Samstag, 25. November 2017

Weihnachtskleid pragmatisch: Ein Plan, ein Stoff, ein Kleid

Vorweihnachtszeit ist Weihnachtskleidzeit, und so gibt es auch dieses Jahr ein gemeinschaftliches Weihnachtskleidnähen in der Nähbloggerinnencommunity. Ich habe schon in einigen Jahren mitgenäht, aber nur eine recht geringe Erfolgsquote vorzuweisen. Weihnachtszeit ist eben auch Jahresende, und neben Geschenke-Nähen und Besinnlichkeit bedeutet das meistens auch einen Berg noch zu erledigender Dinge. Ich bin dann meistens froh, wenn ich Weihnachten irgendwie in den Sessel fallen kann und alle Geschenke fertig geworden sind. Den Stapel mit den für Weihnachtskleidung vorgesehenen Stoffen und Schnitten räume ich dann nach Weihnachten beschämt vom Bügelbrett.

Dieses Jahr versuche ich es mal mit kluger Beschränkung: Ein ungefüttertes Kleid mit wenigen Schnittteilen habe ich mir ausgesucht, nämlich "Lora" aus La Maison Victor 9/10 2015, ein locker sitzendes Kleid mit Taschen. Die Version von Dana Feinstöfflich hatte mir letztes Jahr besonders gut gefallen, und im Mai zeigte Yvonet ein geblümtes Kleid nach dem Schnitt, das meine Erinnerung an den Schnitt erneuerte.

Außerdem brachte ich durch Yvonnes Stoffwahl  auf einmal einen Stoff aus meinem Lager mit dem Schnitt in Verbindung, und zwar einen recht festen, stretchigen Baumwollsatin mit einem wie aquarelliert wirkenden Blumenmuster auf schwarzem Untergrund.

Den Stoff hatte ich mittlerweile schon als "schwierig" gedanklich wegsortiert, weil er viel Stand hat, während die gerade aktuellen Schnitte meistens dünnere und fließendere Stoffe verlangen. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, den kräftigen Satin ein paar Jahre wegzulegen, bis sich die Kleidungssilhouette mal wieder grundlegend geändert hat. Aber zu Lora passt der Stoff genau, und Dank Yvonne konnte ich jetzt auch die Transferleistung vollbringen, mir den Schnitt aus einem gemusterten Stoff vorzustellen.

Das ist also der Plan für das Weihnachtskleid 2017. Meinen etwas planlosen Plan von 2016 - einen üppigen Paillettenrock mit Blüten aka "Dior für Arme"- habe ich aber noch nicht aufgegeben.

Übers Jahr hatte ich immer mal wieder zufällig die beiden Stoffe in der Hand - einen Viskosejersey mit grau-gelben hingeklecksten Blüten und einen stretchigen schwarzen Pailettentüll. Die Idee von Weihnachten 2016, die beiden Stoffe doppellagig zu einem Maxirock zu verarbeiten, und die obere Lage aus Tüll mit weiteren Pailetten zu verzieren, gefiel mir mit jedem Mal besser und besser.

Ich versuche, das als Langzeitprojekt im nächsten Jahr umzusetzen. Der Maxirockschnitt 106 aus Burdastyle 1/2016 erscheint mir im Moment geeigneter, als der Schnitt, den ich letztes Jahr vorgesehen hatte, denn die seitlichen Einsätze könnten aus festem Stoff gemacht werden. Oder doch ein langer, angekräuselter Rock? Darüber muss ich noch nachdenken und mal ein bißchen mit den Stoffen drapieren.


Dieser Pullover aus dem Brigitte-Kreativ-Heft 4/2017 gefällt mir auch sehr gut und passt zum Thema "Weihnachten einfach nur in den Sessel fallen", es ist allerdings vollkommen illusorisch, dass ich sowas in den Wochen bis Weihnachten noch fertigstellen könnte. Die Perlen sind alle aufgestickt. Eine Idee, die ich ebenfalls im Hinterkopf behalte. Wenn ich im Sommer anfange, könnte er Weihnachten 2018 fertig sein!

Den Stand der  Weihnachtskleidnäherei gibt es hier im MeMadeMittwoch-Blog.

Donnerstag, 23. November 2017

Menschen, Maße, Materialien und eine alte Feuerwache: Das Nähbloggerinnentreffen in Köln

Als ich mit dem Nähbloggen anfing hätte ich ja nie gedacht, dass ich deswegen eines Tages quer durchs Land fahren und an einem Samstag um Sieben aufstehen würde, um mit fünfzig anderen Frauen einen Tag lang Stoffproben anzuzünden. Aber genau das war das Programm am letzten Wochenende, bei Nähbloggerinnentreffen in Köln, perfekt organisiert von Brigitte (Overluck), Antje (Machen statt kaufen), Susi (Alle Wünsche werden wahr) und Bele.

Samstag war grau, aber wir waren kaum draußen

Ich reiste schon am Freitag an und traf zuerst Bele, denn wir sollten am Samstag zwei Workshops zu Stoffen und Materialien - "Stoffe nicht nur lieben, sondern kennen" - geben, und hatten das zusammen in dieser Konstellation noch nie gemacht. Wir stellten aber schnell fest, dass wir beide endlos über Stoffe reden könnten. Beim Vor-Treffen in einem Café mit denen, die schon angereist waren, schlug dann bei mir die Müdigkeit nach einer ohnehin schon sehr vollen Woche zu - und ein bißchen nervös war ich wegen der bevorstehenden Workshops auch.

Vor dem Workshop: Garne und Stoffproben liegen bereit

Bei den Workshops - die nicht zuletzt wegen der vielen, interessierten Fragen super waren - erzählte Bele über Fäden und Bindungen und welche Auswirkungen ihre Eigenschaften auf die Eigenschaften des Stoffes haben. Sie hatte einen Satz Fadenzähler besorgt, so dass die Stoffproben, die wir mitgebracht hatten, ganz genau betrachtet werden konnten. Das war der Hit im Workshop, und im Grunde braucht jeder Näh-Haushalt so ein Gerät - einfach nur, weil es großen Spaß macht. Man kann alles zwischen sehr wenig und sehr viel Geld für so einen Fadenzähler ausgeben, die Organisatorinnen hatten sich für diesen mit Beleuchtung entschieden. Außerdem gab es eine Auswahl Fäden mit unterschiedlichem Aufbau zum Anschauen und Auseinandernehmen, die Bele bei einem belgischen Garn-Spezialversand bestellt hatte, den man hier findet. Die Shopbetreiber entwickeln unter anderem spezielle Garne für Modedesigner, und was von diesen Produktionen übrig bleibt, wandert dann ich den Shop, wenn ich das richtig verstanden habe.

Stoffe muss man fühlen, nicht nur sehen

Zuletzt gings ans Zündeln, erst mit Stoffproben mit bekannter Zusammensetzung, dann kamen die unbekannten Stoffe an die Reihe. Jede Faser brennt auf eine charakteristische Weise ab, mit einem bestimmten Tempo, einem bestimmten Geruch, einer bestimmten Flamme, es bleibt unterschiedlich viel übrig - wer mein Stofflexikon "Stoff und Faden" schon angeschafft hat, hat es da bestimmt gelesen, es gibt aber auch im Internet allerlei Tabellen, wie sich die Stoffe beim Abbrennen unterscheiden.

Ein Fadenzähler gehört in jeden Haushalt

Nur lesen bringt da aber gar nichts - man muss es ausprobieren, Stoffe vergleichen, und so bekommt man langsam ein Gespür dafür, worauf man achten muss. Nehmt euch das Buch vor, und zündet erstmal ein paar Stoffe an, bei denen ihr sicher wisst, worum es sich handelt. Damit könnt ihr dann Stoffe vergleichen, bei denen ihr nur annehmt, es könnte "irgendwas mit Wolle" sein. Manchmal kommt man nicht weiter, weil verschiedene Fasermaterialien schon im verwebten Garn miteinander verarbeitet wurden und man sie nicht mehr trennen kann; auch das Unterscheiden verschiedener Kunstfasern finde ich schwierig (oder ich habe einfach noch nicht genügend Vergleichsmaterial gesammelt!) - aber ob es sich hauptsächlich um eine Naturfaser oder um Kunstfasern handelt, kann man eigentlich immer herausfinden, und auch das ist ja schon mal nützlich. Wir konnten auf diese Weise zum Beispiel feststellen, dass ein mysteriöser doppellagiger Stoff vom Fabrikverkauf bei Rene Lezard aus Naturfasern aus Zellulose bestehen muss, vermutlich Baumwolle, obwohl er durch die miteinander verklebten Schichten wie ein Funktionstextil wirkt.

Wir hatten vorab etwas Sorge, ob wir die Rauchmelder auslösen könnten - und für alle Fälle einen gefüllten Wassereimer im Raum deponiert. Glücklicherweise hatte der Veranstaltungsraum große Fenster, die sich öffnen ließen. Es wäre sehr ironisch, aber auch peinlich gewesen, in einer umgebauten Feuerwache einen Feuer-Fehlalarm auszulösen. 

Zeitgleich zu Beles und meiner Veranstaltung gab es einen Workshop zum richtigen Vermessen mit dem Maßschneider Sebastian Hoofs und seinem Assistenten Tom - die Gruppen wechselten, so dass jede jeden Workshop besuchen konnte. Das hätte mich ja auch sehr interessiert, ging aber zeitlich nun einfach nicht, aber vielleicht gibt es ja mal eine andere Gelegenheit. Sebastian gibt auch andere Kurse für Hobbynäher, übers Nähen, übers Schnitte-Anpassen, die Kölnerinnen schwärmen schon länger davon.

Etwa ein Viertel des Tauchtischs, diesmal nach Farbe sortiert

Der Abend ging mit gutem Essen im Cafe des Veranstaltungsorts zuende, und dort trafen wir uns am nächsten Morgen gleich wieder zum Frühstücken, während sich nebenan die Tauschtische füllten. Ich musste mich ehrlich gesagt etwas zusammenreißen, um nicht überall Stoffproben abzuschneiden und anzuzünden (und wenn ich nicht so müde gewesen wäre, hätte ich das vermutlich gemacht), aber immerhin konnten Claudia und ich ein senfgelbes Sherlock-Holmes-Karo als Wolle identifizieren.

Am frühen Sonntagnachmittag machte ich mich dann wieder auf, in Richtung Süden zu einem sehr kurzen Familienbesuch, und erst jetzt, wieder zuhause und etwas erholt, kann ich mich so richtig über das Wochenende freuen. Nette Gespräche, viele neue Ideen (nicht zuletzt auch Ideen für neue Bücher), wie immer zu wenig Zeit, um sich mit allen gleichermaßen ausführlich zu unterhalten, aber ich habe wieder ein paar Namen neu gelernt und kann sie Gesichtern und Blogs zuordnen. Bis zum nächsten Treffen dann!