Freitag, 26. August 2016

Burda "Cut and go" - ein Versuch mit Print on Demand in den Neunzigern

Letzte Woche schenkte mir eine Nachbarin einen Stapel alter Burdas aus den Neunzigern. In den Neunzigern nähte ich zwar schon, aber ich hätte damals niemals die spießige Burda mit ihren spießigen Kostümen gekauft. Meine Nähhefte waren die Brigitte-Sonderhefte und ab und zu ein Einzelschnitt.


Das kleinteilige, unübersichtliche Layout wirkt mittlerweile ganz schön angejahrt - das kennt man so heute nur noch von billigen Klatschpostillen. Wenn ich die Schnitte duchschaue, erinnere ich mich wieder sehr gut, warum ich die Burda früher nie kaufen konnte: Im Durchschnitt gefallen mir ein bis zwei Schnitte pro Heft, daneben fallen jede Menge bizarr überambitionierte Modelle mit Schnürungen, Asymmetrien, Rüschen, merkwürdigen Taschen und kleinteiligem Materialmix ins Auge.

Richtig lustig ist auch, das hin- und her der Heftkonzepte zu verfolgen: Mal gab es Maßschnitte zum Bestellen, mal war der Designerschnitt im Heft enthalten, mal musste er für 20 oder 30 Mark extra geordert werden. Über die Kuchenrezepte im aktuellen Heft regte ich mich etwas auf, in der Vergangenheit war es aber noch wesentlich schlimmer: Zwei Kochstrecken pro Heft, meistens ganze Menus.


In Heft 6 von 1995 fand ich schließlich diese revolutionäre Erfindung, die sich, wie wir heute wissen, nicht durchgesetzt hat. Burda cut and go ist keine Friseurladenkette, sondern ein Versuch, den Verkauf von Papierschnittmustern ohne die lästige Lagerhaltung zu organisieren.

Der Prototyp des Geräts stand in der Stoffabteilung der Karstadtfiliale Oberpollinger in München. Es handelt sich anscheinend um einen Plotter, verbunden mit einer Steuerung per Touchscreen. Die Schnittmusterkundin konnte dort einen von sechzig Schnitten auswählen und der Plotter spuckte das frisch gedruckte Schnittmuster in ihrer Konfektionsgröße aus. Was die Cut-and-go-Schnitte kosteten, vor allem im Vergleich zu den abgepackten, gedruckten Einzelschnitten, ist leider nicht überliefert, im Heft ist ein Rabattgutschein über 2 Mark abgedruckt. Kann sich jemand an das Gerät erinnern? Gab es das dann, wie im Artikel angekündigt, auch in anderen Städten? 

Donnerstag, 25. August 2016

Wohin steuert die Nähblogosphäre und ein neues Wirtschaftsblog

In letzter Zeit ist die Nähbloggerszene in Bewegung geraten, das ist ganz deutlich zu spüren. Schnellere und einfacher zu bespielende Plattformen wie Instagram und twitter machen den Blogs Konkurrenz, und Facebook ist immer noch nicht totzukriegen. Elke vom Blog ellepuls.com befragte in den letzten Tagen einige ganz unterschiedliche Bloggerinnen zu ihrer Einschätzung dieses Wandels der Nähszene, darunter auch mich. Eine interessante, facettenreiche Debatte ist dadurch zustande gekommen - die einzelnen Beiträge findet ihr hier:

Die Nähbloggerwelt auf der Überholspur - Danie von Prülla

Die Anzahl von Blogs in der Nähszene explodiert - Christine von stoffe.de

Nach vorne schauen und Veränderungen annehmen - Dana, "die Komplizin"

Am meisten Spaß macht Instagram - Annika von Näh-Connection

Geht es wirklich nur um kürzere Inhalte? Constanze von Nahtzugabe

Ich habe mein Blog beim Nachdenken über diese Veränderungen jedenfalls wieder neu schätzen gelernt.

Themenwechsel: Lasst uns über Wirtschaft reden. Siebenhundertsachen hatte in ihrem Blog in der letzten Zeit mehrmals über Wirtschaftsthemen geschrieben, zuletzt z. B. eine großartige Serie über  die voraussichtlich zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen des Brexit, in der ich die ausführlichen und allgemeinverständlichen Erklärungen fand, die ich in den Tageszeitungen vermisste. Nun bekommen Wirtschaftsthemen ein eigenes Zuhause in ihrem neuem Blog Beyond Milchmädchen. Ich freue mich sehr darüber, denn der Wirtschaftsteil ist mir oft zu oberflächlich.

Und weil wir hier im Internet sind und ein Blogbeitrag ohne Bilder ja gar nicht geht, hier noch eine Hundewelpe und ein Lamm (und eine hosentragende Frau) von ca. 1930:

Foto: Vern C. Gorst, public domain, via flickr commons
Das Foto ist auch ein Hinweis darauf, womit ich im Moment einen großen Teil meiner Tage verbringe: Mit der Recherche von alten, gemeinfreien Bildern zur Illustration des nächsten Buchs, das noch in diesem Jahr fertigwerden soll. Seid gespannt (ich bin es auch - so hundertprozentig ist noch nicht klar, ob das alles so klappt wie gedacht. Ganz schön aufregend.) Naja, und bei der Bildersuche stößt man immer wieder auf solche Bilderschätze, die mit dem eigentlich Gesuchten nichts zu tun haben, aber sehr erheitern. 

Donnerstag, 18. August 2016

Stoff mit Digitaldruck: Ein Blick hinter die Kulissen


Wie funktioniert eigentlich Digitaldruck auf Stoff? Das hatte ich mich schon gefragt, seitdem Digitaldrucke ab und zu im Kaufhaus und auf dem Markt auftauchten. Die Stoffe stechen immer total zwischen den anderen Musterstoffen heraus, weil sie sehr detailreich mit leuchtenden Farben und in sehr vielen Farbtönen bedruckt sind (und oft auch, weil die DesignerInnen Amok laufen ob der Möglichkeiten und Sonnenuntergänge, Palmen und Hochhäuser zu einem Muster vereinigen, wie vor kurzem bei Karstadt gesehen - aber das nur am Rande). Außerdem gibt es ja seit einiger Zeit Digitaldruckfirmen, die das Drucken von Meterware, auch in kleinen Mengen, für jede ermöglichen. Aber ist das wirklich so einfach?   

Da traf es sich gut, dass ich vor zwei Wochen mit anderen Bloggerinnen von Allie, der Marketingverantwortlichen von Spoonflower in Deutschland, zu einem Blick hinter die Kulissen der Firma eingeladen war.  


Spoonflower, die meisten werden das wissen, war der erste Anbieter für on-demand gedruckte Meterware. Man kann sich dort nicht nur die eigenen Entwürfe drucken lassen, sondern auch die Designs von anderen bestellen - mittlerweile gibt es eine riesige Auswahl an Mustern, die auf verschiedene Stoffarten und auch als Tapete oder Geschenkpapier gedruckt werden können. Anfang des Jahres eröffnete Spoonflower eine Dependance in Berlin, um den europäischen Markt besser beliefern zu können, ohne Zollschranken und mit schnellerem Versand. Im Oktober soll der Shop dann auch auf Deutsch und mit metrischen Stoffmaßen verfügbar sein.        


Spannend war vor allem, die unterschiedlichen Stoffqualitäten befühlen zu können. Neben einem einfachen, etwas dünnerem Baumwollstoff und Kona Cotton (ein Quiltstoff von Moda fabrics Robert Kaufman (Dank an Andrea/faden(r)echt für den Hinweis), kann man sich wie die üblichen bunten Patchworkstoffe vorstellen) gibt es auch dünnen Baumwollsatin, wahrscheinlich die beste Qualität für Kleidung, und eine Reihe von Polyesterstoffen: Funktionsjersey, Nicki, Fleece (sehr dünn und nicht sehr flauschig) und einen Polyester-Crêpe de chine, der sich überraschenderweise wirklich gut und nicht nach Plastik anfühlte. Interessant fand ich auch das kräftige, bedruckte Wildlederimitat - es wird oft für Möbelbezüge geordert, bietet sich aber auch für Taschen an.   

Das Bedrucken funktioniert bei Baumwolle und Polyester etwas unterschiedlich: Die Baumwollstoffe werden direkt mit wasserlöslicher Tinte bedruckt. Sie laufen durch eine riesige Maschine, die im Prinzip wie ein Tintenstrahldrucker funktioniert und anschließend in einer zweiten Maschine über heiße Walzen, wodurch die Farbe fixiert wird. Polyesterstoffe werden hingegen im Transferdruck bedruckt: Das Muster gelangt erst auf eine Folie und wird von dort mit Hitze auf den Stoff übertragen. Der Griff der bedruckten Stoffe unterscheidet sich dadurch etwas. Bei den Baumwollstoffen liegt die Farbe eher wie eine Schicht auf der Oberfläche, während das Polyester die Farbe direkt aufnimmt. Die dünnen, gewebten Baumwollstoffe werden durch die Farbe schon etwas versteift, bei den Baumwolljerseys fiel das viel weniger auf, Polyester verändert sich fast gar nicht.


Wir konnten das Stoffgestalten dann mit allerlei Bastelmaterial auch gleich ausprobieren, und dafür, dass ich zuerst gar keine Idee hatte und mehr aus Verzweiflung zu Buntpapier und Schere griff, weil ich dachte, damit weniger herumzustümpern als mit Zeichenstiften, finde ich das Ergebnis ganz nett.

Oben sieht man den Unterschied von meiner Papiervorlage zum gedruckten Stoff (dünne gewebte Baumwolle). Um die Farbigkeit der Vorlage noch besser zu treffen, hätte man nach dem Abfotografieren des Papiers die Helligkeit noch etwas erhöhen können - also im Grunde genau wie immer, wenn man digitale Bilder ausdruckt. Auf der Spoonflower-Seite kann man aus dem hochgeladenen Design verschiedene Rapporte erzeugen und die Größe des Motivs ändern, alles andere muss man vorher mit einem Grafikprogramm oder Fotoshop erledigen.


Da kommt der Stoff! Die Druckmaschinen nehmen mehrere große Räume ein - um sie installieren zu können, musste ein Loch in die Außenwand gebrochen werden.


Hier ist der Stoff fertig bedruckt...


... und hier wird die Farbe fixiert.


Nun noch auseinanderschneiden und fertig! Die Quadrate sind jeweils ein Fat Quarter.


Was ich mit diesem Stoff anfange, weiß ich noch nicht, aber die Möglichkeiten, die sich mit Digitaldruck auftun, sind ja endlos: Stoffe mit Bordüren in genau der richtigen Breite und an der richtigen Stelle, auf den Schnitt abgestimmte, platzierte Muster - Kittykoma hatte vor einiger Zeit den Service eines anderen Anbieters ausprobiert und sich einen Rock aus Seide mit japanischem Muster gemacht. Da man kleine Stoffproben ziemlich günstig ordern kann, kann man vorher prüfen, wie die Farben und die Details herauskommen. Auf der gewebten Baumwolle ist der Druck wirklich gestochen scharf geworden, auch die Fineliner-Linien auf den Blättern sind genau so wie gezeichnet. Filigrane Muster sind also möglich, solange man einen feinfädigen Stoff wählt.

Ich bin gespannt, ob sich der digitale Stoffdruck unter Selbermacherinnen verbreiten wird - in der Konfektion ist die Digitaldruckwelle ja schon wieder etwas am Abflauen, nachdem so gut wie jedes Bekleidungslabel damit experimentiert hatte, und im DIY-Bereich ist es zumindest bei uns ja eher noch etwas Besonderes, den eigenen Stoff zu ordern. 

Samstag, 13. August 2016

Noch mehr Näh-Neuigkeiten und anderes


Hier mal wieder ein kurzer Zwischenbericht - lauter Schnipsel, das scheint im Moment die Form zu sein, die am besten passt in Phasen, in denen man fast jeden Morgen mit einer  neuen Katastrophenmeldung erwacht (oder schlimmer: Kurz vor dem Zubettgehen von einer neuen Katastrophenmeldung erfährt und wider besseres Wissen noch in der Nacht versucht, herauszufinden, was passiert ist).

Die sehr überarbeitungsbedürftige angefangene Viskosehose vom letzten Mal habe ich immer noch nicht aufgetrennt und gedanklich schon so gut wie verdrängt. Aus Yvonets Beschreibung entnehme ich, dass es sich bereits um ein "UFO light" handeln könnte, da die Liegezeit noch nicht sehr lang ist, ich wäre also mit der Hose schon gut bei ihrer Aktion "Ran an die UFOs" aufgehoben, in der es darum geht, jeden Monat ein unfertiges Teil fertigzustellen. Der nächste Termin ist am 31. 8., den peile ich für die Hose mal an.


Dann war ich endlich mit dem Liebsten endlich mal auf der sogenannten "Thaiwiese" im Preußenpark am Fehrbelliner Platz in Wilmersdorf. Hippe "Streetfood"-Märkte - auf Deutsch: Märkte mit lauter mobilen Imbissständen und -wagen - sind in Berlin ja seit mindestens zwei, drei Jahren aus dem Freizeitangebot nicht mehr wegzudenken. Ich kann diesen neuen Märkten nicht so viel abgewinnen, überspitzt gesagt: Mich mit vielen Leuten herumzudrängeln und anzustehen, um dann im Stehen überteuerte Imbissgerichte zu essen, entspricht nicht so ganz meiner Vorstellung von Freizeitvergnügen und auch nicht von gutem Essen.

Mit der Wiese verhält es sich aber anders: Samstag und Sonntag gibt es da bei schönen Wetter einen  informellen asiatischen Imbissmarkt - in typischer Berlin-Manier eigentlich nicht ganz legal, aber geduldet. Der Markt soll schon in den 1990er Jahren entstanden sein, als sich vor allem thailändische Familien in dem Park zum Picknick trafen, reichlich Essen mitbrachten und irgendwann dazu übergingen, neugierigen Parkbesuchern Kostproben zu verkaufen. Mittlerweile ist das wohlorganisiert, mit Müllsammeldienst und teilweise sogar Mehrweggeschirr, das eingesammelt und an einer gemeinsamen Spülstation abgewaschen wird.

Es ist schon etwas abenteuerlich, wenn thailändische Omas auf kleinen Kochern auf der Wiese frittieren oder eine Schale Nudelsuppe mit Zutaten aus vier verschiedenen Kühltaschen zusammenstellen, die in einem großen Suppentopf mit Brühe erhitzt werden. Ich glaube im ersten Moment war ich noch viel mehr von der Organisiation dieser Mini-Küchen fasziniert, als vom Essen selbst.

Ich probierte Fischfrikadellen mit Gurkenwürfeln und einer süß-scharfen Soße, die wirklich richtig scharf war, der Liebste eine scharfe Nudelsuppe, und ich habe an dem Sonntag noch sehr viel anderes gesehen, was ich unbedingt nach und nach ausprobieren möchte. Im Netz wird das Essen auf dem Markt als "genau wie in Thailand und Vietnam" gelobt, das kann ich nicht beurteilen, aber es ist auf jeden Fall nicht das irgendwie panasiatische Essen mit Bambussprossen aus der Dose, das in vielen Restaurants serviert wird. Es war nicht sehr voll, und die Atmosphäre und die Geräuschkulisse erinnerte mich ans Freibad, aber mit einer skurrilen Note, weil man hinter den Bäumen die hässlichen Bürogebäude des Fehrbelliner Platzes sehen kann. Der Ort ist - wie so oft in Berlin - einerseits total mittendrin, aber andererseits auch in eine ganz andere Welt entrückt. Wie im Freibad sollte man sich eine Decke mitbringen. In einer Parkecke (Richtung Konstanzer Straße) ist außerdem ein großer Spielplatz, an dem es auch eine Toilette geben soll, auf dem Parkplatz am Fehrbelliner Platz findet Samstag und Sonntrag bis zum frühen Nachmittag ein Flohmarkt statt. Und daneben ist das Parkcafé, wo man sich auch gut hinsetzen kann, falls einem die Stände dann doch suspekt sind (oder man, wie wir, zum Abschluss einen Espresso braucht).

Fazit: Eignet sich für einen spannenden Ausflug mit der ganzen Familie, wo für jeden etwas geboten wird.



Dann bin ich gerade dem Brioche-Stricken bzw. dem zweifarbigen Patent verfallen und habe Askews me von Stephen West angefangen. Von dem Strickmuster war ich begeistert, seitdem Monika im April dieses Tuch in hellgrau-dunkelgrau-schwarz gezeigt hatte. Das wollte ich auch, genau so! Letztlich hatte ich mich dann für schwarz-weiß-knallblau entschieden, aber da der Wollladen um die Ecke erst nicht genug weiße und schwarze Wolle vorrätig hatte und dann einen Monat in die Ferien ging, habe ich erstmal mit einem weißen und einem schwarzen Knäuel plus einem Rest angefangen. Zweifarbiges Patent ist sehr effektvoll und hat eine tolle, elastisch-voluminöse Struktur. Faszinierend, wie das Gestrickte fällt, und die Anleitung ist raffiniert, aber nicht übermäßig kompliziert, wenn man einmal den Anfang verstanden hat (ich brauchte fünf Versuche).

Die Netzfunde der letzten Zeit:

Der Brexit ist ja nach allem, was seither in der Welt passiert ist, schon fast wieder egal. Siebenhundertsachen, eine ausgewiesene Expertin für Wirtschaftsthemen, hat in den letzten Wochen zusammengefasst, welche Szenarien es für Großbritannien und die EU gibt und wie die Prognosen aussehen - detailliert, allgemeinverständlich und unterhaltsam: We are all doomed. Was Ökonomen über die Fogen des Brexit wissen. Teil 1 - Teil 2 - Teil 3 - Teil 4. In meiner Tagezeitung habe ich sowas vermisst!   

Gekaufte Produktplatzierungen, die nicht als Werbung gekennzeichnet werden, sind in Modeblogs gang und gäbe - und viele Modebloggerinnen "sehen das nicht so eng". Ein Artikel in der Welt beleuchtete, wie viel Geld da mittlerweile fließt. Im DIY-Bereich sind wir von diesen Summen noch weit entfernt, aber die Tendenz ist ähnlich.

Die McCall Pattern Company gibt die Schnittmuster von McCalls, Vogue, Kwick Sew und Butterick heraus. Ein Artikel in der New York Times gewährte einen Blick hinter die Kulissen, mit Blick in die Ateliers, wo die Schnitte für die neuen Kollektionen entwickelt werden.

Samstag, 6. August 2016

Lieblingsjacken-Klon 2.0


An das Leben als Kleidungs-Selbermacherin habe ich mich so gewöhnt, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, wie es ist, sich mit dem standardisierten Sachen in den Läden zufrieden geben zu müssen. Mein Liebster leidet eher still unter dem Angebot an buntkarierten Dreiviertelhosen, Polohemden mit Aufdruck und nicht zu vergessen unter den beigen Jacken mit tausend Taschen und reagiert mit Konsumverzicht. Und ich lasse ihn viel zu wenig (meistens nur zu Weihnachten) von meiner Näherei profitieren.

Jetzt habe ich aber immerhin einen zweiten Klon seiner alten Lieblingsjacke genäht. Um Lieblingsjacke 1.0 wiederzufinden, musste ich tief ins Blogarchiv hinabsteigen: Im Herbst 2009 nähte ich die erste Kopie der alten Lederjacke. Lieblingsjacke 1.0 aus braunem Cord war jetzt schon lange nicht mehr ansehnlich, und eine Nachfolgejacke wurde diskutiert: Der Liebste träumte nun von dunkelgrünem Cord.   


Den Wunsch zu erfüllen war nicht so ganz einfach, denn dunkelgrünen Cord aufzutreiben, erforderte mehr als einen Anlauf. Ein großes Stück Baumwoll-Feincord, den ich aus Chrissys Stofflager erwerben konnte (vielen Dank nochmal!) hatte nicht den richtigen Farbton: Der Liebste fand den Stoff "ganz schön grün", was in etwa einem Urteil wie  "das schmeckt aber interessant" entspricht. Nach Überfärben mit zwei Paketen Simplicol Dunkelgrün hatte ich aber Stoff in einem schönen tiefen, satten Tannengrün (das sich meiner Erinnerung nach gar nicht so sehr von der Ausgangsfarbe unterscheidet - leider habe ich keine Stoffprobe vom Vorher-Zustand mehr!).


Da der Feincord ziemlich leicht ist, habe ich Vorderteile, Rückenteile, Kragen und Belege komplett mit gewebter Einlage (Klebebatist) unterlegt. Die Jacke ist trotzdem viel dünner und leichter als Lieblingsjacke 1.0 und ich fürchte, sie wird keine sechs Jahre halten. 


Bei Schulterpassen und Taschenklappen ist der Cord schräg zugeschnitten, bei Knopfleisten und Taschenriegeln verlaufen die Rippen quer.


Lustig ist auch, dass ich jetzt beim zweiten Mal andere Fehler gemacht habe als bei Cordjacke 1.0 - an die ersten Fehler konnte ich mich noch gut erinnern, daher sitzt der Kragen jetzt wesentlich besser. Dafür ist die Innentasche (hier noch mit Kreidespuren) ein bißchen verunglückt. Eigentlich sollte man den senfgrünen Taschenbeutel nicht sehen - da habe ich irgendwie falsch gerechnet. Der hervorblitzende Taschenstoff gilt jetzt als Designfeature.


Und - fragt mich nicht warum - trotz Saumzugabe waren die Ärmel des Futters etwa 5 mm zu kurz, die Ärmel verzogen sich seltsam. Ich konnte das Futter an den Manschetten einfach nicht noch knapper annähen, das wäre vermutlich sehr schnell ausgerissen. Den entscheidenden Zentimeter gewann ich durch ein Webband, das ich zuerst rundherum an die Nahtzugabe der Manschetten steppte und daran dann von Hand das Futter ansäumte. Jetzt passt es genau.


Hier noch die Rückenansicht - das Schöne an dem Schnitt sind die vielen Unterteilungen, die im Rücken eine leichte Taillierung bewirken.

Da, wie gesagt, der Cord nicht der Haltbarste zu sein scheint, denke ich jetzt schon über eine Lieblingsjacke 3.0 aus Pfeffer-und-Salz-Tweed oder Fischgrat-Tweed nach, die nicht erst im Jahr 2022 umgesetzt werden sollte. Eine Tweedjacke, die nicht aussieht, als müsste man Pfeife und Backenbart dazu kombinieren, ist nämlich auch einer der Kleidungswünsche, die hier öfter diskutiert werden und die ja im Prinzip erfüllbar sind.

Bis dahin schaue ich zur Inspiration mal bei Monika, die beim Herrmann im August sammelt, was in letzter Zeit so für Männer genäht wurde.