Sonntag, 31. Januar 2016

Summer Shawl Knit-along bei wollixundstoffix: Inspirationen


Monika - Wollixundstoffix - lädt zum gemeinsamen Stricken ein: Bis Ende Februar werden Tücher gestrickt, und das passt mir prima, denn neben der schwarzen Strickjacke mit schwarzem Musterm die ich gerade stricke, brauche ich auch noch etwas bunte Abwechslung auf den Nadeln. Noch dazu grassiert gerade eine Stephen-West-Strickeritis, an der ich nicht ganz unschuldig bin, und die mich voll in ihren Klauen hält.

Vor ein paar Wochen strickte ich das Tuch fringed und trage es seither fast ununterbrochen. Damit habe ich auch endlich die Frage gelöst, welche Tuchform und Tuchgröße ich tatsächlich tragen mag. Denn irgendwie ist das verbreitete Dreeickstuch mit Lochmuster nichts für mich. Tücher müssen für mich so groß sein, dass sie problemlos zwei Mal um den Hals geschlungen werden können. Wenn das Tuch eine Dreiecksform hat, ist die Spitze dann aber so lang, dass sie mehr oder weniger den Rücken bedeckt, das Tuch wird wahnsinnig schwer und besonders schön finde ich diesen das-Mädchen-mit-den-Schwefelhölzern-Look auch nicht. Dass ich Dreieckstücher und Laceschals zwar stricke, aber nicht trage, hatte ich schon im Januar 2013 festgestellt, aber was ich stattdessen stricken könnte, war mir noch unklar.


Im Oktober 2014 strickte ich den Schal Fleece von Kieran Foley, das Muster gefällt mir nach wie vor sehr gut, das wäre auch mal was aus einfarbigem Garn, nur hat das Lochmuster - wie eigentlich immer bei Schals - sehr die Tendenz, sich beim Tragen in die Länge zu ziehen und zusammenzufallen. Durch die extremen Zu- und Abnahmen und die kraus-rechts-Reihen rollt es sich glücklicherweise nicht ganz ein, aber am frisch gespannten Zustand hat man einfach nicht lange Freude.


Irgendwann zwischendurch strickte ich dann noch den Marmalade scarf, ein kostenloses Strickmuster bei ravelry, aus Brushed Alpaca Silk von drops - der Schal ist Dank des dünnen, voluminösen Garns sehr leicht, aber trotzdem warm, das ist ein großer Pluspunkt.

Aus all diesen Strickprojekten lässt sich herausdestillieren, wie das ideale Stricktuch für mich beschaffen sein muss: Groß, leicht und bunt. Nachdem ich die Westknits-Muster bei Ravelry ein halbes Jahr beäugt hatte und fringed so ein tolles Teil geworden ist, ist es klar, dass ich noch etwas von diesem Designer stricken muss, und als ich beim Treffen in Bielefeld Monikas wunderbares Vertices Unite-Tuch gesehen hatte, war die Entscheidung gefallen. Das Stricken stelle ich mir interessant vor - alle Segmente werden in verschiedenen Richtungen direkt aneinander gestrickt -, die Flächenaufteilung sieht beim Tragen gut aus und wird gut zu meinen meistens dunklen Jacken und Mänteln passen. Garn habe ich schon besorgt, ich bin gespannt, wie die Farben zusammen wirken werden.



Einstweilen schaue ich hier bei Monika, was die anderen stricken und freue mich auf das nächste Treffen am 7. Februar - dann vielleicht auch mit Kuchen.

Stoffspielerei im Januar: Perlen (ohne Plan)


"Perlen" lautet das Thema der Stoffspielerei, zu der frifris heute einlädt. Anders als sonst bei den Stoffspielereien, bin ich diesmal ohne jedes Nachlesen über Techniken und Theorien an das Projekt herangegangen. Ich habe einfach mal alle Perlenvorräte zusammengesucht und mich von dem inspirieren lassen, was da war. Das war in erster Linie eine größere Menge unterschiedlicher Rocailles, grob nach Farben sortiert, die ich mal auf einer Kreativmesse gekauft hatte (Da gab es einen Stand mit lauter Perlen in Schüsselchen, die man selbst zusammenstellen konnte - ein großer Plastikbeutel voll kostete dann 3 Euro oder so.)


Die Idee, ein Collier zu besticken, kristallisierte sich dann heraus, als ich die 7 helltürkisen platten Quadrate fand. Ein bißchen inspiriert war ich von wunderschönen, wilden Perlenstickereien von Katharina Dietrich, die ich im Sommer bei der Textile Art gesehen hatte. Ich verstärkte ein Stück Nessel auf der Rückseite mit aufbügelbarer Gewebeeinlage, dann fiel mir ein, dass ich es bestimmt nicht hinkriegen würde, den Untergrundstoff komplett ordentlich mit Perlen zu besticken, so dass ein schwarzer Stoff als Untergrund günstiger wäre. Daher bügelte ich auf die Oberseite ein Stück schwarze Gewebeeinlage - der helle Stoff schimmert noch ein bißchen durch, man sieht eine zarte Webstruktur, das gefällt mir sehr gut. Für die bananenförmigen Umrisse schnitt ich zuerst eine Schablone vor, übertrug die Umrisse mit Kreide und nähte die Markierung mit der Hand nach.

Die Perlen sind mit doppelt genommenen schwarzen Nähgarn aufgestickt, und wie erwartet war es nicht ganz so einfach, alles schön ordentlich so aufzusticken, wie beabsichtigt. Ich habe bei der Stickerei aber auch mit Absicht ein paar "Fehler" eingebaut: mal eine kleine grüne Perle, statt einer türkisen, mal eine transparente blaue. 


Die Stickerei habe ich dann ausgeschnitten, die Ränder eingeschnitten und sie mit Textilkleber (H2 von Gütermann) um einen Pappkern herumgeklebt. Der Kettenverschluss war in meinen Kruschtkisten auch noch vorhanden, die Schnur besteht aus gewachster Baumwollschnur, vierfach genommen und zum Zopf geflochten. Auf die Rückseite habe ich Filz geklebt.


Ich bin ziemlich zufrieden mit meiner kleinen Bastelei und werde mal schauen, dass ich noch ein Foto an der Person nachliefern kann. Die Luise schrieb ja neulich so einen klugen Artikel über Prozessorientierung versus Ergebnisorientierung bei Nähen und Handarbeiten und nannte die Stoffspielereien als Beispiel für Prozessorientierung, und rückblickend kann ich sagen, dass hier beide Orientierungen gut zusammengewirkt haben: Zuerst prozessorientiert das Herumschieben der kleinen Glassteinchen, das Ausprobieren verschiedener Anordnungen und Zusammenstellungen, dann aber an der richtigen Stelle der Wechsel zur Ergebnisorientierung, zum Beispiel habe ich mich dann entschlossen, einfach alles zusammenzukleben, anstatt auch noch nach einem Weg zu suchen, die Einzelteile zusammenzunähen. Und so kann ich dieses Mal ein fertiges Teil zum um-den-Hals-hängen vorweisen, und nicht nur ein paar Anfänge, Versuche und Schnipsel wie sonst oft. 


Alle Perlen-Projekte werden heute hier bei frifris gesammelt.

Die nächste Stoffspielerei ist am 28. 2. bei Suschna zum Thema "Es war einmal ein Tuch".


Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch

Donnerstag, 28. Januar 2016

Vier Frauen, vier Mal Textilkunst im Atelier Tapa

 

Textilkunst hat es in Deutschland nicht leicht. Im Galeriebetrieb wird sie oft nicht als Kunst ernst genommen, während auf Kunsthandwerksausstellungen die fehlende Funktionalität der Objekte wiederum nicht so recht ins Konzept passt: Textilkunst kann man nicht nutzen wie eine schöne Decke, ein Kleid oder eine Tasche. Eigene Ausstellungsmöglichkeiten für Textilkunst zu schaffen ist daher wichtig, um ihr Öffentlichkeit zu verschaffen. Das Atelier Tapa im Souterrain in der Berliner Linienstraße 154 ist so ein Ort, an dem sich Textilkunst präsentieren kann. Noch bis zum 6. Februar läuft dort die Ausstellung "Mit Faden", in der textile Bilder von Gudrun Leitner, Tatyana Kotlyar, Diana Lavoie und Inga Liksaite zu sehen sind.   

Textile Bilder von Gudrun Leitner
Ich hatte mir die Ausstellung im Dezember angesehen und fand es ganz faszinierend, wie wenig die  die Werke trotz ähnlicher Techniken gemeinsam haben. Denn im Prinzip verfolgen die vier Künstlerinnen einen ähnlichen Ansatz: Sie stellen aus Stoff und Garn zweidimensionale Bilder her - aber was für unterschiedliche!

Tatyana Kotlyar bemalt den Untergrundstoff und appliziert darauf grafische oder organische, oft durchbrochene Formen aus Stoff  mit der Nähmaschine, oft in mehreren Schichten. Es entsteht ein Wirbel aus Farben und Formen, sehr bunt und expressiv, wenn die mit engem Zickzack umrandeten Stoffstücke miteinander verschmelzen.

Bei den Bildern von Diane Lavoie (im unteren Foto links sieht man Medieval Medical Illustration von 2014) beeindruckt auf den ersten Blick die Fernwirkung - und sie beeindruckte mich noch mehr, als ich näher herantrat und die einzelnen Materialien wahrnahm. Denn Diane Lavoie verwendet viele fein gemusterte Stoffe, mal bewusst "schlampig" und offenkantig appliziert, mal mit Stecknadeln zusammengesteckt, mal ist auch ein Teil eines Kleidungsstücks dabei, und doch entsteht im Gesamteindruck eine malerische Wirkung, die ich einer textilen Applikation gar nicht zugetraut hätte. Seht ihr unten den rosigen Hauch auf den Wangen der  Dame aus dem Mittelalter? Das iat alles der gekonnte Einsatz von Stoff und Garn!

Ausstellung "Mit Faden": Bilder von Diane Lavoie (links) und Inga Liksaite (rechts)
Bei Inga Liksaite könnte man hingegen sagen, dass sie mit der Nähmaschine zeichnet - viele, viele gerade Nähte, mal enger beeinander, mal weiter auseinander. Im Raster der Linien ergibt sich das Motiv ebenfalls erst aus der Entfernung, ähnlich dem Effekt, der sich einstellt, wenn man ein Foto in der Zeitung ganz aus der Nähe betrachtet und das Raster des Drucks wahrnimmt, hellere und dunklere Punkte, die erst mit einem bestimmten Abstand ein Bild erkennen lassen.

Für Gudrun Leitner bilden ebenfalls Fotos den Ausgangspunkt: Die Bilder werden am Computer in einzelne Farbflächen und Farbsplitter zerlegt und anschließend mit der Nähmaschine aus Stoff wieder zusammengesetzt, Schicht für Schicht übereinander, zu einer absolut planen Fläche. Die beiden Porträts im oberen Foto, die an großformatige Fotografien erinnern, sind auf diese Weise aus einfarbigen Stoffen appliziert - auf der Webseite von Gudrun Leitner sieht man einige Details dieser Bilder und bekommt eine Ahnung von der aufwendigen und detailversessenen Arbeit.

Schaut euch die Ausstellung an, solange noch Zeit ist  - bis zum 6. Februar in der Linienstraße 154, unter dem Museum der Stille.  

Atelier Tapa
http://www.tapa-atelier.de
 Ausstellung "Mit Faden"
Linienstr. 154, 10115 Berlin
Freitag-Sonntag 11-17.00 Uhr und nach Vereinbarung

Dienstag, 19. Januar 2016

Gemeinschaft

 

In Berlin ist es nun doch noch richtig Winter geworden. Das neue Arbeitsjahr hat sich gut angelassen. Das nächste Projekt formt sich so langsam, das übernächste und über-übernächste auch, und wenn alles gut geht, wird es im Herbst wieder etwas zu lesen geben, für Nähnerds und alle, die es werden wollen.

Aber lasst uns einstweilen über ein anderes nerdiges Thema reden: Moos. Wusstet ihr, dass das Betrachten und Fotografieren von Moos in Japan ein Hobby vor allem von jungen Frauen ist, dass es eine richtige Community der Moos-Liebhaberinnen gibt und man mancherorts sogar geführte Touren zum Moosbetrachten buchen kann? Ich habe von diesem für mich vollkommen neuen Hobby in  diesem englischsprachigen Artikel erfahren, die Autorin schreibt außerdem ein japanisches Blog zum Thema Moos. Mir geht bei so viel Schrulligkeit direkt das Herz auf und die Moos-Fotos im Blog finde ich tatsächlich ziemlich faszinierend. Ich glaube ich habe ein Schwäche für seltene Hobbys - falls mir Textilien mal irgendwann nichts mehr geben, sattele ich um.

Was am vergangenen Wochenende in der Bielefelder Jugendherberge passiert ist, die dritte Auflage der AnNäherung, einer Näh-LAN-Party von Freitag Abend bis Sonntag Mittag, dürfte für Außenstehende ebenso verschroben erscheinen wie die Moosbetrachtung: An die 40 Frauen, die nur mit kurzen Essens- und Schlafpausen ununterbrochen nähen, bügeln, zuschneiden und Schnitte kopieren oder übers Nähen reden. Ich war dieses Mal so schlau, ein bißchen mehr zu schlafen und konnte daher den Sonntag auch noch genießen. Mein Trenchcoat (Isla von named patterns) ist noch nicht ganz fertig, macht aber bis jetzt einen guten Eindruck. Die Trenchcoat-Selbsthilfegruppe wird berichten! Ich fand es wie letztes Mal sehr, sehr schön, nähte mich am Samstag Abend in den Flow, freute mich darüber, dass ich viele schon ein bißchen kannte, aber auch darüber, dass wieder neue und nette und interessante Näherinnen und Nähbloggerinnen dabei waren, und bedauere wie letztes Mal, mich nicht mit allen gleichermaßen unterhalten zu haben - aber ich finde Siebenhundertsachen hat das Gefühl in ihrem Bericht gerade eben perfekt zusammengefasst: "...es wird weitere Gelegenheiten geben und das ist doch auch eine wundervolle Aussicht." Vielen Dank an die Organisatorinnen Mamamachtsachen, Alle Wünsche werden wahr und der Drehumdiebolzeningenieurin, die die Organisation der ganzen Chose auf sich nahmen. AnNäherungs-Berichte sammelt Alexandra hier.


Gerade aus Bielefeld zurück, stellte ich fest, dass bei uns im Kiez das vegane Black Sheep Cafe eröffnet hat, und wenigstens den Kaffee musste ich doch einmal testen. An den Nachgeschmack von Sojamilch werde ich mich wohl nie gewöhnen, aber die Leute sind sehr freundlich und haben aus einem ziemlich unattraktiven Ladenlokal in wenigen Wochen ein angenehmes Café gemacht. Das nächste Mal nehme ich einfach einen Espresso.

Mein neues Strickprojekt ist in Wirklichkeit noch subtiler gemustert, als es hier erscheint: Ich verstricke drops Baby Merino und drops Kid Silk abwechselnd mit glatten Streifen aus Baby Merino, beides schwarz. Mein ursprünglicher Plan, mit dem Mohairgarn als Beilauffaden ein großformatiges Hahnentrittmuster einzustricken, geht leider nicht auf: Das Muster erkennt man nicht, und selbst das Stricken der Ringel ist mühsam, weil sich die Reihen bei schlechten Licht kaum zählen lassen.

Zwei Netzfundstücke habe ich auch noch, und hier geht es ums Sticken:

Louise Gardiner stickt mit der Maschine, vielschichtige, großformatige Kunstwerke mit Applikationen aus Leder und Kunstleder, Goldfaden und Lackfolie. Der Film auf ihrer Webseite zeigt ihre Arbeitsweise - und dass sie ihre Nähmaschine über und über mit Stickern verziert hat. Diese Art der Nähmaschinenindividualisierung ist ja in unseren Nähnerdkreisen bisher nicht so üblich. Wie wäre es das nächste Mal mit einem anNäherungs-Aufkleber?

Emilie Ferris ist sehr jung und stickt mit der Hand - unter anderem Haustierporträts, die wohl als Erinnerung an verstorbene Tiere bestellt werden. Ich bin ganz fasziniert davon, wie sie die Fellstrukturen mit den Handstichen nachzeichnen kann. Sie zeigt ihre Bilder bei Instagram und in ihrem Etsy-Shop gibt es auch einiges zu sehen.

Passend zum neuen Jahr und den guten Vorsätzen gibt es auch wieder zahlreiche neue Mitnähaktionen.
  • Im Projekt Brot und Butter bei Siebenhundertsachen geht es bis Ende März um alltagstaugliche Kombinationen - eben Brot und Butter des Kleiderschranks.
  • Bei Santa Lucia Patterns werden in einem Jahr 10 Outfits genäht.  
  • Bei Muriel Nahtzugabe5cm werden bis Anfang Februar UFOs (unfertige Objekte) beendet
  • Kraut und Kleid geht in der Kleinen Änderungsschneiderei bis Anfang März Änderungen und Reparaturen an und lädt zum Mitnähen ein.
  • Nix für Lemminge von Mamamachtsachen geht in die zweite Runde, das Ziel ist eine Kollektion aus 5 Teilen bis Ende November. 
  • Gelegenheit zum gemeinsamen Nähen bietet Sewing by the Sea vom 17. bis 20. März in der Nähe von Eckernförde (Informationen hier), Selbermacherinnen und Selbermacher trifft man auf dem Dressmaker's Ball am 5. März in Schwerte (Informationen hier).

Mittwoch, 13. Januar 2016

Lieblingsstück 2015 - Me made Mittwoch

Beim MeMadeMittwoch, der Versammlung selbstgenäht bekleideter Menschen im Netz, geht es heute um das selbstgemachte Lieblingsstück 2015. Ich musste da nicht lange überlegen: Es ist die Culotte alias der Hosenrock vom April 2015. Die sich damals stellenden Fragen (Clown, Couture, Amish, Avantgarde?) lassen sich mit "kommt drauf an" beantworten, manchmal auch mit "sowohl als auch" - in allen Fällen ist die Culotte aber ein sehr bequemes, kombinierfreudiges und dabei nicht langweiliges Kleidungsstück.


Nachdem sich Hosenröcke schon 2013 und 2014 ankündigten und 2015 dann gleichzeitig eine Menge Schnittmuster dafür verfügbar waren, bin ich gespannt, ob dieses Kleidungsstück 2016 noch eine Rolle spielen wird. Im Burdaheft 2/2016 gibt es in der große-Größen-Strecke nochmal eine Culotte - aber möglicherweise wird sie uns auch als kurzlebiger Nähtrend im Sommer 2015 in Erinnerung bleiben.

Und was kommt danach? Wie immer die wirklich spannende Frage, und ich freue mich auf ein weiteres gemeinsames Nähjahr mit euch und die Trends und Vorlieben der Nähbloggerinnencommunity, wie sie sich jeden Mittwoch beim Me made Mittwoch ablesen lassen.

Donnerstag, 7. Januar 2016

Ausdruckstanz mit Strickwerk


Am Sonntag unternahmen der Liebste und ich einen Ausflug in die Königsheide, ein kleines Waldstück in Köpenick, um mein neuestes Strickwerk abzulichten. Nach dem viel zu warmen Dezember hatten wir nun auf einmal strengen Frost, so dass ich den Fotografen kaum in den Wald bekam und unser Aufenthalt auch nur sehr kurz war. Ich fand es ehrlich gesagt gar nicht so schrecklich kalt, aber das könnte daran gelegen haben, dass ich am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag die Mount-Everest-Reportage von Jon Krakauer, "In eisigen Höhen" verschlungen hatte und so mental bestens vorbereitet war, und wir wissen ja alle vom Fußball, wie überaus wichtig die richtige mentale Einstellung ist. Im Vergleich zum Everest-Südsattel auf 7900 Metern, auf dem ich mich im Geiste zwei Tage lang aufgehalten hatte, ist die Königsheide am Sonntagnachmittag, etwa 500 Meter von der  Haltestelle des 166er Busses entfernt, ein ganz freundlicher und erträglicher Ort, selbst bei Ostwind. Gute Bilder, auf denen ich das Tuch schwenke, sind uns aber nicht gelungen - und das obwohl der Fotograf mir unbegabten Model demonstrierte, wie ich zu schwenken hätte. Nunja, ich schwenkte mit Eifer, aber erfolglos.

Stricktuch "Fringed" von Stephen West - westknits

Aber auch das neue Stricktuch ist für mein Nichtfrieren verantwortlich zu machen. Gestrickt ist es nach dem Muster "Fringed" von Stephen West alias Westknits, das ihr am Samstag vielleicht auch schon bei Sybille - Das Büro für schöne Dinge - gesehen habt.

Stephen West ist ein in Amsterdam lebender Amerikaner, außerdem (ehemaliger?) Tänzer und Mitbesitzer eines Wollladens. (Aufgrund der Tanzerfahrung ein sehr geschickter Tücherschwenker, was ihm bei der Tuchpräsentation zu Gute kommt.) Seine Entwürfe werden oft nur kraus rechts gestrickt (wobei es auch Modelle mit Lochmustern oder plastischen Mustern gibt), aber er holt durch verkürzte Reihen, Wechsel der Strickrichtung, Farbwechsel, Zu- und Abnahmen das Maximum aus dieser einfachen Grundtechnik heraus. "Fringed" ist zum Beispiel ganz einfach: Man fängt in der Mitte oben an, nimmt rechts und links in jeder Reihe am Reihenanfang zu, außerdem verteilt in den vier Lochreihen. Mehr steckt technisch nicht dahinter, der Reiz entsteht durch die Farbkombination, die üppigen Fransen und die farbigen Fransenblöcke.

Das Tuch aus der Wolle vom Wollladen in Langenzenn ist riesig groß, weich und luxuriös geworden: 2,50 m von Spitze zu Spitze und in der Mitte 37 cm breit. Wer mit dem Modellfoto in der Anleitung vergleicht, wird bemerken, dass die Streifenproportionen nicht mit dem Vorbild übereinstimmen: Das Garn reichte nicht, um die Streifen so breit wie vorgesehen zu stricken. 


Ich habe Merino (Linie 4 Starwool von Online) und Mohair/Seide (Kid Silk von Austermann) zusammen verstrickt, aber die Lauflänge des Merinogarns von 125 Metern auf 50 Gramm ist wohl im gedehnten Zustand gemessen worden. Oben sieht man jeweils die Reste von 2 Knäueln Merino (= angeblich 250 m) im Vergleich mit dem Kid Silk-Rest (auch 250 m). Vom Merinogarn sind sechs bis acht Meter übrig, von Kid Silk viel, viel mehr. Die Streifen sind daher nur so breit geworden, wie die Wolle eben reichte. 


Die Reste wanderten in die Fransenkante, die an die 100g Wolle verschlungen hat. Ich musste zweimal Garn nachkaufen und habe das günstige Fine Mohair von Stoff&Stil in zwei Grautönen genommen, die einigermaßen zum Kid-Silk-Grau passen. Fine Mohair hat eine Tendenz zum Filzen, scheint mir. Falls ich in einem halben Jahr Rastafransen am Tuch habe, werde ich mich darüber ärgern und doch noch das teure Garn besorgen. Möglicherweise habe ich die Fransendichte und -dicke auch etwas übertrieben? Jede Franse besteht aus 12 Fäden, denn ich dachte mir: Lieber klotzen. Wenn am Rand nur ein paar dünne Fäden hängen, sieht das ja auch nach nichts aus.    


So macht die Fransenkante aber richtig was her - und um die nächste Wolle zu finanzieren, könnte ich zur Not auch rasch Panflöte spielen lernen und mich in die Fußgängerzone stellen...

Anleitung Westknits "Fringed"
Wolle
hellgrau: 100g Linie 4 Starwool (Farbe 105) + 25g Kid Silk (Farbe 18)
dunkelgrau: 100g Linie 4 Starwool (Farbe 106) + 25g Kid Silk (Farbe 7)
rot: 50g Linie 4 Starwool (Farbe 21) + 25g Kid Silk (Farbe 3)
gelbgrün: 50g Linie 4 Starwool (Farbe 26)

Montag, 4. Januar 2016

Nähbilanz 2015

Eine Bilanz über die genähten Teile des vergangenen Jahres habe ich bisher jedes Jahr hier im Blog gemacht und auch immer einige gute Vorsätze gefasst - dieses Mal stelle ich fest, dass ich die Pläne und Vorsätze vom letzten Jahr 1:1 ins neue Jahr übernehmen könnte. Den im Rück- und Ausblick 2014/15 erwähnten grünen Trenchcoat werde ich sehr wahrscheinlich in knapp zwei Wochen bei der Annäherung in Bielefeld nähen - und auch das meiste andere habe ich nicht umgesetzt.


Letztlich habe ich nur 15 Teile dieses Jahr fertig genäht, dabei sind aber die Refashion-Projekte für das Buch nicht mitgerechnet. Daher werde ich mich nicht grämen: Das ist ja kein Wettbewerb hier, es kommt sicher auch wieder mehr Nähzeit. In Luzies Jahresrückblick habe ich das passende Stichwort für mich gefunden: Häppchennähen, statt auf große Zeitfenster zu warten.   

Die erworbene und vernähte Stoffmenge hatte ich in den letzten Jahren nicht erfasst, finde die Stoffstatistiken in anderen Nähblogs aber interessant und hatte vor allem keine Vorstellung, in welchen Meterbereichen ich mich selbst bewege. (Zwischenfrage: ist es eigentlich schon mal jemandem gelungen, in einem Jahr mehr Stoff zu vernähen als neu zu kaufen?) Daher habe ich anhand des Notizbuchs, in dem ich die Neuzugänge notiere, die Mengen überschlagen und komme auf einen Zuwachs von 25 Metern. Das könnte mich glatt zu einem Stoffkaufverbot oder zumindest -vorsatz motivieren, aber ich habe den Verdacht (siehe Zwischenfrage), dass das sowieso nicht funktionieren wird. Nur mit den Lagerkapazitäten könnte es 2016 Probleme geben.

Aber nun nach vorne blicken, menschliche und nähtechnische Totalausfälle des letzten Jahres vergessen, und auf ins neue Nähjahr 2016! Als nächstes ist, wie gesagt, ein dunkelgrüner Trenchcoat geplant, außerdem möchte ich endlich den Rock mit den suppentellergroßen Blumen aus dem Vivienne-Westwood-Sewalong zuende nähen - den Stoff hatte ich hier schon gezeigt. Die passende Strickjacke dazu ist auch angedacht, das Material habe ich schon, außerdem könnte sich eine westknits-Mania anbahnen - aber dazu hier in den nächsten Tagen mehr. 

Sonntag, 3. Januar 2016

Muße


Liebe Leserinnen, ich hoffe ihr seid gut ins neue Jahr gekommen! Ich habe in den letzten zwei Dezemberwochen - immer noch angeschlagen - etwas kürzer getreten, eine Menge Erledigungen einfach aufs nächste Jahr verschoben und mir vorgenommen, 2015 nichts Neues mehr anzufangen. Das hat so gut getan. Ein paar Dinge erledigten sich dann ohne mein Zutun von selbst, und wie das immer ist, wenn man nicht muss: Ich hatte Ideen und auch Lust, sie anzugehen. Mir fehlte in den letzten Monaten einfach die Muße, und so habe ich mir für 2016 ins Notizbuch geschrieben, besser für Ausgleich zu sorgen. Das richtige Maß von Entspannung und Anspannung und so, eigentlich weiß man das ja. Ich wünsche euch allen für 2016 jedenfalls genügend Zeit für euch, genügend Muße,  Glück und Zufriedenheit!


Die Entspannung im Dezember hatte den netten Nebeneffekt, dass ich auch wieder Lust auf Entdeckungen hatte. Das Hallesche Haus, ein Laden im ehemaligen Postamt von Kreuzberg 61, ist wie ein Kurzurlaub, weil fast nur englisch oder spanisch gesprochen wird und weil man urige und zum Teil merkwürdige Waren wie handgewebte Wolldecken, Opinel-Messer, Bartwachs, Glühbirnen mit phantastischen Formen und handgefeilte Messinglineale erwerben kann. Da der Laden anscheinend von Expats für Expats betrieben wird, sind das wohl die Dinge, die für das Überleben eines Neuberliners für unverzichtbar gehalten werden. Über allem liegt der Duft von frisch gebackenem Kuchen, denn das Hallesche Haus ist gleichzeitig ein Café.


Dort entdeckte ich aber auch die handgestickten Schmuckstücke von Macon&Lesquoy, sehr witzige und sehr filigrane kleine Broschen von drei, höchstens vier Zentimeter Durchmesser mit einem schönen Glanz. Die Verkäuferin hatte gar keine Ahnung, was sie da verkauft, was für eine Technik und was für ein Material das ist, also den Firmennamen notiert und zuhause nachgeschaut: Es ist Kantillenstickerei, eine Stickerei mit Bouillondraht, einem ganz feinen, zu einer Spirale gewickelten Metalldraht. Die Goldstickerei auf Uniformen und allerlei Prachtgewändern wurde früher so gestickt - bei Marquise gibt es einen guten Überblick über die Technik und hier bei Macon&Lesquoy auch  ein paar Fotos halbfertiger Broschen. Ich bin ganz beglückt, dass diese Handarbeitstechnik überhaupt noch existiert, und dann eben nicht nur bei ein paar Spezialisten für historische Textilien, sondern in einer modernen Form mit modernem Design, die dann in einem Berliner Hipsterladen landet.   


In Leipzig war ich auch mal wieder für einen Tag - von dort (aus der Kolonadenstraße) stammt das Paste-up auf einer Plattenbaukachel.


Noch so eine Parallelwelt in Berlin: Das Café House of small wonder neben dem Friedrichstadtpalast. Alle schicken Food-und-Travel-Bloggerinnen fotografieren die Wendeltreppe am Eingang, also habe ich das auch gemacht, allerdings zu hastig und daher leicht unscharf. Ich bin eben keine schicke Food-und-Travel-Bloggerin. Man sitzt im ersten Stock eines Bürogebäudes in einer Kulisse wie bei In the mood for love, hauptsächlich zwischen Mitarbeitern von Rocket Internet und Menschen, die von dem Cafe in amerikanischen Reiseführern gelesen haben müssen (oder bei schicken Food-und-Travel-Bloggerinnen), und zahlt vielleicht ein klein wenig zu viel für Essen und Trinken. Aber die Kulissenhaftigkeit dieses Ortes hat mich so fasziniert, dass ich das ganz in Ordnung finde. Café-Inszenierungen sind eine Kunst, die nicht alle Gastronomen beherrschen, und die man auch würdigen muss, finde ich. 

Entdeckungen im Netz:


  • Bei der Stoffspielerei hatten wir im Oktober ja das Thema "Spitze", und ich staunte, wie unglaublich mühsam und kleinteilig die Arbeit an handgestickter Nadelspitze ist. Jetzt bin ich auf einen 20minütigen Film über die maschinelle Spitzenherstellung in Calais, bei der Firma Noyon gestoßen und staune nochmal, wie viele Arbeitsgänge, wie viel Handarbeit und Expertenwissen auch für die maschinelle Spitzenherstellung nötig ist. Die nächste Stoffspielerei ist übrigens am 31. Januar zum thema "Perlen" und wird bei frifris gesammelt. 

  • Skurril: Ichtershausen in Thüringen war ein Zentrum der Nadelindustrie - heute werden dort noch immer chirurgische Nadeln hergestellt - und alle zwei Jahre die Thüringer Nadelprinzessin gewählt.