maybachufer findet in diesem Jahr zum letzten Mal am 1. Dezember statt. Am dritten Adventswochenende zieht er als Weihnachtsmarkt mit Livemusik und handgemachten Sachen auf die andere Seite des Landwehrkanals ins Umspannwerk an der Ohlauer Straße. (Eintritt*)
  • Design Pop-up-Shop im Tschechischen Zentrum (12.12.-14.12): Vor allem Glas und Porzellan junger Designer aus der Tschechischen Republik, das in Deutschland sonst nirgends erhältlich ist, wurde für den Pop-up-Shop ausgewählt. 
  • Holy Shit Shopping (14./15. 12.): Mit dem Holy Shit Shopping begann vor Jahren der Trend der Designweihnachtsmärkte - mittlerweile eine große und profitable Veranstaltung, die durch Hamburg, Köln, München und Berlin tourt. In Berlin macht der Markt wie immer im Postbahnhof am Ostbahnhof Station (Eintritt 4€).
  • Handmade Supermarket (15. 12.): Einmal im Monat zeigen in der Kreuzberger Markthalle 9 Designer aus der Region ihre Produkte - die Weihnachtsausgabe am 15. macht dabei keine Ausnahme. 
Traditionelle Märkte
    • Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt (6.-8.12.): Auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Richardplatz, einem der idyllischsten Orte Neuköllns, verkaufen auch viele Initiativen aus dem Kiez Selbstgemachtes, das Bühnenprogramm wird von den ansässigen Kirchgemeinden und Musikschulen bestritten, und das Böhmische Dorf ist sowieso einen Besuch wert. 
    • Weihnachtsmarkt auf der Domäne Dahlem (alle Adventswochenenden): Auf dem Gelände des Ritterguts und jetzigen Freilichtmuseums  wird hochwertiges Kunsthandwerk angeboten, die Stände wechseln jedes Wochenende. Die Dauerausstellung ist ebenfalls geöffnet, jede Stunde gibt es eine kostenlose Führung durch das Herrenhaus. (Eintritt 2€)
    • Künstler-Weihnachtsmarkt am S-Bahnhof Mexikoplatz (alle Adventssonntage): Hier werden beileibe nicht nur Bilder angeboten, sondern auch Schmuck, Porzellan, Hüte, Genähtes, Getöpfertes - etwas traditioneller und weniger designbetont als auf den modernen Märkten. Aber das ist auch mal interessant - die Sachen kennt mna garantiert noch nicht aus dem Internet.

    Montag, 25. November 2013

    Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Ist es Superman? - Nein, es ist Miss Marple! Eiger-Nordwand-Knitalong-Finale


    "Kann man damit fliegen?" Solche Fragen musste ich mir vom Liebsten stellen lassen, als ich mein neues rotes Strickcape das erste Mal trug. Pöh. Dabei wissen wir doch alle, dass Miss Marple alles kann! Und Miss Marple war im Eiger-Nordwand-Jodel-Knitalong, den die Sachenmacherin organisiert hatte, meine Inspiration: was würde Miss Marple anziehen, wenn sie es in einem neuen Fall in die Alpen verschlagen würde?


    Meine Antwort: ein geknöpftes Strickcape aus dicker, roter Wolle, ein angelsächsisch-alpines Crossover. In der Schnittform richtete ich mich nach diesem Cape bzw. Poncho von Drops Design, kombinierte es mit einem Rauten-und-Noppenmuster aus einem meiner Strickbücher und rechnete mir die Abnahmen neu aus. Mit Nadelstärke 8 preschte ich fröhlich voran und hatte den den Aufstieg zum Gipfel bald geschafft. Die Rippenkante vorne wurde zum Schluss angestrickt. 


    Das Cape trägt sich sehr gut als Schalersatz, wärmt prima und gibt meiner Kollektion dunkler bis schwarzer Winterjacken und -mäntel eine fröhlichere Note.


    Verbrauch: etwa 700g, verstrickt mit Nadeln 8 - zur Lauflänge des Garns kann ich leider nichts sagen, da ich es ohne Banderolen geschenkt bekam. Ich ärgere mich ein bißchen, dass ich das Strickmuster nicht sorgfältiger mitschrieb, denn neben Komplimenten heimste ich auch schon konkrete Nachstrickwünsche ein - aber weder kann ich dieses Cape reproduzieren, noch kann ich genau angeben, wie es gestrickt wurde. Die Abnahmen sind vor allem in den kraus-links-Partien zwischen den Rauten, hauptsächlich im Schulterbereich, rechts und links einer imaginären Raglannaht von der Achsel zum Halsansatz. Die oberste Rautenreihe ist schmaler, so dass darin nur eine Riesennoppe Platz hatte.


    Von dem leichten Aufstieg ermutigt, machte ich mich an ein zweites alpines Projekt, vor genau einem Jahr schon geplant, aber nicht umgesetzt. Aus einem Wollstoffrest und ein paar Borten aus dem damals gerade frisch eröffenten Nähkontor wurde ein Rock, der das Prinzip "Folklorerock" offenbar so gut getroffen hat, dass ich sogar gefragt wurde, ob es sich um einen "echten" Trachtenrock handeln würde. 


    Der Schnitt ist im Prinzip der gleiche wie beim Laserblumenrock: Die Passe von 121 aus Burdastyle 3/2013, daran ein unregelmäßig in Falten gelegter Stoffstreifen, etwa 1,30 m lang und 50 cm hoch, mehr gab der Rest nicht her.


    Eine weitere Borte am Futtersaum...


    ... und die Innenseite der Passe aus einem geblümten Viskosestoff aus dem Fundus von Julia. Vielen Dank noch einmal - der Stoff passt perfekt zu den Borten. Überhaupt war das Borten-Aufnähen ein großer Spaß: man muss fast nichts tun, und es macht trotzdem gleich richtig was her. Geringer Aufwand, große Wirkung - das verlangt nach einer Wiederholung.

    Von dem Doppelerfolg beflügelt, machte ich mich dann noch an ein drittes Projekt, bei dem ich mich allerdings gehörig verstieg und eine Weile orientierungslos am Berg herumirrte. Beim vorletzten Termin am Wasserfallkamin hatte ich die Bescherung schon gezeigt (den Termin am Quarzriss verbrachte ich ohne Seil im Delirium!): Zwei nicht gut harmonierende Garne und so ein Einstrickmuster ist kaum noch zu erkennen. Vor ein paar Tagen find ich mit neuer Ausrüstung (Drops Alpaca) neu an, und werde jetzt auf jeden Fall durchhalten müssen, denn meine Handschuhe der letzten Jahre sind endgültig durch und es wird kalt. Das Muster fällt auch deutlich besser aus. Ich stricke mit Nadelstärke 3, vielleicht etwas zu locker, aber das wird sich dann ja herausstellen. Diese Handschuhe werden jetzt fertiggestrickt, um überhaupt erst einmal Erfahrungen zu sammeln.

    Frau Sachenmacherin sammelt die tapferen Bergsteigerinnen, die bis jetzt durchgehalten haben, heute hier. Auch wenn einige vorzeitig aufgegeben haben und die Anstrengung ihre Spuren hinterlassen hat: es war sehr schön. Ohne die unermüdliche und vorbildhafte Kletterei unserer Bergführerin, die in der Zeit, in der andere einen halben Jackenärmel strickten, zweieinhalb Trachtenpullover und -jacken anfertigte und nun zu Recht ein wenig sprachlos ist, wären wir alle nicht so weit gekommen. Vielleicht nehmen wir uns für nächstes Jahr eine etwas leichteren Ausflug vor - oder wir fahren gemeinsam ans Meer und stricken uns Matrosenpullover.

    Sonntag, 24. November 2013

    Stoffspielerei im November: Schneeflocken-Untersetzer

    Das Thema der Stoffspielerei vom November habe ich ein bißchen verfehlt: Griselda schlug vor, wir sollten aus einem unserer Anleitungsbücher ein Projekt umsetzen  - oft kauft man ja bloß Bücher, ohne sie jemals zu benutzen - und brachte selbst das neueste Buch von Alabama Chanin ins Spiel. Das Buch habe ich ja auch, und sogar schon ab und zu davon inspirierte Projekte verwirklicht.



    Die November-Stoffspielerei kam dann ohne einen einzigen Blick in dieses oder ein anderes Buch zustande. Der assoziative Gedankengang von Alabama Chanin, einer Firma für Textilprodukte, die vor allem für handgenähte Applikationen mit Jerseystoffen bekannt ist, zu maschinegenähten Filzuntersetzern verlief ungefähr so: Beim Abwischen der Wohnzimmertischchen vor zwei Wochen wurde mir der dringende Bedarf an Untersetzern bewusst - diese Ringe überall! (Die Möbelpolitur habe ich übrigens bis jetzt noch nicht rausgekramt, obwohl ich das damals gleich machen wollte, fällt mir gerade auf.) Hm, Untersetzer im Stil von Alabama Chanin - also mit Applikationen - aber aus Jersey? Was könnte man denn noch für Materialien nehmen? Was habe ich überhaupt da? Die selbstgenähte Laptophülle aus grauem Filz könnte ich ja mal ausschlachten - den Laptop gibt es gar nicht mehr. Der Filz wäre ja ein gutes Untersetzermaterial. Aber Jersey draufapplizieren? Vielleicht anderen Filz nehmen? Aber das dann mit der Hand nähen?

    Als Vorlage für die Muster habe ich in Scherenschnitt-Manier "Schneeflocken" geschnitten, also erst aus Papierkreisen, mehrfach gefaltet, Muster geschnitten und diese Muster auf die Papierseite vom Vliesofix übertragen.



    Ich kann dazu auch noch eine genauere Anleitung nachliefern, falls gewünscht, denn die Untersetzer könnte man sogar an Leute verschenken, die Handarbeit ansonsten nichts abgewinnen können, denke ich. Aber nicht in vorweihnachtlicher Hektik und Nervenzerrrüttung nähen, dann wird das garantiert nichts mit dem Aufsteppen!

    Alle Stoffspielereien sammelt heute Griselda. (Nächster Termin am 29. 12. bei frifris.)

    Freitag, 22. November 2013

    Drops-Wolle in Berlin: Wollreich und Liljedal Verkhus

    In Berlin gibt es wieder Wolle von Drops! StrickerInnen werden wissen, dass die Garne der norwegischen Firma in Deutschland nur in wenigen Läden angeboten werden. Ich nehme an, der Verzicht auf ein dichtes Händlernetz senkt die Kosten und erklärt auch die relativ geringen Preise der Wolle. Im letzten Jahr gab es für kurze Zeit einen Wollladen in Neukölln, der Wolle von Drops führte, mit der Inhaberin wurde ich aber überhaupt nicht warm (ich sage vorbeugend, dass das sicher an mir lag), also habe ich die Wolle dann doch meistens bestellt. Aber viel schöner ist es natürlich, die Wolle direkt anfassen zu können und die Farben vor sich zu sehen, und natürlich ist es sinnvoll, kleine Einzelhändler dort zu unterstützen, wo man wohnt. Und in dieser Hinsicht hat sich in Berlin nun einiges getan: Zwei neue Geschäfte, in Charlottenburg und Liljedal in Alt-Treptow, haben das Garn im Programm.
    Spätere Ergänzung: Im Wollreich in Charlottenburg gibt es nun kein Garn von Drops mehr, dafür aber in einem Laden in der Brunnenstraße, Handsache Berlin.

    Wollreich Charlottenburg



    Das Wollreich ist ein netter kleiner Laden in der Knobelsdorffstraße um die Ecke von der Sophie-Charlotten-Straße. Schurrmurr hatte im Frühjahr hier schon darüber geschrieben, ich habe nur bis jetzt gebraucht, um mich in den Westen der Stadt aufzumachen.

    In erster Linie trieb mich Baby Merino in Schwarz dorthin, denn einer angefangenen Strickjacke fehlt noch immer der zweite Ärmel - nur gab es zwar Baby Merino in vielen schönen Farben, doch Schwarz war leider nicht darunter. Aber das war nicht so schlimm, denn davon abgesehen finde ich die Garnqualitäten gut ausgewählt, es gibt dickeres wie dünneres, Mohair, Merino, Alpaca und Baumwolle, alle Garne und alle Farben kann ein Laden mit begrenztem Platz nun mal nicht vorrätig haben. Es gibt schon genug Aha-Erlebnisse, wenn man zum Beispiel einige Drops-Alpaca-Farben wirklich in der Hand hält und nicht nur die Farbkarte im Internet anstarrt. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass Farbe 3969 "rot lila" ein wunderbares, sattes, blaustichiges Dunkelrot ist. Welche Drops-Garne das Wollreich führt, findet man hier auf der Händlerliste.

    Neben Drops gibt es auch Wolle von einigen anderen Herstellern, zum Beispiel Zauberbälle von Schoppel, Mohairgarn von ggh, Seidengarn von Bergère de France, außerdem natürlich Stricknadeln, Maschenmarkierer und Anleitungshefte.

    Wollreich
    Knobelsdorffstr. 43
    14059 Berlin

    geöffnet: DI 10.30-18.00 Uhr, MI-FR 10.30-18.30 Uhr, SA 11-15.00 Uhr

    Haltestellen:  Messe Nord oder Westend (S 41/42) oder Sophie-Charlotte-Platz (U2)

    http://www.wollreich-berlin.de/

    Nicht ganz zum Woll-Thema passend, aber nur wenige Schritte vom Wollreich entfernt, gibt es noch ein Selbermach-Lädchen, das Schurrmurr auch schon mal erwähnt hatte.


    An Wunderschick fand ich zuerst einmal das winzige, dreieckige Lädchen selbst faszinierend - es ist ein kleiner Anbau in einem Winkel zwischen zwei Wohnhäusern. Neben herzigem Schnickschnack, Postkarten, Bildern, kleinen Möbeln und Genähtem werden dort auch Selbermach-Kurse abgehalten, Stricken und Häkeln, oder am 21. Dezember ein aller-allerletztes Weihnachtsgeschenkebasteln. Leider war geschlossen, als ich vorbeikam - am besten erfährt man wohl im Wunderschick-Blog, was so los ist.

    Liljedal Verkhus



    Der zweite Berliner Laden mit Drops-Garnen, das Liljedal Verkhus Handarbeits-Atelier, eröffnete letzten Freitag quasi vor meiner Haustür. In meinem Kiez!

    Ich muss etwas ausholen, warum das so unglaublich ist: niemals, wirklich niemals hätte ich vor gut sechs Jahren mit sowas gerechnet, als der Liebste und ich in diese Gegend zogen. Meine Straße war eine lange, graue Straße mit heruntergelassenden Rolläden. Die Gegend, früher auf östlicher Seite im Schatten der Mauer gelegen, wirkte entvölkert und immer noch wie abgeschnitten vom Rest der Welt. (Was die Internetverbindung betrifft, ist das übrigens noch nicht viel besser geworden). Fast alle Geschäfte standen leer. Ein bißchen deprimierend war es schon da draußen, aber dafür waren der Landwehrkanal, die Spree, der Görlitzer und der Treptower Park nicht weit, und man gelangte schnell nach Kreuzberg, Mitte oder andere aufregendere Orte. Wir hatten den richtigen Riecher, denn mittlerweile ist es bei uns richtig nett geworden. Und ein Wollladen vor meiner Haustür ist natürlich die Krönung!

    Ich war sehr gespannt - dass in dem Geschäft gewerkelt wurde, war mir schon vor zwei, drei Monaten aufgefallen. Dann tauchten Blumenkübel vor der Tür auf, ab und zu waren die Rolladen hochgezogen und ich konnte einmal ein paar Nähmaschinen erspähen. Die Chefin des Lieblingsrestaurants erzählte mir vor ein paar Wochen ganz begeistert, dass sie dort Wolle gesehen habe - Wolle! Vor kurzem wurde das Schild mit der vielversprechenden Aufschrift "Handarbeits-Atelier" montiert - und als ich am letzten Wochenende den großen Aufkleber "Autorisierter Drops-Händler" auf dem Briefkasten sah, wäre ich am liebsten in Ohnmacht gefallen.            


    Das Liljedal Verkhus ist tatsächlich sowohl Woll- als auch Nähladen: neben Drops-Wolle gibt es eine kleine, feine Auswahl Westfalenstoffe, Schrägbänder und anderes Nähzubehör. Im Nebenraum stehen schon einige Nähmaschinen bereit - im nächsten Jahr soll es hier auch Kurse geben. Das kommt aber alles erst nach und nach, im Sommer wird die Tochter der Inhaberin mit einsteigen, dann werden die Öffnungszeiten verlängert, und das Stoffangebot soll sich nach Möglichkeit vergrößern, so erzählte mir die Besitzerin. Wie sich der Laden entwickelt, hängt natürlich davon ab, wie er bei uns im Kiez angenommen wird. Ich setze große Hoffnung in meine Nachbarinnen und Nachbarn und kaufte am Mittwoch gleich mal drei Knäuel Wolle.

    In der Drops-Händlerliste wird das Liljedal Verkhus im Moment noch nicht aufgeführt - ich erinnere mich an die Garnsorten Merino extra fine, Big Merino, Karisma, Lace, Andes, Fabel, Nepal, Safran, das neue Cotton-Merino und das neue, mohairartige Alpaca-Silk. (Sobald es einen Händlereintrag mit Garnliste gibt, verlinke ich ihn hier). Ergänzt: hier ist der Händlereintrag mit Garnliste.


    und die aktuellen Öffnungszeiten (Stand 12. 12. 2013):
    MI, DO 15.00-19.00 Uhr
    SA 10.30-15.30 Uhr

    Liljedal Verkus Handarbeits-Atelier
    Karl-Kunger-Str. 9
    12435 Berlin

    Geöffnet zur Zeit MI und FR Nachmittag und Samstag
    Haltestelle: Treptower Park (S41/42) oder Herrmannplatz (U7/U8) und weiter mit dem Bus 194 bis Lohmühlenstraße.

    http://liljedal.de/

    Sonntag, 17. November 2013

    Weihnachtskleid-Sewalong I


    Weihnachten kommt für mich immer so überraschend! Ich weiß aus erster Hand von Leuten, die schon seit Wochen Pläne für das Weihnachtskleid schmieden, schon vor Monaten vorausschauend Stoff kauften und die nun bestens präpariert in den mittlerweile traditionellen Weihnachtskleid-Sewalong starten können. Nicht so ich. Den ersten Gedanken an das Weihnachtskleid verschwendete ich Dienstag Abend, als ich erfuhr, dass der Sewalong im Blog vom Me made Mittwoch beim Mittwochsbeitrag schon mal angekündigt werden sollte. Was, war es also schon wieder so weit? „Ich habe keine Idee!“ war der erste, „Ich habe keinen Stoff!“ der zweite und „Ich habe keine Zeit“ der dritte Gedanke, die mir durch den Kopf schossen.

    "Kein Stoff" ist natürlich unendlicher Blödsinn [Gelächter vom Band bitte dazudenken], die Idee entwickelt sich meistens aus dem Material, nur der Zeitmangel ist derzeit nicht ganz von der Hand zu weisen. Daher präsentiere ich für heute erstmal hochfliegende Pläne, was davon umzusetzen ist, wird sich zeigen. 


    Also: ich habe da noch gut drei Meter leichten, karierten Kleiderstoff mit Wollanteil in weihnachtlichem rot-grau-schwarz. Ein sehr toller Stoff, der schon seit Anfang 2012 bei mir lagert. Nachdem der Fabrikverkauf vor einigen Wochen aber noch viel schönere Stoffe erbracht hat, bin ich eher geneigt, die älteren schönen anzuschneiden. Für das Karo schwebte mir jedenfalls schon lange ein Schnitt vor, bei dem das Karo durch Raffungen oder Falten aufgebrochen wird. Sowas wie Kleid 108 aus Burdastyle 3/2012, ein Kleid aus Webstoff mit einem zum Knoten geschlungenen Oberteil.

    Bei dem Schnitt kome ich nicht um ein Probeteil herum, um herauszufinden, wie und wo der Knoten wirklich sitzt, außerdem ist das Schnittmuster eine Langgröße, und Ärmel (dreiviertellange?) sollte mein Kleid auch bekommen. Da ich die Nähanleitung nicht ganz verstehe, wäre es ohnehin gut zu wissen, welches Teil wohin kommt, weil ich beim Zuschneiden ja das Karo platzieren muss. Ich habe eine relativ genaue Vorstellung, wie das später aussehen soll – nämlich wahnsinnig schick nach Vivienne Westwood! Oder Alexander McQueen! Bei Pinterest habe ich zum Beispiel auf diesem Board einige Inspiration gefunden.

    Jetzt bin ich aber gespannt, ob es beim Weihnachtskleid-Sewalong noch mehr Karokleider geben wird - Katharina sammelt die Teilnehmerinnen im Me-made-Mittwoch-Blog.  


    Donnerstag, 14. November 2013

    Woche 45


    So eine Woche voller schlechter Nachrichten in meiner Umgebung habe ich noch nie erlebt - ich würde es sehr begrüßen, wenn das auf absehbare Zeit jetzt erstmal alles gewesen wäre. Noch dazu fühlt sich die Arbeit an, als müsste ich eine Wanne voll Gedanken-Fleischsalat ordnen: alle Wurststreifen schön parallel zueinander ausrichten und aus den Gurkenwürfeln wieder intakte Gurken zusammenpuzzlen. Das deprimiert. Ich schleppte mich auch mehr schlecht als recht durch die Woche, besuchte den Tag der offenen Tür bei Lebenskleidung und brachte - wenigstens ein Erfolg zum Anfassen - sehr ansehnliche Paspeltaschen zustande.

    Lebenskleidung ist ein Großhandel für Bio-zertifizierte Stoffe, vor allem hochqualitative Jerseys und Sweatshirtstoffe. Normalerweise gibts die Stoffe also nur ballenweise für Großabnehmer, aber am letzten Samstag konnte man in der Kreuzberger Fabriketage der Firma alle Qualitäten befühlen und auch in kleinen Mengen kaufen. Ich ging mit drei Metern blau-weiß gestreiftem Strickfrottee nach Hause, aus denen ein Bademantel für den Mann werden soll, und mit der Idee, hier demnächst einmal einen Artikel über Biostoffe in Berlin zu schreiben. 

    Die Paspeltaschen (nach der vortrefflichen Anleitung von Stella) gehören zum Rock 130 aus Burdastyle 8/2013, der nicht gefüttert wird, daher fasste ich die Nahtzugaben mit Schrägband aus Futterstoff ein und verwendete dabei zum ersten Mal fertig vorgeschnittenes Schrägband aus dem Fabrikverkauf. Geiles Zeug! Mit dem exakt 2,5 cm breiten Band wird die Einfassung wie von selber super ordentlich, mal ganz abgesehen davon, dass das Schneiden von Schrägbändern aus flutschigem Stoff sowieso nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört.  

    Und das letzte Bild - das war (natürlich) in Neukölln. Wer sagt denn, dass man einen Möbelwagen braucht, solange es die U-Bahn gibt?

    Handarbeitslinks der Woche:

    Zum Nähen: Colette Patterns brachte zwei neue Schnitte heraus und lancierte damit gleichzeitig eine neue Linie mit Schnittmustern für Männersachen. Neu sind der Dufflecoat Albion (auch in Frauengrößen) und die Tasche Cooper, die als Umhängetasche, Rucksack und Fahrradtasche funktioniert. Die Tasche gefällt mir, für den Dufflecoat sehe ich in nächster Zeit hier keinen Bedarf - aber grundsätzlich begrüße es sehr, wenn die Indie-Pattern-Designer nun ihr Angebot auf Männerkleidung ausweiten. Nicht nur, weil einige Selbermacherinnen für ihre Männer, Söhne, Neffen nähen wollen, sondern weil es auch nähende Männer gibt, denen nun endlich mehr geboten wird, als mal ein Hemd oder eine Hose bei den großen Anbietern. Die Kanadische Firma Thread Theory hat sich sogar ganz auf Schnittmuster für Männerkleidung spezialisiert. 

    Zum Stricken: Komischer Zufall - heute erschien auf SpOn ein Artikel über die Pariser Modedesignerin Elsa Schiaparelli, die große Konkurrentin Coco Chanels in den 1930er Jahren. Vor zwei Tagen schon stieß ich zufällig auf die Anleitung für Schiaparellis Schleifenpullover, das Paradestück, mit dem sie in Paris den Durchbruch schaffte. Ich bin Feuer und Flamme für dieses Teil, das in meiner Strick-Wunschliste gleich nach ganz oben gewandert ist. Als Material kommt nur eine besonders weiche Sockenwolle in Frage (falls es das gibt), und dann muss ich mir überlegen, ob ich den Pullover strikt nach Anleitung in der "armenischen" Stricktechnik stricke, wie sie in der Anleitung genannt wird, oder ob ich nur das Einstrickmuster für die Schleife nehme und mir drumherum meinen eigenen Pullover nach meinem eigenen Schnitt ausrechne. 

    Habt ihr schon mal vom Armenischen Stricken gehört? Gibt es dafür eine deutsche Bezeichnung? Im Englischen scheint das ein bekannter Terminus zu sein, 2010 ist ein Buch dazu erschienen, Armenian Knitting von Meg Swansen und Joyce Williams. Wenn ich die Beschreibung beim Schleifenpullover richtig verstanden habe, dann handelt es sich um eine Technik des zweifarbigen Strickens, bei der die gerade nicht benutzte Farbe auf der Rückseite mitläuft und in regelmäßigen Abständen mit dem Arbeitsfaden verschlungen wird. Es entstehen auf der Rückseite also keine längeren Spannfäden. Das Gestrickte ist anscheinend ziemlich dick und etwas weniger dehnbar als glatt rechts Gestricktes. Auf der Vorderseite blitzt die nicht benutzte Farbe immer ein bißchen durch, was einen leicht unregelmäßigen Tweed-Effekt ergeben soll. 

    In der Projektgalerie bei ravelry erkennt man die Unterschiede zwischen armenisch gestrickten Schleifenpullovern und den Schleifenpullovern in Intarsientechnik sofort: bei ersteren wirkt das Muster nicht so hart, das Schwarz ist nicht richtig schwarz - bei den Intarsienpullovern kommt die Schleife besser heraus, wirkt aber auch lauter und plakativer. Ich weiß noch nicht, was mir besser gefällt.

    Zum Kennenlernen: Wer beim Nähwochenende in Bielefeld im Januar wie ich nicht zum Zuge gekommen ist, der bekommt im Frühjahr vielleicht doch noch die Gelegenheit, die Stadt zu besuchen, die es eigentlich gar nicht gibt: Die Bielefelder Nähbloggerinnen Frau Knopf, Mema, Dasbürofürschönedinge und Bunte Kleider würden ein Nähbloggertreffen im März organisieren, mit Kulturprogramm, Stoff-Fabrikverkauf und allem drum und dran, wenn sich Interessentinnen dafür fänden. Klingt gut? Finde ich auch! Schaut euch doch mal hier z. B. bei Frau Knopf die Details an

    Mittwoch, 13. November 2013

    Der Laser-Blumenrock beim Me made Mittwoch

     
     
     

    Wer wissen möchte, wieso dieser Rock (121 aus Burda 3/2013) die Schnittmenge zwischen Lena Hoschek und Ottobre darstellt, wie das Nähkränzchen darauf reagierte und wie er angezogen aussieht, erfährt das alles im Me made Mittwoch-Blog.

    Samstag, 9. November 2013

    Loben und Lästern: Burdastyle November 11/2013

    Vier Wochen sind schon wieder so gut wie um, am Mittwoch kommt das neue Heft in die Läden, und ich hatte schon überlegt, wie ich die Burda-Kritik elegant unter den Tisch fallen lassen könnte, ohne dass es jemand merkt. Aber: es muss ja nicht so lang sein, ich haue euch jetzt einfach mein Lieblingsmodell um die Ohren, eines, das ich scheußlich finde, und einen Schnitt, über den man kontrovers diskutieren kann, OK?

    Das Beste:

    Die Jacke 101 und der Rock 105 sind ein Beispiel dafür, wie gute Schnitte mit dem Modellfoto schlecht verkauft werden: Die Jacke mit dem geknoteten Gürtel wirkt durch die zu langen Ärmel wurschtelig und wie eine Nummer zu groß, den Bleistiftrock sieht man nur von vorne, dabei ist vor allem die Schnittführung auf der Rückseite interessant.

    Ein Blick auf die Modellzeichnung im Nähheft verrät, dass der Rock aus lediglich drei Schnittteilen im schrägem Fadenlauf besteht, die Teilungsnähte laufen von hinten schräg um den halben Rock herum und enden am Saum auf der Vorderseite. An der hinteren Mittelnaht entsteht am Saum durch den schrägen Fadenlauf ein kleines, glockig fallendes Godet. Durch die Elastizität des Materials im schrägen Fadenlauf und das Elastikfutter dürfte der enge Rock recht bequem sein - nur Figuranpassungen stelle ich mir bei diesem Schnitt schwierig vor.

    Genauso die Jacke: sie dürfte  erheblich figurnaher konzipiert sein, als sie auf dem Modellbild wirkt, denn auch sie wurde komplett im schrägen Fadenlauf zugeschnitten, das Rückenteil hat Taillenabnäher. Den in den Seitennähten mitgefassten Stoffgürtel zum Knoten mag ich sehr, die Schulternähte sind wie bei einer Schulterpasse ins Rückenteil gezogen, auch das sieht man auf dem Foto natürlich nicht. Beide Teile wandern auf meine innere Nähliste, und wer weiß vielleicht mache ich mir beides tatsächlich als Kostüm aus dem gleichen Stoff.

    Neben diesem Lieblingsschnitt gibt es noch einiges ganz Brauchbares im Novemberheft, finde ich, die schwarzen Samstag-Nacht-Kleider Seite 42-48 gefallen mir zum Beispiel, oder die kurze Jacke (117) von Seite 21.   

    Aber es gibt auch das Schlimmste:


    Ist es der Stretchsatin, die aufdringliche Farbe oder das gesamte Styling? Manche Kleidungsstücke schlagen eine Saite im Inneren an und rufen Zustimmung oder Ablehnung hervor, ohne dass man genau weiß, wie das kommt. Die Bluse 122 finde ich furchtbar, sie erinnert mich an billige Versandkatalogmode. Die Passform um die Brust herum ist bescheiden, obwohl der Schnitt über Teilungsnähte verfügt, der drapierte Schulterkragen ist lediglich ein geschlungener, separat getragener Stoffschlauch im schrägen Zuschnitt, der dafür sorgt, dass für dieses Modell 3,70 m Stoff verbraten werden. Und der im echten Leben wahrscheinlich keine 5 Minuten so drapiert bleibt wie auf dem Foto.

    Das Interessanteste:



    Bei der Hose 120 stelle ich fest: Die Neunziger kommen zurück. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es in der ersten Hälfte der Neunziger Jahre einen Trend zu Hosen mit integrierten Rockteilen, meistens waren das kurze, seitlich gebundene Wickelröcke. Das war zuerst ganz originell, lief sich als Trend aber ziemlich schnell tot, als es nach einiger Zeit kaum noch Hosen ohne angenähte Röckchen zu kaufen gab.

    Die Burda-Hose kommt mir wie eine Kreuzung der Rock-über-Hose-Hose mit der in den Neunzigern ebenfalls beliebten Reithose vor. Die Wickelteile sind an den hinteren Hosenteilen angeschnitten, werden in der vorderen Mitte übereinandergeschlagen und mit Druckknöpfen befestigt.

    Suschna zitierte kürzlich sinngemäß Wolfgang Joop der gesagt hatte, man solle gerade das machen, von dem man kurz vorher noch gedacht hat, "das ist ja furchtbar". Als allgemeine Richtschnur meines Handelns würde ich diese Aussage Joops nun lieber nicht etablieren, aber im Hinblick auf Mode hat der Mann vollkommen recht, finde ich. Ab und zu mal etwas zu wagen ist beim Selbernähen kein großes Risiko und führt auf jedem Fall zu neuen Erkenntnissen. Ich kann mir diese Hose tatsächlich in meinem Kleiderschrank vorstellen, aus einem dünnen, gut fallenden Anzugstoff zum Beispiel, oder in einer Sommerversion aus dünnem schwarzem Leinen. Kann natürlich auch spektakulär schiefgehen - aber dann gäbe es bei der Dokumentation im Blog wenigstens noch was zu lachen.

    Und jetzt ihr: Was sind eure Lieblingsschnitte, was geht eurer Meinung nach gar nicht, und in welche Kategorie fällt für euch die Hose 120?

    Mittwoch, 6. November 2013

    Woche 44


    Ich kann kaum glauben, dass der letzte Wochenrückblick schon knapp eine Woche her sein soll, ich kann mich nämlich nicht erinnern, in der letzten Zeit im Hellen draußen gewesen sein - nennt mich Maulwurf. Die Bilder sind daher alle schon zwei bis drei Wochen alt, da war es ab und zu noch sonnig. 

    Was an einen barocken Schlosspark erinnert, ist der Körnerpark mitten in Neukölln. Der Park wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg in einer ehemaligen Kiesgrube angelegt und liegt daher einige Meter unter dem Straßenniveau. In Rixdorf wars damals ländlich, der Ort gehörte noch gar nicht zu Berlin. Man plante aber schon mal ein vornehmes Wohnviertel rund um diesen Park. Da bald darauf der Krieg ausbrach, klappte das aber nicht. In den sechziger Jahren hätte man die Anlage am liebsten zugeschüttet und sich das Geld für die Instandhaltung gespart - auch das ist typisch Berlin. 
    Der Körnerpark ist heute immer noch ein überraschender Anblick in einer noch ziemlich heruntergekommenen Gegend Neuköllns - auch wenn selbst dort in den alten Eckkneipen und in einigen Läden von schicken jungen Menschen renoviert wird und offenbar einiges in Gange ist. Kleine Paste-ups gibt es schon, das Atelier von Thatchers ist auch nicht weit weg.

    Weiter nördlich, in der Flughafenstraße zwischen ramschigen Trödlern und Imbissbuden, die Falafelsandwiches für 49 Cent anbieten, kann man schon essen wie in Mitte. Die Lavanderia Vecchia, ein italienisches Mittagstisch- und Abendmenürestaurant, eröffnete kürzlich mit dem Lava einen durchgehend geöffneten Ableger. Abends sitzt man in einem opulent dunkelgrün-gold dekorierten Raum, Mittags im "Schinkenlädchen" an der Straße. Ich fotografierte nur mein Essen und nahm mir fest vor, die Büronachbarinnen bald wieder zu einem Mittagessen zu überreden.

    Handarbeitslinks der Woche:

     

    Zum Nähen: Überraschend früh ist die Winterausgabe der Meine Nähmode erschienen und großartigerweise hat Dark and Sweet Things wieder herausgesucht, welche Schnittmuster von Simplicity diesmal im Heft sind.   

    "Kannst du nicht mal eben schnell... ?" Mit kleinen Reparaturen lässt sich die Lebensdauer von Kleidungsstücken meist beträchtlich steigern. Weniger Kleidungskonsum entlastet die Umwelt und ist eine gute Sache, wenn nur nicht immer wir Selbernäherinnen zu Näh-Dienstleistungen herangezogen werden würden. Die Initiative Nadelstiche konsumfrei hat ein kleines Heft erstellt, das nicht nur über die sozialen und ökologischen Folgen gedankenlosen Kleiderkonsums informiert, sondern auch leicht fassliche Anleitungen für die häufigsten Flick- und Änderungsarbeiten enthält. Dieses Heft wird meine Geheimwaffe, das ich zukünftig jeder/m in die Hand drücken werde, der mich wegen solcher Nähaufgaben anspricht. Hier kann man das Heft im Netz durchblättern, per Mail an Nadelstiche konsumfrei kann man die pdf-Version zum Selbstausdrucken anfordern - Infos dazu hier auf der Spendenseite der Initiative, die auch Workshops anbietet.        

    Zum Stricken: Nach Burda hat nun auch die Brigitte ein Strick-Sonderheft herausgebracht. Ich habe mir bisher auch nur die Vorschau ansehen können und erkannte dort direkt ein paar Modelle wieder, die früher schon einmal in der Brigitte veröffentlicht wurden. Strickmuster für vier Modelle des Labels Lala Berlin finde ich aber äußerst interessant, und so werde ich das Heft so bald wie möglich genauer unter die Lupe nehmen. (Bei Kress wurde außerdem gemeldet, dass Brigitte in nächster Zeit weitere "monothematische Sonderhefte" herausbringen wird - ich glaube aber erst an ein Schnittmusterheft, wenn ich eins sehe. Vorher kommt bestimmt Kochen, Diät, Kindererziehung.)

    Für die BerlinerInnen: Mit den Kreativ Tagen Berlin auf dem Messegelände findet vom 15. bis zum 17. November bei uns erstmals eine Messe zum Thema Basteln und Handarbeiten statt. Erwartet werden vor allem Einzelhändler, aber auch eine Patchworkausstellung der deutschen Patchworkgilde und zahlreiche Workshops werden geboten. Bei Ina im Pattydooblog könnt ihr nur noch heute (Donnerstag) bei einer Verlosung von Eintrittskarten euer Glück versuchen.  

    MeMadeMittwoch*) mit rosa Bluse (101, Burda 3/2007)


    Seid ihr ein Blusen- oder ein Tshirttyp? Diese Frage ist ja wohl von ähnlich grundlegender Bedeutung wie die Wahl zwischen Jersey- und Webstoffkleidern. Ich bin phasenweise mal das eine, mal das andere, wobei als „Phase“ ein Zeitraum von mehreren Jahren angesehen werden muss. Und nun fühle ich am Ende einer langen, langen Tshirtphase eine neue Blusenphase heraufdämmern.


    Initiiert wurde diese Phase anscheinend von einem Foto in der Berliner Zeitung in der Klatsch-und-Tratsch-Rubrik, auf dem eine dunkelhaarige Schauspielerin eine rosa Bluse mit dunklen Paspeln an Knopfleiste, Kragen und Manschetten trug und wunderschön aussah. Den Namen der Schauspielerin vergaß ich gleich wieder – aber die Bluse! Kennt ihr das, wenn einen plötzlich eine Liebe zu einem Kleidungsstück überfällt, das man irgendwo nur ganz kurz gesehen hat, das man aber unbedingt besitzen möchte? Als ich noch nicht so oft Kleidung nähte, wurde ich immer ganz kribbelig und schließlich unglücklich, denn es ist ja meistens unmöglich, diese Liebe zu verwirklichen. (Es sei denn, man stellt nach der ersten Begegnung fest, dass es sich bei dem ersehnten Objekt um den Verkaufsschlager der Saison bei H&M handelte. Womit die Sache für mich meistens erledigt war. Ich will ja nicht das haben, was alle haben und was leicht zu bekommen ist.)


    Seitdem ich regelmäßig nähe, müssen solche Traumkleidungsstücke kein Traum mehr bleiben, ja, ich kann ganz gelassen an die Umsetzung herangehen, weil ich ja weiß, dass nichts mein Traumkleidungsstück und mich trennen kann. Himbeerrosa Blusenstoff hatte ich sogar im Lager, dunkelblaue Paspeln machte ich mir selbst, als paspelgeeigneten Schnitt suchte ich mir die Nummer 101 aus Burda 3/2007 aus, eine Bluse mit Passe und Brustabnähern.


    Die richtige Passform, also vor allem die Weite, finde ich bei Blusen nicht so einfach, weil mir komplett die  Erfahrungswerte fehlen, wie viel Mehrweite der Schnitt gegenüber den Körpermaßen haben sollte. Die Knopfleiste darf auf gar keinen Fall aufklaffen - man sieht auf der Straße in der Hinsicht ja manchmal Erstaunliches - , andererseits möchte ich in der Taille nicht so viel Stoff haben.


    Mit der Modellwahl hatte ich aber richtig Glück: schmal aber nicht eng, die Ärmel sind auch schmal (Achtung, könnten je nach Arm zu schmal sein), genau so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Und das Blusentraggefühl, der glatte, relativ feste Stoff, der Kragen, das mag ich - das ist der Beginn einer wunderbaren neuen Phase.


    Bluse:
    101 aus Burda 3/2007
    dünner Baumwollstoff (Hemdenstoff) himbeerrosa
    selbst gemachte dunkelblaue Paspel
    dunkelblaue Knöpfe vom Nähkontor

    Rock:
    Das Designermodell von Karl Lagerfeld aus Burda 10/2010 - Schnittbesprechung und bessere Bilder hier.

    *) Der Me Made Mittwoch ist eine Vernetzungsaktion, bei der es darum geht, selbstgemachte Kleidung zu tragen, dies zu dokumentieren und sich darüber auszutauschen - alle TeilnehmerInnen treffen sich im Me Made Mittwoch-Blog.

    Montag, 4. November 2013

    Neu im Maschinenraum: Die Gritzner VZ-Automatic


    "Nähmaschinen-Porn!" kommentierte Alex vorhin, als ich bei twitter ein erstes Foto der neuen alten Maschine im Fuhrpark zeigte. Ja, ich bin auch so eine, die gerne alte Maschinen aufschraubt, säubert und ölt, die an einer Nähmaschine lieber chromglänzende Knöpfe bedient als Touchscreens. Meine Schwiegeroma hatte mir ihre alte Maschine schon lange angeboten, und nun ergab sich kurzfristig eine Transportmöglichkeit nach Berlin.


    Es handelt sich um eine Gritzner VZ-Automatic von 1957, eine schwergewichtige Maschine mit Metallgehäuse. "Zwei Monatslöhne vom Opa!" habe die Maschine damals gekostet, erzählt die Oma sehr gerne bei jedem Besuch. Sehr viel Geld, aber einen guten Teil des Anschaffungspreises spielte die Maschine bald wieder ein, denn die Oma half ihrer Nachbarin und Freundin Frau G, Schneidermeisterin, beim Nähen von Aufträgen. Frau G. wohnt immer noch in der Nachbarschaft - vielleicht erinnern sich einige, im März 2009 porträtierte mein Liebster die Werkstatt von Frau G. hier im Blog.


    Die Gritzner ist, wie man sieht, in einem zierlichen 50er-Jahre-Schränkchen installiert. Die Deckplatte kann man aufklappen, sie ruht auf der filzgepolsterten Kante der Tür und bildet so eine große Arbeitsfläche. Meinen nächsten Wintermantel werde ich an dieser Maschine nähen. Wahrscheinlich ist sie auch prima fürs Quilten geeignet.


    Die Nähmaschinenfirma Gritzner wurde 1872 in Karlsruhe-Durlach gegründet und vergrößerte sich schnell: 1905 wurden schon 120 000 Nähmaschinen produziert. 1931 fusionierte Gritzner mit dem Nähmaschinenhersteller Kayser aus Kaiserslautern zur Gritzner-Kayser AG, 1957 übernahm Pfaff die Aktienmehrheit an dieser Firma. Die grüne Hammerschlaglackierung scheint ganz typisch für die Gritzner-Maschinen zu sein, zeitgleich gab es auch ein etwas einfacheres Modell, bei dem Deckel und Handrad aus cremeweißem Kunststoff sind.


    Bei diesem Modell sind nur die Füllungen der Verstellknöpfe aus Plastik, außerdem der Knopf am Hebel zur Stichlängenregulierung (im Bild oben auf der linken Seite) und zwei kleine Rädchen, mit denen die Zickzackbreitenbegrenzung bzw. die Zierstiche eingestellt werden. Die Spulvorrichtung liegt vorne am Handrad. Das ist verchromt, aus Metall, und genauso schwer und solide, wie es aussieht.


    Die Schaltzentrale der Maschine. Linker Knopf: Verstellen der Nadelposition links-mitte-rechts. Rechter Knopf: Einstellen der Zickzackbreite - Position "0" ist Geradstich. Hebel unten rechts: Stichlänge. Die eingebauten Grundstiche der Maschine sind Geradstich, Zickzackstich und eine genähte Bogennaht, ähnlich wie ein genähter Zickzackstich. Und unter der Chromplakette mit dem stilisierten Greif ist eine Klappe verborgen, dort befindet sich...


    ... die Zierstichautomatik. Auf einem Metallstift sitzen auswechselbare Kunststoffscheiben, die über eine Art Abtaster auf rein mechanische Weise die Stichbreite beim Nähen verändern. Fünf Zierstichkurven gehören zur Maschine, damit können 10 verschiedene Zierstiche genäht werden.


    Ein Blick ins Innere: Oben in der Mitte das Kunstoffrad, mit dem man in den Zierstichmodus schaltet. Die Maschine war gut in Schuss, als sie hier ankam, sie stand bis zuletzt in einem gut geheizten, trockenen Wohnzimmer. Ich fand so gut wie keinen Staub, ölte sie nur ein bißchen nach. Der Motor und das mechanische Nähgeräusch ergeben einen ganz besonderen, tiefen Sound, sie hört sich vollkommen anders an als meine anderen Maschinen.

    Nach meinem Eindruck näht sie sehr präzise - bei meiner Hauptnähmaschine von 1990 habe ich immer den Eindruck, dass die einzelnen Stiche beim Geradstich ein ganz kleines bißchen schräg stehen, bei dieser Maschine nicht. Ich werde das demnächst vergleichen, aber zuerst muss ich mich um etwas anderes kümmern. Beim Ausprobieren wunderte ich mich schon, dass das Gehäuse leicht unter Spannung stand, und dann entdeckte ich gerade noch rechtzeitig das:


    Puh. Also erst Kabel auswechseln, dann weiterprobieren.