Mittwoch, 30. November 2016

Mit Eisen-Cardigan zum Weihnachtsmarkt (und zum MeMadeMittwoch)


Es ist doch schön, wenn ein Plan funktioniert und wenn ein fertiges Strickteil gleich den zugedachten Platz als Lieblingsstück ausfüllen kann. Der Eisen-Cardigan, den ich beim Herbstjacken-Knitalong von Frauenoberbekleidung und Luise anfing, ist seit etwa zwei Wochen fertig - den Termin für das zweite Finale schaffte ich trotzdem nicht, da lag die Jacke noch feucht auf der Wäscheleine, und an Fotos abends in der Wohnung ist ja zur Zeit nicht zu denken. Nach dem letzten Zwischenstand hatte ich die Jacke wirklich noch einmal von unten her aufgeribbelt, neu gestrickt und um etwa 4 cm verkürzt.


Das Strickmuster (kostenlos bei knitty) gefällt mir sehr gut, die Jacke ist nahtlos und federleicht. Ich habe Drops Alpaca in lodengrün mit 3,5 er Nadeln verstrickt und für Größe M knapp 400 Gramm gebraucht. Besonders schön ist der große Kragen, das gezopfte Rippenmuster sieht auf beiden Seiten gleich aus. 


Die Jacke hat keinen Verschluss, die Vorderteile fallen locker nach unten und bilden längere Zipfel,  im Rücken geht die Jacke nur etwas über die Taille. Dass man sie nicht schließen kann, stört mich bisher nicht - bei richtigen Minusgraden ist das vielleicht nicht so praktisch.  


Der Laserblumenrock passt wunderbar dazu, ich hätte nicht gedacht, dass das schrille Muster auch mit anderen Farben als Schwarz geht. 

Die Fotos entstanden am Sonntag in Wilmersdorf auf dem Weg zum Weihnachtsmarkt der dänischen Gemeinde in Berlin. Das war mal wieder ein interessanter Ausflug in eine der Berliner Parallelwelten: Wenn man mit der U-Bahn vom Fehrbelliner Platz kommt, einer häßlichen Verkehrsschneise, die an drei Seiten von klotziger Naziarchitektur (hinter mir zu sehen) und einem Bürogebäude aus den 1970ern eingefasst wird, ist man überrascht, in der zweiten Reihe dahinter ein kleines Villenviertel vorzufinden. 

Der dänische Weihnachtsmarkt ist ganz klein, im Gemeindesaal und um die kleine dänische Kirche herum, ein Treffpunkt für die in Berlin lebenden Dänen. Im Gemeindesaal steht eine Kühltheke mit Smørrebrød, im Hof ein paar Marktstände mit rot-weiß-gestreiften Markisen, es gibt Glühwein mit Mandeln und Rosinen, kugelige Aebleskiver, Lakritze, Adventskalenderkerzen, Weihnachtsschmuck und dänisches Porzellan (und exzellente Schweinebratenbrötchen: ein leicht getoastetes fluffiges Brötchen, ähnlich wie ein Hamburgerbrötchen, mit etwas Mayonaise, belegt mit warmem Schweinebraten, einem Klacks Rotkohl und den süßsaueren eingelegten Gurken, die man von Hotdogs kennt. Eine köstliche Kombination!!). 

Hier noch kurzgefasst die technischen Daten der Bekleidung:

Jacke:
Eisen Cardigan nach Anleitung von knitty.com in Größe M
etwa 400g drops Alpaca, verstrickt mit Nadelstärke 3,5
Rock: 
121 aus Burdastyle 3/2013, feine Viskose mit Digitaldruck
mehr dazu hier.

Mehr selbstgemachte Kleidung findet man heute hier beim MeMadeMittwoch.
 

Sonntag, 27. November 2016

Stoffspielerei mit Stoffresten im November - und eine Anleitung für eine Minibörse


Willkommen zur Stoffspielerei heute, der monatlichen Aktion für textile Experimente. Ich hatte das Thema "Stoffreste" vorgeschlagen: Alle haben sie, die meisten Nähenden heben sie auf, nur wenige verwenden sie tatsächlich. Man denkt sich ja bei jedem Stoffrest, "ach, da nähe ich später noch was Schönes draus, was Kleines zum Verschenken, Kosmetiktaschen, Patchwork oder so" - und sehr bald stapeln sich die Restekisten oder in meinem Fall: die prall gestopften Plastiktüten.  


Ich habe mich daher für diesen Beitrag zwei Aspekten der Resteproblematik gewidmet:

1. Patchwork oder so
2. kleinen Dingen zum Verschenken, konkreter: einem Mini-Portemonnaie nach dem Prinzip der Portemonnaies aus Tetrapaks, dafür gibt es auch eine Anleitung.

Da aber gerade der Anleitungsteil ziemlich lang ist, hier gleich die Beiträge der Mitspielerinnen in diesem Monat:

Von Ines von den Nähzimmerplaudereien habe ich vorab einen Link geschickt bekommen, sie hat mehrere kleine Dinge genäht und ich bin selbst gespannt, was sich hinter dem Link zu Ines' Beitrag verbirgt.  

Von Griselda (Machwerk) gibt es eine Anleitung für ein Handgelenksnadelkissen, auch toll zum Verschenken für nähende Freundinnen (wobei es gefährlich zu sein scheint, sich an diese Nadelkissen zu gewöhnen).

Siebensachen zum Selbermachen zeigt einen Schal aus Walkresten und experimentiert mit Perlen aus Stoff - eine tolle Idee für kleinste Reste besonderer Stoffe.

In der Galerie der Handarbeiten gibt es Hausschuhe - und die Patchworkhäuschen aus lauter Resten von Bettwäsche und anderen Stoffen, ein Langzeitprojekt, sind sehenswert. Stöbert auf der Seite mal ein bißchen herum, Annelies macht spannende Sachen!

Ute (Textile Werke) zeigt einen Quilt aus Hemden, T-Shorts und Boxershorts - und ihre Beschreibung des eichhörnchenmäßigen Sammelns von Stoffen und Resten kommt mir sehr bekannt vor.

Suschna vom Blog Textile Geschichten setzte sich mit Improviationspatchwork à la Sherri Lynn Wood auseinander - das allein wäre auch mal ein gutes Thema für eine Stoffspielerei.

Auch Floh hat improvisiert gepatcht und zeigt, wie ein Crazy-Patchwork-Streifen für einen Teekannenwärmer gemacht wird.

Petra (Petozi) verarbeitet einfach alle Reste aus einer Farbrichtung zu einem kreuz- und quer zusammengesetzten Patchwork, bis der neue Stoff groß genug für eine Kissenhülle ist.

Inselsommer nähte plastische Sterne aus Resten, gut als Geschenkanhänger oder Weihnachtsdeko. 

Ute (123-Nadelei) zeigt einen schwarz-weißen Kissenbezug aus Resten und hat auch früher schon viel Restepatchwork genäht.

Mond (bimbambuki) nähte einen Muff aus Stoffresten - möglicherweise ein altmodisches Accessoire, aber im Smartphone-Zeitalter sehr praktisch!

(Die Stoffspielereien pausieren im Dezember, die nächste Spielerei ist am 29. Januar, Gastgeberin ist Ines (Nähzimmerplaudereien) mit dem Thema "Ecken und Kanten". Am 26. Februar sind die Stoffspielereien bei Karen zu Gast.)

Patchwork aus Resten

Stoffreste zu Patchwork verarbeiten, das klingt so einfach, aber wer jemals versucht hat, die Stücke aus der Restetüte durch mehr oder weniger zufälliges Zusammennähen zu einem neuen Stück Stoff zu verarbeiten, weiß, das scheinbar spontanes Restepatchwork alles andere als einfach ist, wenn das Ergebnis ansehnlich aussehen soll. Nach einem Geheimrezept der Farb- und Musterzusammenstellung hatte ich hier im Blog früher schon öfter gesucht: 2011 faszinierten mich die Stoffzusammenstellungen Suzuko Kosekis (hier und hier), wobei ich nie übers Nachahmen hinausgelangte, 2013 nähte ich eine gesteuert-zufällige Decke aus Wollstoffresten, die mir immer noch sehr gut gefällt. Das Geheimnis hierbei: Eine Vorauswahl der verwendeten Farben und ein einfaches Prinzip, das die Anordnung der Stoffstücke bis zu einem bestimmten Grad steuert.  


So ein Prinzip habe ich mir auch für dieses Projekt gegeben, das nach und nach mit Resten aus der Restetüte genäht wird: Die Grundquadrate sind 10x10 cm groß und immer aus hellblauem Stoff (alte Oberhemden), dieser Stoff ist bei jedem Quadrat in der Diagonale sichtbar. Von der Mitte ausgehend werden abwechselnd rote und blaue oder weiße Reststreifen überlappend aufgenäht, bis das Quadrat gefüllt ist.

Bei der Meisterin des gelungenen improvisierten Quiltens, Sherri Lynn Wood, gibt es viele Beispiele für Restequilts. Sie vergleicht diese Art des Quiltens mit der Improviation im Jazz: Melodieschnipsel werden variiert und wiederholt, wodurch das gesamte Stück, trotz aller Freiheiten, eine gewisse Struktur und Einheitlichkeit behält.     


Dieser Versuch der Resteverwertung lebt schon sehr lange selbst in der Restetüte, es sind die Anfänge eines auf Papier genähten Patchworks, das Muster heißt New York Beauty. Grundsätzlich ist Paperpiecing, auf Papier genähte Muster, sehr gut für Stoffreste geeignet, man braucht immer nur kleine Stücke.

Das Nähen erfordert allerdings einen Grad von Frickelei, den ich bei so einem Nebenher-Projekt nicht lange durchhalte, wie man sieht. Mit den Kreissegmenten mit sechs sehr dünnen, langen Spitzen habe ich mich einfach übernommen, es dauert ewig, bis bei mir so ein Teilchen (12 cm Kantenlänge!) fertig ist. Wie New York Beauty-Quilts aussehen (mir würde ja schon ein Kissenbezug reichen) sieht man auf der Quiltseite von Ula Lenz, dort gibt es auch Vorlagen für viele verschiedene New York Beauty-Blöcke.

Ein Mini-Portemonnaie nach dem Milchtütenprinzip



Ein Hintergedanke bei meiner Themenwahl für diese Stoffspielerei war ja auch, dass man Ideen und Anleitungen für kleine Dinge sammelt, die sich jetzt noch ohne großen Materialaufwand nähen und verschenken lassen. Ich habe mich dabei vom Konstruktionsprinzip der kleinen Börsen aus Tetrapaks inspirieren lassen, die man auf vielen Upcycling-Seiten im Netz findet. Wie die zwei inneren Abteilungen entstehen, die sich auffächern, ist einfach, aber nicht offensichtlich (jedenfalls für Menschen, die nicht so viel selbermachen), sowas ist immer gut zum Verschenken. Die fertigen Börsen sind 9x7 cm groß, die üblichen Karten passen hinein.


Material:

2 Stoffreste für Außenstoff und Futter, jeweils 20x20 cm. Für das Futter am besten Baumwollstoff, außen kann man auch andere Stoffe nehmen (Wollstoffe, Cord, Jeans, Seide, Brokat), solange sie nicht zu dick sind.
Rest Vlieseline H250 oder andere festere Bügeleinlage, etwa 20x20 cm
passendes Nähgarn
1 Druckknopf

Für das Schnittschema: 1 Blatt Papier, Geodreieck, Bleistift


Zuerst den Schnitt zeichnen und ausschneiden, er passt auf einen A4-Bogen: Die drei großen Rechtecke sind jeweils 9x6 cm groß, kleinen rechts und links 4,5x6 cm. Das Schnittmuster ist ohne Nahtzugabe.

Die Umrisse des Schnitts mit Bleistift auf die nicht-klebende Seite der Bügeleinlage übertragen und mit 1 cm Nahtzugabe rundherumzuschneiden.


Die Einlage auf die linke Seite des Stoffs bügeln, der später außen liegen soll und ausschneiden. Den Futterstoff ebenfalls nach dem Schnitt 1 cm Nahtzugabe zuschneiden.


Das verstärkte Teil und das Teil für das Futter aufeinanderlegen, die rechten Seiten liegen innen. Mit Stecknadeln feststecken und entlang der oberen Kante - um die Ecke um die Klappe herum - und entlang der unteren Kante steppen, auf dem Foto habe ich die Nähte nachgemalt. Ich finde die folgenden Schritte einfacher, wenn man die Nahtzugaben am Anfang und am Ende nicht mitnäht. Die Nähte am Anfang und Ende jeweils gut verriegeln.


Nahtzugaben etwas zurückschneiden, an den inneren Ecken bei der Klappe bis kurz vor die Naht einschneiden, bei der äußeren Ecke der Klappe die Nahtzugabe schräg wegschneiden.


Das Teil bildet jetzt quasi einen Schlauch - den linken Teil des Schlauchs nach innen stülpen, so dass rechts an der offenen Kante Futterstoff auf Futterstoff und Oberstoff auf Oberstoff liegt, jeweils mit den rechten Stoffseiten aufeinander.


Die beiden Lagen in der angezeichneten Nahtlinie aufeinanderstecken - das ist übrigens der gleiche Nähschritt wie beim Nähen eines Loopschals.

Auf der Außenstoff-Seite des Schlauchs eine Wendeöffnung lassen. Beim Nähen also auf der Außenstoffseite, kurz vor der Naht beginnen, die Futterstoffseite nähen, über die Naht und auf der Außenstoffseite die Naht verriegeln. Wenn man das Nähfüßchen auf der Innenseite des Schlauchs laufen lässt, kommt man überall hin.

Das Taschenteil wenden, die Ecken z. B. mit einem Essstäbchen herausholen und das Teil gut bügeln.


Die Tasche kann man jetzt schon erkennen: Man erhält einen verstürzten Schlauch, der oben und unten offen ist. Die Wendeöffnung kann offen bleiben, man sieht sie später nicht mehr. Wenn euch die Lücke stört, könnt ihr die Naht aber mit ein paar Handstichen schließen.


Die Kanten oben und unten knapp absteppen.


Die Tasche plattbügeln, beim unteren, schlauchförmigen Teil die Mitte markieren und mit einem auswaschbaren Stft oder Kreide eine waagerechte Linie einzeichnen - 6 cm von der unteren Kante entfernt.


Entlang dieser Linie durch alle Lagen nähen, dabei 1-2 cm im Teil anfangen, ein Stück rückwärts nähen, dann vorwärts bis zum Ende und dort wieder ein Stück rückwärts nähen.


Die Tasche entlang der eben genähten Naht falten - die zwei Fächer entstehen. Die beiden inneren Lagen aufeinanderstecken und ein paar Zentimeter aufeinandernähen.


Am Unauffälligsten ist das, wenn man noch einmal auf der Absteppnaht entlangnäht. Die Klappe und die vordere Wand der Tasche muss man gut aus dem Weg halten - das ist unter der Maschine ein bißchen fummelig.


Geschafft! Jetzt nur noch einen Druckknopf anbringen, am besten erst das obere Teil des Druckknopfs mittig auf der Klappe befestigen und dann anzeichnen, wo das untere Teil hin muss.


Viel spaß mit der Anleitung, fragt bitte, falls noch etwas unklar ist.

Donnerstag, 17. November 2016

Weihnachtskleid-Sewalong I: So viele inspirirerende Stoffe!

Dem Weihnachtskleid-Sewalong im MeMadeMittwoch-Blog fiebern viele Selbermacherinnen jedes Jahr entgegen: Gemeinsam in der Vorweihnachtszeit an einem Kleid oder einem anderen Projekt zu nähen und so in der hektischen Zeit auch ein bißchen was für sich selbst zu tun, können wir alle gut gebrauchen. Ich habe eine sehr schlechte Weihnachtskleid-Fertigstellungs-Bilanz, aber nun werde ich es mal wieder versuchen. Nach dem sehr arbeitsreichen Jahr (das noch nicht ganz zuende ist) habe ich gerade sehr das Bedürfnis, die Zugbrücke hochzuziehen und für einige Zeit Kopf- und Kreativarbeit sein zu lassen.


Das ist fast das einzige überlieferte Foto eines Weihnachtskleides mit mir, das Kleid von 2011. Floh, Wiebke und ich machten die Bilder für das Finale gemeinsam vor einem riesigen Weihnachtsbaum bei Dussmann und gingen danach noch Kaffeetrinken, was sehr lustig und schön war, weil wir uns gerade erst ganz frisch in dem Jahr (oder im Jahr davor?) kennengelernt hatten. Ob wir es schaffen, das dieses Jahr zu wiederholen, ob Floh vielleicht doch noch mitnäht? 

Aber heute geht es ja erst einmal um Planungen, um mögliche Stoffe und Schnitte. In den letzten Jahren sammelten sich sogar einige festliche Stoffe in meinem Lager an und ich gehe einfach so vor, dass ich nach passenden Schnitten zu meinen Stoffen suche.
 

Da ist einmal 1,50 m schwarz-dunkelvioletter, fester Jacquard.  Ein enger Rock daraus wäre schön, zum Beispiel der enge Wickelrock 115 aus Burda 2/2016. Der Schnitt tauchte im Frühjahr mehrmals beim MeMadeMittwoch auf, daher bin ich optimistisch dass er gut funktioniert.

Dann ergatterte ich vor einiger Zeit sehr günstig einen hochwertigen Rest Pannesamt: Der Stoff besteht aus Viskose und Seide mit ein wenig Nylon und wirkt wie geschmolzenes Silber. Leider ist das Stück nur 0,90 mal 1,10 m groß (1,10 ist die Stoffbreite), so dass die Möglichkeiten sehr, sehr beschränkt sind. Ein ärmelloses schmales Oberteil würde zwar auf dem Stoff passen, aber das gehört zu den Sachen, die ich fast gar nicht tragen würde. Am liebsten würde ich den Stoff zu einem Rock verarbeiten, vielleicht kombiniert mit grauem Wollstoff. Mir war so, als hätte es mal einen Burda-Heftschnitt für einen schmalen Rock mit einem viereckigen Einsatz auf Vorder- und Rückseite gegeben, aber das muss ich noch recherchieren. (Vielleicht habt ihr eine Idee?)


Dann besitze ich seit gut zwei Jahren etwa 2,20 m leicht elastischen schwarzen Paillettentüll. Meine Entschuldigung damals: Der Stoff war auf dem Markt so billig, dass es Quatsch gewesen wäre, ihn nicht zu kaufen. Jetzt wünschte ich, ich hätte etwas mehr davon, denn der Stoff wäre - mit schwarzem Jersey unterlegt - genau richtig für einen sehr bequemen, aber glitzernden Maxirock, zum Beispiel Rock 106 aus Burda 9/2014. Aber ich bin optimistisch, dass ich mit Zuschnitttetris einen langen Rock aus dem Stoff herausbekomme, vielleicht mit einem anderen Schnitt und auf jeden Fall ohne Schleppe. 

Zuletzt verliebte ich mich beim Nähwochenende in einen Schnitt, in 111 aus Burdastyle 2/2014, ein kurzes Oberteil mit eckigem Ausschnitt und Rüschenabschluss an den Ärmeln. Yvonet (die dieses Jahr auch diesen Sewalong moderiert) hatte den Schnitt mit einigen kleinen Änderungen aus kräftigem Strickstoff genäht: Den hinteren Ausschnitt höher gesetzt, die Ärmel verlängert - und dieser kleine, verspielte Pullover sah einfach entzückend aus. Ich durfte ihn anprobieren und sah darin nicht ganz so entzückend aus wie Yvonne, aber doch hinreichend gut, um diesen Schnitt auch nähen zu wollen, ich habe nur keinen Stoff dafür. Das kurze, kastige Oberteil würde von den Proportionen her wahrscheinlich ganz gut zu einem oben schmalen langen Rock passen. Zu dem Paillettentüll hätte ich nur gerne einen deutlichen Kontrast in der Struktur.  

Das Fazit der Weihnachtskleidplanung lautet also bis jetzt: Konkrekte Pläne für zwei Röcke, unkonkrete für einen weiteren Rock, und wie immer kein Oberteil, die Oberteilschwäche lässt grüßen. Aber es sind ja noch ein paar Wochen Zeit. 

Ale Mitnäherinnen beim Sewalong versammeln sich hier und der Zeitplan findet sich hier.

Mittwoch, 16. November 2016

MeMadeMittwoch mit Morris (und komischem Gesichtsausdruck)


Bevor ich mit dem "richtigen" Blazer aus Webstoff mit Einlage, Futter und anderen Kompliziertheiten anfing, wollte ich mir beim Nähtreffen ein sicheres, schnelles Erfolgserlebnis verschaffen und schnitt daher den Morris Blazer, einen Schnitt von Grainline Studio zu. Der  Schnitt ist speziell für feste Strickstoffe, Sweat und Romanit konzipiert und wird nicht gefüttert. Glücklicherweise war Karin in der Nähe, die den Morris schon mehrfach genäht hatte, und die mich daran erinnerte, dass die Jacke Dreiviertelärmel hat. Dreiviertelärmel finde ich bei Jacken meistens unpraktisch, daher verlängerte ich die Ärmel gleich beim Zuschnitt.

Das Nähen war dann doch nicht so unkompliziert wie gedacht, weil meine Maschine zunächst den Stoff verweigerte. Nach zwanzigmal neu Einfädeln, Entstauben und Fluchen kam ich darauf, dass ein altes Röllchen Billiggarn, das sich in in den Vorrat geschmuggelt hatte, die Probleme verursachte. 


Als dieses Problem erkannt und beseitigt war, ging der Schnitt flott voran: Durch die Teilungsnaht im Rücken ässt sich die Passform gut anpassen, die Schultern musste ich etwas verschmälern. Ärmel einsetzen, Vorderteil mit dem Beleg vertsürzen - alles kein Problem. Anders als die Steppnaht, mit der der Kragen, das Revers und die unteren Spitzen knapp an der Kante entlang abgesteppt werden sollen.

Kennt ihr das, wenn man zu nähen beginnt und schon nach ein paar Zentimetern weiß, dass die Naht keine gute Idee war? Hier war das auch so, ich dachte noch im Moment des Absteppens: "Mist, hättest du das nicht getan", steppte aber trotzdem einmal rundherum. Bei so einem dicken, dehnbaren Stoff ist es fast unmöglich, den Abstand zur Kante immer exakt zu treffen, und durch die Steppnaht entstand ein beulig-blasiger Sitz des Belegs und des Kragens, kurz gesagt: Das sah alles andere als gekonnt aus.

Den Abend des ersten Tages des Nähwochenendes verbrachte ich mit dem Trennen der Steppnaht - schwarzes Garn auf schwarzem Stoff mit Struktur im Licht von Oma-Wohnzimmerlampen, so viel zum Thema "sicheres, schnelles Erfolgserlebnis".

Hier auf dem Bild kann man die Stoffstruktur genauer erkennen. Ohne Absteppung fällt der Kragen so, wie er soll, ich habe die Kanten des Vorderteilbelegs dann eingeschlagen und mit der Hand angesäumt. 

Wenn man sich meine Umwege spart und einen schon angepassten Schnitt verwendet, ist Morris tatsächlich ein schnelles kleines Nähprojekt, das sich an einem Nachmittag umsetzen lässt. Ob sich dieser Blazer mit dem Tragegefühl einer Strickjacke gut in meine Kleidungsgewohnheiten einfügen lässt, muss sich noch zeigen. Es ist merkwürdig: Ich liebe ja Stricksachen (also selbstgestrickte Jacken oder gekaufte Feinstrickpullover), aber selbstgenähte Teile aus Strickstoffen sind bei mir noch nie in die Liga der Lieblingssachen aufgestiegen, egal um welchen Schnitt es sich handelte. Ich werde ein paar Kombinationsmöglichkeiten ausprobieren und berichten.

Alle Mittwochs-Outfits heute wieder neu im MeMadeMittwoch-Blog, der Sammlung für selbstgemachte Kleidung - heute mit Gastbloggerin Himmel* und Zwirn in einem von Lena Hoschek inspirierten Kleid.  


Zusammenfassung Schnitt und Stoff:

Schnitt Oberteil:
Morris Blazer, Grainline Studio, Größe 10, an der Rückennaht angepasst, Schultern 1,5 cm verschmälert, Ärmel 4 cm verlängert. Kragenkante nicht abgesteppt, sondern Beleg und Kragen mit Handstichen unsichtbar befestigt.
Material: Fester romanitähnlicher Strickstoff mit Struktur, etwa 1,70 m, Kragen und Belege mit dünner schwarzer Vlieseinlage verstärkt.

Rock: 105 aus Burdastyle 8/2014, der Stoffwechselrock, Details hier.

Sonntag, 13. November 2016

"Am Rockzipfel": Neue textile Redensarten von Suschna (Textile Geschichten)


Sie hat es wieder getan! Susanne - Suschna - hat wieder ein Buch zu textilen Redensarten gemacht und dieses Mal alle Redensarten im Zusammenhang mit Kleidung und Stoffen gesammelt. Über 400 Wendungen hat sie gefunden und in dem Band "Am Rockzipfel" sehr unterhaltsam erläutert und in einen kulturgeschichtlichen Zusammenhang eingeordnet. Wer also schon immer wissen wollte, warum man etwas aus dem Ärmel schüttelt, ob an der populären Herleitung  der "Fisematenten" aus der Napoleonischen Zeit etwas dran ist, warum man einen Rechner bootet, jemandem etwas abknöpft oder was ein Schönfärber ist, der braucht Susannes Buch.


Das Buch hat das gleiche Format und den gleichen edlen Umschlag aus mattem Papier wie der erste Band, ein rosa Lesebändchen und dunkelrotes Vorsatzpapier. Die Illustrationen hat Susanne diesmal alle selbst gemacht, surreale Collagen aus Versatzstücken alter Kleidungs- und Wäschekatalogen.


"Am Rockzipfel" ist ein wunderbares, kleines Buch geworden, auf schönem Papier, das gut in der Hand liegt. Hier bei Susanne kann man einige Beispielseiten genauer betrachten und das Buch bestellen. Es eignet sich auch hervorragend als Geschenk für Menschen, die an Textilien, Kleidung oder Sprache interessiert sind. Ich finde es sogar noch unterhaltsamer geschrieben als Susannes erstes Textilbuch "Verflixt und Zugenäht" vom letzten Jahr, wenn ich das als volkommen voreingenommene Erstlektorin sagen darf!


Susanne Schnatmeyer:
Am Rockzipfel. Redensarten rund um Kleidung und Stoff
Berlin 2016
160 Seiten mit 15 Illustrationen

ISBN 978-3-00-052981-8
16,- Euro

Bei Susanne direkt bis 31. 12. 2016 portofrei bestellbar, oder im Machwerke-Shop, im Buchhandel, oder bei amazon

Ergänzung: Und neuerdings auch in unserem eigenen Onlineshop.


Es ist natürlich nach wie vor viel Arbeit und ein Wagnis, ein Buch auf Papier drucken zu lassen und sich um den Versand und den Vertrieb selbst zu kümmern. Dass Susanne es noch einmal eingegangen ist, ist vor allem eurer Unterstützung, liebe Blogleserinnen und Buchkäuferinnen, zu danken.

Als ich letztes Jahr mit Susannes Buch "Verflixt und Zugenäht" bei Nähbloggerinnentreffen unterwegs war, aber auch wenn ich es in meinem nicht ganz so textilaffinen Umfeld zeigte, bekam ich so viel ermutigende Begeisterung zu hören, nicht nur konkret auf das Buch und seinen Inhalt bezogen, sondern auch generell für den Mut, ein Buch selbst zu machen, komplett, ohne Netz und doppelten Boden. Danke dafür. Mir gefällt der Gedanke, dass wir als Selbermacherinnen uns nicht nur Kleider und Mäntel auf einem sehr hohen Niveau selbermachen können, sondern auch die Bücher, die uns fehlen, die für die großen Verlage vielleicht zu klein sind, die aber Textilliebhaberinnen interessieren. Ich hoffe daher sehr, dass "Am Rockzipfel" nicht Suschnas letztes Textilbuch gewesen sein wird. 

Den ersten Band "Verlixt und Zugenäht. Textile Redewendungen gesammelt und erklärt" gibt es übrigens wieder, nachdem er einige Zeit vergriffen war.
  

Samstag, 12. November 2016

Auf meinem Nähtisch: Möglicherweise was mit Selbstüberschätzung (Blazer 112, Burdastyle 2/2015)

Mein neues Nähprojekt ist anspruchsvoll, mit einem Anflug von Selbstüberschätzung: Ein langer taillierter Blazer (Nr. 112) mit schmalem Revers und großen Taschen aus Burdastyle 2/2015, das Titelmodell. Ich brauche ab und zu eine Herausforderung beim Nähen, um mich nicht zu langweilen  - aber ich bin noch nicht sicher, ob das hier was wird.


Ich bin da echt pingelig: Revers und Passform darf auf keinen Fall ungekonnt selbstgenäht aussehen, sonst ziehe ich das nicht an, das weiß ich jetzt schon. Bei Mänteln finde ich es nicht so kompliziert, einen guten Kragen hinzukriegen, weil der dickere Wollstoff, mit dem man näht, eine Menge verzeiht und sich meistens alles irgendwie hinbügeln lässt. Zur Not wickelt man sich einen dicken Schal um, und damit ist die Kragenproblematik gelöst! Bei Blazern geht das nicht ganz so gut, und Revers, Kragen, Schultern fallen viel mehr ins Auge, das sollte schon einigermaßen perfekt werden, zumindest ist das mein Anspruch. Und wie alles beim Nähen ist es auch Übungssache, deshalb ist es sinnvoll, ab und zu Blazer zu nähen, nur so können sie irgendwann richtig gut werden.


Mein Stoff ist ein dünner dunkelblauer Wollstoff mit einer Art Nadelstreifen, der sich sehr gut in Form bügeln lässt. Ich habe bisher nur die Schnittteile für Vorder- und Rückenteile zugeschnitten und mache mich an die Ärmel, wenn der Korpus und das Armloch gut sitzen, dann kann ich noch mal in Ruhe über die Streifenverteilung meditieren.

Etwas geknittert nach dem Transport im Koffer, zurück vom Nähwochenende

Bisher sieht die Sache ganz vielversprechend aus: Die Größe 38 passt im Prinzip, nur dass die Schultern wie immer bei Burda etwas breit sind. Über die Teilungsnähte kann ich noch einen Tick Weite im Brustbereich zugeben, den Rücken muss ich über die Mittelnaht noch ein bißchen anpassen. Die Nahtlinien habe ich mit Heftgarn durchgeschlagen, was gar nicht so schrecklich zeitraubend ist (gibt es Interesse an einem Tutorial dazu?). Der große Vorteil ist, dass die Markierungen auf jeden Fall sichtbar bleiben, auch nach fünfmal nähen und wieder auftrennen. Bei langwierigen Projekten mache ich das fast immer, wenn ich nur mit Kreide oder anderen Stiften markiert hatte, habe ich mich letztlich zum Schluss immer geärgert, nicht die Zeit investiert zu haben. (Ehrlicherweise muss ich aber zugeben, dass man von den Heftgarnmarkierungen manchmal sehr lange etwas hat: Meistens entdecke ich in langweiligen Situationen, im Bus oder so, noch Fäden, die ich beim Herauszupfen übersehen hatte.)

Die Schultern sind anscheinend für ziemlich mächtige Schulterpolster konzipiert, dafür bin ich noch nicht (wieder) bereit, die Schulterschräge werde ich also auch anpassen müssen. Im Moment sinniere ich darüber, ob ich die vordere Kante und die Reversecke mit aufbügelbaren Einlagestreifen von der Rolle (von Stoff&Stil) verstärken soll. Die Einlage hatte ich erst vor zwei Tagen mitgenommen und etwas Weicheres erwartet - in etwa wie Vlieseline H180 - die Streifen erinnern aber eher an H250, sind also papierähnlich steif. Ich halte euch auf dem Laufenden - das wird hier etwas läger dauern!