Dienstag, 6. März 2018

Näh-Nachrichten: Perlenkunst, Jil Sander und eine Lesung

Puh, das echte Leben nimmt - in Gestalt einer neuen Wohnung, Renovierung und einem bevorstehenden Umzug - gerade etwas Überhand im Hause Nahtzugabe. Statt Stoffen streichele ich Wandfarbenmuster, anstelle von Schere und Nähmaschine habe ich mit Spachteln und Farbrollen zu tun. (Würde sich hier eigentlich jemand für Renovierungsposts interessieren?)

In der Zwischenzeit sind eine Menge Links zu nähnerdrelevanten Themen angefallen.

Ausstellungsplakat, Stadtmuseum Hornmoldhaus, Bietigheim-Bissingen


Zuallererst möchte ich euch auf eine Lesung von Susanne - Textile Geschichten aufmerksam machen. Übermorgen, am 8. März liest sie um 19.00 Uhr in Bietigheim-Bissingen im Stadtmuseum Hornmoldhaus im Begleitprogramm zur Ausstellung Macht Handarbeiten glücklich?.
Verflixt und Zugenäht – Warum ist der rote Faden rot? Dem (fast) vergessenen Wissen früherer Generationen über die Bedeutung von Sprichwörtern und Redewendungen aus dem Bereich der Textilherstellung spürt die Autorin und Bloggerin Susanne Schnatmeyer in ihrer Lesung nach.
Teilnehmerbeitrag 3 €.


Kommt zahlreich, das wird bestimmt sehr unterhaltsam!

Ausstellungsansicht „Jil Sander. Präsens“, 2017 im Museum Angewandte Kunst © Paul Warchol

In Frankfurt läuft noch bis zum 6. Mai eine hochgelobte Ausstellung der Arbeiten von Jil Sander - Jil Sander. Präsens/Jil Sander. Present Tense im Museum für Angewandte Kunst. Die Ausstellung zeigt nicht nur Sanders Modeentwürfe, sondern auch Arbeiten aus verwandten Gebieten, mit denen sie sich beschäftigte, wie der Innen- und Gartenarchitektur und der Fotografie. Küstensocke hat die Ausstellung schon besucht und schrieb hier über ihre Eindrücke - und ihre Fotos von interessanten Schnittdetails und Stoffstrukturen machen großen Appetit, sich auf den Weg nach Frankfurt zu machen. Bei Monika - Wollixundstoffix läuft im Moment ein Sewalong zum Thema Jil Sander, vielleicht möchte ja noch jemand mit einsteigen.

Textilkunst: Eine Blogleserin schickte mir den Link zu einem (englischen) Artikel über das Ubhule Art Collective, einem Zusammenschluss südafrikanischer Frauen, die phantastische, meist abstrakte Perlenbilder in einer tradtionellen Technik sticken. Vor zwei Wochen waren diese Werke in London bei einer Kunsthandwerksmesse zu sehen, dieses Jahr tourt eine Ausstellung durch die USA - uns  bleibt leider nur ein Blick auf die Webseite des Kollektivs, auf der einige Bilder zu sehen sind.

Schöne Schnitte: Auf der Seite der Initiative Handarbeit erscheinen meistens zweimal im Jahr Näh- und Strickkollektionen in Zusammenarbeit mit jungen DesignerInnen. Die Kollektionen vom Ende letzte Jahres fand ich besonders gelungen - in der genähten Kollektion gefällt mir das Kleid Pecher von Jessica Lindner besonders gut und die kurze Jacke aus robustem Köper und Samt von Katharina Gorin und Karla Rabe, die außerdem ein Latzkleid aus Jeans, Samt und Chiffon entworfen haben. Die Strickkollektion ist von Birte Manz und enthält ebenfalls einen Latzrock sowie interessante "Deckenpullover", die erst am Körper eine Pulloverform annehmen. Alle Schnitte und Anleitungen gibt es zum Download kostenlos auf der Seite.

Schöne Mode aus Berlin: Was auf der Berliner Fashionweek und den Messen drumherum an neuer Mode gezeigt wird, findet man im Blog enkeda.de und im dazugehörigen Instagramaccount @enkedafashion. Da Kerstin oft Designermode nachnäht, hat sie einen tollen Blick für nähtechnische Details, die man in der üblichen Berichterstattung nicht findet, ihre Fotos sind ein Genuss, weil sie das Wesentliche erfassen - als wäre man selbst dabeigewesen. Mein Lesetipp für die vielleicht noch kommenden ungemütlichen Früh-Frühlingsabende.

"I no longer view clothing as ornament or protection, but as communication. [...] dress speaks louder—and with more honesty—than words." Ein weiterer Lesetipp: Die Textilhistorikerin Kimberly Chrisman-Campbell schreibt über ihre Arbeit als Kuratorin von Modeausstellungen: Von der Suche nach Ausstellungsstücken über die wissenschaftliche Recherche des Kontextes, die Frage der Präsentation (Puppen mit oder ohne Kopf?) und nicht zuletzt über die Versuchung, die Ausstellungsstücke anzuprobieren.

Auch ein Verlust ist zu vermelden: "Brigitte Kreativ" hat es nicht geschafft, nach zwei Jahren wurde das Heft eingestellt. Sehr schade, mir hatte es sehr gut gefallen - aber genau das könnte der Kern des Problems gewesen sein, es erinnerte mich nämlich sehr an die mittlerweile legendären Kreativstrecken in Brigitte in den 1990er Jahren. Ich glaube, meine Nostalgiegefühle teilten viele der Heftkäuferinnen, in der Kommentardiskussion hier im Blog im Oktober 2015 über das erste Heft klang das schon an - und nur mit der Leserinnengruppe 40+ lassen sich wohl nicht genug Hefte verkaufen. Auch die Redaktionen der anderen Frauenmagazine bei Gruner+Jahr werden umgebaut, erfährt man bei Meedia, Brigitte möchte mit E-Learning-Programmen und großen Veranstaltungen zu Finanz- und Berufsthemen Geld verdienen ("Brigitte Academy"). Das DIY-Thema scheint aber noch nicht für alle Zeiten begraben zu sein: "Die Hamburger wollen in den nächsten Monaten das Konzept überdenken und möglicherweise dann einen Neustart wagen.", heißt es.