Sonntag, 26. März 2017

Stoffspielerei im März: Zaghaftes Shibori


Für die Stoffspielerei im März hatte Karen - Feuerwerk by KaZe - das Thema Shibori vorgeschlagen. Shibori, das ist eine ursprünglich japanische Batiktechnik, bei der Stoffe gefaltet, abgebunden, verdreht, verklammert, verschnürt und dann gefärbt werden, oft mit Indigo. Die Farbe kann nicht unter die Verschnürungen oder Klammern vordringen, so dass diese Partien ungefärbt bleiben. Auf der Webseite des World Shibori Network findet man ein Verzeichnis der traditionellen japanischen Shiboritechniken und -muster. In einfacherer Form haben das die meisten von uns möglicherweise schon mal in den vergangenen Jahrzehnten ausprobiert: gebatikte-TShirts sind ja alle paar Jahre wieder populär.


Ich wollte die Abbindebatik an einem Projekt ausprobieren, das ich dann auch tatsächlich nutze und nicht nur Stoff färben. Da kam mir eine Idee gelegen, die ich schon seit 2014 mit mir herumtrage, nach dem knallbunten Miami-Vice-Anna-Kleid ein seriöseres Kleid zu nähen, ohne oder mit wenig Muster und in einer dunklen Farbe, zum Beispiel dunkelblau. Ein Shibori-gemusterte, lockere Bordüre am Rock würde der Seriosität nicht schaden.

Um das Muster gezielt platzieren zu können, habe ich die Teile des Kleids aus weißem, vorgewaschenen Baumwollbatist zugeschnitten und auf jedem Rockteil die obere und untere Begrenzung der Bordüre mit einem auswaschbaren Stift markiert.  

Zwischen den Markierungen ordnete ich kreisförmig abgebundene Stoffzipfel in verschiedenen Größen mehr oder weniger zufällig-verstreut an. Die Zipfel sind mit Filtehäkelgarn aus Baumwolle sehr fest abgebunden.  


Als Zugeständnis an die Alltagstauglichkeit, die für mich vor allem Maschinenwaschbarkeit bedeutet, färbte ich mit Simplicol-Echtfarbe, Farbton marineblau, in der Waschmaschine. Diese Farbe ist nach meiner Erfahrung wirklich absolut waschfest, allerdings glaube ich, dass man mit einem nicht ganz so langen Farbbad schönere und interessantere Batikeffekte erzielen würde. Da der Stoff über eine Stunde lang im Buntwaschprogramm durch die Färbelösung gewirbelt wird, dringt die Farbe sehr weit vor. 


Nach der zweiten Wäsche und dem Auspacken bekam ich daher vor allem zarte weiße Ringe und nur wenige interessant gemaserte Partien. Ich hätte die Zipfel alle ruhig noch etwas dicker und auf größerer Breite umwickeln können. 


Hier zum Vergleich ein Stück alte japanische Seide, die mit der gleichen Shibori-Wickeltechnik gestaltet wurde. Die Punkte, aus denen die Zweige bestehen, sind wirklich winzig! Dort ist eine Stoffmenge ungefähr von der Größe eines Stecknadelkopfes abgebunden worden. 


Meine Rockteile, hier für eine ersten Eindruck zusammengesteckt, haben eine zarte, unregelmäßige Blasenmusterung bekommen. Letztlich finde ich das so gar nicht schlecht, auch wenn ich mir die Teile etwas gemusterter vorgestellt hatte. Den Stoff für das Oberteil des Kleides habe ich mitgefärbt, es wird einfarbig dunkelblau.


Alle Shibori-Beiträge sammelt Karen hier, es gab wirklich beeindruckende Ergebnisse. Vielen Dank für die schöne Idee, Karen!

Die nächste Stoffspielerei ist am 30. April bei Suschna - Textile Geschichten, Thema: Seltene Techniken.

Freitag, 24. März 2017

Fast schon angekommen: Der Marled Magic Mystery-Knitalong, Teil 3


Vorhin landete der vierte und letzte Teil der Anleitung für den Marled Magic Mystery-Knitalong in meinem Postfach, und ehe ich mir anschaue, wo die Strickreise diesmal hingeht, zeige ich noch schnell den Stand nach Teil drei. Wie letzte Woche erwartet wurde rechts von der Raute im Netzmuster weitergestrickt. Es kam eine asymmetrische Ecke mit verkürzten Reihen in kraus rechts dazu, die die beiden freien Seiten der Raute einfasst. 


Ich habe diesen Teil wieder schwarz-weiß-meliert gestrickt, um das Schwarz-weiß auf der anderen Seite der Raute aufzunehmen. An der Ecke gibt es große Löcher, die durch einen doppelten Umschlag entstanden sind, der in der folgenden Reihe mit zwei Maschen abgestrickt wird - eine interessante Technik, die ich noch nicht kannte.


An eine Seite der schwarz-weißen Ecke schließt wieder ein großes Dreieck im Perlmuster an. Mit dieser Partie habe ich eine ganze Menge Reste komplett verstrickt - je nachdem, was jetzt noch kommt, muss ich eventuell Garn dazukaufen. Das Tuch ist jetzt schon so groß geworden, dass ich auf einen Hocker steigen muss, um die Mitte und den neuen Teil komplett auf Bild zu bekommen. Bis zu der "sehr großen" Endgröße kann es also nicht mehr weit hin sein.

Mittwoch, 22. März 2017

Im Weihnachtsrock (115, Burdastyle 2/2016) beim MeMadeMittwoch


Es ist ja langsam gar nicht mehr erklärlich, wie lange ich an diesem schnitttechnisch nicht allzu komplizierten Teil genäht habe: Die erste Planung fand beim Weihnachtskleid-Sewalong statt, zur Annäherung im Januar ließ ich es dummerweise zuhause, und bei einem Nähtreffen hier in Berlin kam ich über das Zusammennähen der Außenhülle und das Verstürzen der oberen Rockkante mit dem Beleg nicht hinaus. Ich muss bei diesem Treffen vor allem Kaffee getrunken, gequatscht und gegessen haben, anders kann ich mir den quasi nicht vorhandenen Nähfortschritt nicht erklären. 


Der Schnitt 115 aus Burdastyle 2/2016 kommt im Heft ohne Futter aus, sehr ungünstig, wenn man wie hier einen brokatähnliches Jacquardgewebe mit sehr rauher Rückseite verwendet. Den Stoff bekam ich günstig als Rest, er ist im Grundton dunkelviolett und leicht glänzend mit einer eingewebten, schwarzen Wellenstruktur. Die schwarzen Musterlinien sind erhaben, matt und etwas flauschig.


Im Schnitt ist ein Stoffgürtel vorgesehen, der entlang des Rückenteils am Rock festgenäht werden soll. Dazu konnte ich mich bisher nicht entschließen. Der Rock sieht auf dem Bügel mit nur festgestecktem Gürtel vollständiger aus als ohne, aber zusammen mit einer Strickjacke getragen, wie zum Beispiel im Foto oben, ist mir der Gürtel irgendwie zu viel. Ganz schlicht finde ich den Rock in der Kombination schöner. Ich glaube, ich mache für den Gürtel noch ein paar unauffällige, gehäkelte Garnschlaufen und nähe ihn nicht fest, was meint ihr?



Durch den steifen Stoff kommen die Details - Falten im Vorderteil, Taschenklappen - gut heraus. Die schwarzen Posamentenknöpfe passen genau, sie hatte ich noch in der Knopfkiste. Ich hatte sie ursprünglich in Regensburg für eine moosgrüne Samtweste mit schwarzem Posamentenbesatz gekauft, die ich etwa 1994 nähte.


Für den Verschluss bin ich, damit es schlicht bleibt, auf von außen nicht sichtbare Druckknöpfe ausgewichen. 



Das Futter ist oben am Beleg verstürzt und an den Seiten und am Saum mit der Hand anstaffiert, also so unsichtbar wie möglich angenäht. Das war alles wirklich nicht weiter kompliziert, aber die Hürde, erst einen Futterschnitt selber machen zu müssen und das Handnähen haben mich dieses Mal sehr aufgehalten.


Ich bin ganz zufrieden mit dem Rock, den Stoff mag ich sehr, mir gefällt die Struktur und der Wechsel von matt und glänzend. Da der Stoff so steif ist, könnte der Rock auch alleine stehen, daher ist so ein Wickelrockschnitt günstig, denn er kann weniger einengen als ein normaler schmaler Rockschnitt.

Ich gebe zurück zum MeMadeMittwoch, dem wöchentlichen Treffen für selbstgemachte Kleidung. Schaut auch mal hier - es gibt einige Neuerungen beim MeMadeMittwoch, nämlich einen Motto-Mittwoch im Monat. 

Zusammenfassung:
Schnittmuster: 115/ Burdastyle 2/2016, Größe 38 mit etwas mehr Notfallnahtzugabe ("Angstzugabe" nannte das passenderweise mal eine Kundin im Stoffladen)
Stoff: 1,50 m Jacquard aus Polyester/Viskosemischung - der Gürtel ist in der Mitte geteilt, wäre aber vermutlich auch komplett auf den Stoff gegangen, wenn ich beim Zuschneiden rechtzeitig daran gedacht hätte.
Futterstoff für die vorderen Taschenbeutel und für das Futter
Taillenbeleg und angeschnittene Belege an den Vorderkanten der Vorderteile mit dünner Bügeleinlage verstärkt.  

Samstag, 18. März 2017

Mads Rønnborg, Andrea Instone: 100x Outfit of the day [Rezension]


Viele Bloggerinnen sind ganz ausgezeichnete Autorinnen: Witzig, selbstironisch, sachkundig auf ihrem Gebiet, es ist ein Vergnügen, sie zu lesen. Mich freut es daher immer ganz besonders, wenn diese Bloggerinnen ein Buch veröffentlichen, oder, wie hier, an einem beteiligt sind. Wobei, "an einem Buch beteiligt" ist in diesem Fall viel zu wenig: Andrea Instone, als Bloggerin als Michou à la mode bekannt, steuerte die Texte zu einem Stilratgeber bei, der ohne ihren Beitrag wenig mehr als ein Fotobuch geblieben wäre.

Den Hauptautor Mads Rønnborg, laut Einleitung "ehemaliger Styling-Chef im deutschen Frühstücksfernsehen" und momentan beim Magazin "Barbara" beschäftigt, kannte ich bisher ehrlich gesagt nicht. Von ihm stammen die 100 Outfitvorschläge, die auf 160 Seiten in ganzseitigen Bildern gezeigt werden.


Die Outfits sind in Kapitel organisiert, in denen jeweils ein Kleidungsstück im Mittelpunkt steht: Mal geht es um schwierig zu kombinierende Trendteile wie Plisseeröcke und Jumpsuits, mal um Bekleidungsklassiker wie Bleistiftröcke oder das schwarze Kleid. Begleitet sind die schön arrangierten und als Flatlay, also ohne Models fotografierten Zusammenstellungen von kurzen erklärenden Statements des Stylisten, manchmal auch von kalligraphischen Spielereien.


Die längeren Texte, insgesamt sind es zehn Doppelseiten, stammen von Andrea, und sie darf dort tun, was sie so gut kann: Über Stil und Farben, Figur und Mode plaudern, immer sachkundig, aber unterhaltsam und nicht bevormundend. Einige Male geraten beide in Konflikt - nicht nur in der Wahl der Anredeform, denn Andrea ist mit der Leserin per Sie, während Rønnborg duzt - wenn Rønnborg zum Beispiel von einem Outfit spricht, das "optisch streckt" und "eine perfekte Figur zaubert", während uns Andrea doch gerade erklärt hat, dass es auf diese Regel gar nicht ankomme.   


Von diesen nicht ganz stimmigen Details abgesehen ist 100x Outfit of the day aber ein schön gestaltetes Buch, das beim Blättern Vergnügen bereitet. Es gibt kein vorfabriziertes Rezeptwissen ab, sondern lädt zum Experimentieren und Spielen ein. Die Leserin muss anhand der Bilder selbst entdecken, warum ein Outfit funktioniert: wenn eine Farbe aus Muster eines Shirts in den Schuhen wieder aufgenommen wird, wenn verschiedene Stoffstrukturen aufeinander treffen oder ein für sich genommen konservatives Kleidungsstück mit sportlichem Beiwerk entspießert wird (wobei mich der umgekehrte Vorschlag - Jogginghose mit Nadelstreifenblazer und eleganten Schuhen "ins Büro" anziehen - wohl niemals überzeugen wird). Ich denke, dass ich oft und immer mal wieder darin blättern werden, weil man mit jedem Mal wieder Neues entdecken kann - und einige Teile würde ich am liebsten sofort nachnähen, zum Beispiel den großkarierten Mantel von Outfit 87. Das Bleistiftrock-Kapitel animiert mich, dieses lange geplante Projekt endlich einmal anzugehen - mir gefällt besonders Outfit 93 - und von dem Jumpsuit von Outfit 58 hätte ich gerne den Stoff. 

Wer nach den Appetithappen im Buch noch mehr von Andrea über Farbe und Stil lesen möchte, dem empfehle ich die entsprechende Rubrik ihres Blogs - und ich hoffe sehr, dass wir von Andrea in Zukunft noch mehr in Buchform lesen werden.

Alle Informationen zum Buch und noch mehr Bilder gibt es hier:
Mads Rønnborg, Andrea Instone: 100x Outfit of the Day. Stylingideen für Lieblingsstücke.
ISBN  978-3-77-246475-1, 19,99 €

Donnerstag, 16. März 2017

Stricken mit unbekanntem Ziel: Westknits Mystery-Knitalong Teil 2


Letzte Woche verglich die Luise das den Mystery-Knitalong von Westknits mit einer Fernsehserie - und sie hat recht: Die Puzzlestücke, wo das alles hinführt, setzen sich erst nach und nach zusammen, und ich bin sicher, dass es bis zum Ende noch die eine oder andere überraschende Wendung geben wird. Was bisher geschah, steht im vorigen Beitrag, hier folgt jetzt die zweite Folge:

In den letzten Tagen kam der Zipfel links dazu, im Patentmuster gestrickt aus hellgrauem Sockengarn zusammen mit schwarzem Mohair-Seide-Gemisch. Für Menschen, die nicht gerne Patent stricken, gab es in der Anleitung auch die Möglichkeit, im Perlmuster weiterzustricken. Ich finde den Patentmuster-Zipfel aber so herrlich elastisch und fluffig, das ich große Lust auf einen Patentpullover oder eine Jacke bekommen habe - es muss ja nicht so ein Sack-Schnitt wie in den 1980ern sein.


Folge 2. 2 füllt die Lücke zwischen Teil 1. 1 und Teil 1. 2 mit verkürzten Reihen aus: Hier habe ich nach hellgrau-grauem Anfang jeweils einen schwarzen und einen weißen Faden gemeinsam verstrickt. Die Idee ist, die Farben durch schwarz-weiß und grau etwas zu dämpfen, so dass das Tuch oder der Schal dann auch tragbar wird und nicht einfach nur chaotisch bunt.


Das wars dann auch schon mit der heutigen Folge - ein echter Cliffhanger! Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, wie aus diesem Anfang ein wirklich großes Tuch werden soll - in der Beschreibung des Knit-alongs hieß es, man könne "später" entscheiden, ob das Tuch groß oder sehr groß werden soll. Dieses "später" müsste ja eigentlich mit der dritten Folge am nächsten Freitag erreicht sein. Im Moment erscheint es naheliegend, dass als nächstes rechts von der zuerst gestrickten Raute aus weitergestrickt wird, dann könnte eine leicht asymmetrische, aber im Prinzip dreieckige Form entstehen. Aber das ist bestimmt ein Trick, und in Wirklichkeit passiert etwas ganz anderes. Schalten Sie also auch nächste Woche wieder ein zur dritten Folge des Mystery-Knit-alongs, wenn wir dem Geheimnis immer näher kommen!

Donnerstag, 9. März 2017

Stricken mit unbekanntem Ziel: Der Marled Magic Mystery-Knitalong, erster Teil


Einem mit den Gepflogenheiten der Strickszene nicht vertrauten oder gar komplett strickunkundigen Menschen das Konzept eines "Mystery-Knitalongs" zu erklären, ist ein lustiges Erlebnis! Gestern Abend hatte ich dieses Vergnügen, als ich mit Lila und gelb bei einem sehr spontanen Mini-Stricktreffen in der Kiezkneipe saß, und zwei Nachbarn wissen wollten, was wir denn da stricken. Die beiden akzeptierten aber dann doch weitgehend ohne komische Nachfragen, dass wir etwas stricken, von dem wir nicht genau wissen, wie es am Ende aussehen wird, und dass uns das Spaß macht. Es geht natürlich um den Marled Magic Mystery Shawl von Westknits, ein Projekt, von dem man nur weiß, dass es ein großes Tuch oder wahlweise ein sehr großes Tuch werden wird, und dass es zweifädig aus allen möglichen Garnresten gestrickt werden kann, so dass interessante gemischte Farbtöne entstehen. Ich ja schon mal erwähnt, dass mich das reizt.


Die Anleitung bekommt man in vier Teilen an vier aufeinanderfolgenden Sonntagen und tastet sich also Stück für Stück zum Endprodukt vor. Meine in der Stärke zum Projekt passenden Wollreste ergaben mehr oder weniger einen Regenbogen ohne besonderes Farbkonzept. Die erste Idee war, die Farben mit einem wollweißen dünnen Bouclégarn zu verbinden, das ich mal geschenkt bekommen hatte - aber eine Strickprobe (siehe Bild oben) fühlte sich ungefähr wie ein Topfkratzer an. Das Bouclégarn ist zwar aus reiner Wolle, aber sehr hart, und wenn man es im Perlmuster verstrickt könnte man mit der Maschenprobe Möbel anschleifen. 


Den zweiten, dritten und vierten Anlauf unternahm ich dann bereits mit dem ersten Teil der Anleitung - man strickt zuerst ein rautenförmiges Teil im Netzmuster. Wechselnde bunte Garne zusammen mit schwarzem Lacegarn aus Mohair und Seide gefiel mir nicht so recht, verschiedene Garne mit gelbgrün kombiniert auch nicht, erst bei den Rottönen mit grauem Mohair hatte ich eine Ahnung, in welche Richtung es gehen könnte. 


Um die Farben etwas zu bändigen, habe ich beim fünften und endgültigen Anlauf jeweils einen Farbverlauf von dunkel zu hell und bunt und wieder zurück gestrickt - die Farben des Fotos hier kommen dem Original sehr nahe, das mit der Handykamera aufgenommene Bild drüben bei Instagram ist durch die interne Bildoptimierung des Geräts viel zu grell und leuchtend.


Die Farbmischungen, die gerade beim Perlmuster entstehen, sind wirklich faszinierend und auch etwas süchtigmachend - Birgit und ich wollten uns eigentlich nur für eine Stunde in der Bar treffen, um die Anleitung zu besprechen, und dann konnten wir uns bis Mitternacht nicht losreißen und strickten und strickten... Birgits Anfang sieht man übrigens hier.

Morgen gibt es den zweiten Teil der Anleitung und ich bin schon ganz gespannt, wie es weitergeht - mein Plan ist, das oder die nächsten Segmente in etwas ruhigerem schwarz-weiß-grau weiterzustricken, damit das Tuch oder der Schal insgesamt nicht zu unruhig wird. Aber wer weiß, ob das mit der Anleitung zusammenpasst!

Mittwoch, 8. März 2017

Kleine Schnittmusterparade im Frühling

Nachdem der Berliner Winter sich in den letzten acht Wochen von seiner schlechtesten Seite zeigte (und ich gefühlt mindestens die Hälfte dieser Zeit auf dem Sofa verdämmerte), werden die Tage nun merklich länger. Der sicherste Frühlingsbote ist für mich aber die Frühjahrskollektion von named patterns geworden. Die Schwestern aus Finnland haben meistens ein gutes Gespür für Schnittformen und Materialien, die gerade in der Luft liegen. Ich kann das oft erst im Nachhinein würdigen, wenn nämlich ein halbes bis ein Jahr später ähnliche Schnitte wie die von named in den Geschäften hängen.

Die neue Kollektion "Playground" umfasst wieder Teile in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, vom T-Shirt oder T-Shirt-Kleid mit Wickeleffekt und einer Culotte mit Gummizugbund bis hin zur Latzhose oder einem Kleid mit Reverskragen. Ich finde vor allem das Kleid Ansa interessant, ein Raglankleid mit Schmetterlingsärmeln, dazu gibt es eine Variante als schwingendes Top mit einem anderen Rückenteil. Allerdings verwundert mich, dass Ansa als "feminines Cocktailkleid" vorgestellt wird. Wieso Cocktailkleid? Ich sehe in erster Linie einen Schnitt für ein schönes luftiges Sommerkleid aus leichtem gemustertem Baumwollsatin oder aus Viskose oder für ein Alltagskleid aus leichtem Viskosecrêpe. Eine Version aus pflaumenfarbenem Seidensatin ist im Netz bereits aufgetaucht, die die Stellenbeschreibung "Cocktailkleid" erfüllt - aber ich denke der Schnitt ist sehr wandelbar, und das wird sich zeigen, wenn erst die Jahreszeit für Flatterkleider gekommen ist.

Das schon erwähnte Hemdblusenkleid mit Reverskragen, Reeta, erweckt bei mir nostalgische Gefühle: genau solche Kleider, in genau der Länge, mit genau solchen Seitenschlitzen und halblangen Ärmeln nähte und trug ich als Studentin in den späten 1990er Jahren, sogar den Stoff des Modellfotos hätte ich so getragen. Ich bin mittlerweile also so alt, dass das Rad der Mode eine ganze Umdrehung zurückgelegt hat und die Mode meiner Jugend (ich kann es kaum hinschreiben) als "neue Mode" zu uns zurückkommt. Wenn ich diesen Schock verdaut habe, könnte ich mir vorstellen, Reeta diesen Sommer zu nähen - oder einfach meine Schnittmusterhefte von ca. 1996 durchzusehen. Wie schade, dass ich alle Schnittkopien schon längst weggeworfen habe!

Die Culotte Ninni finde ich auch interessant, aber weniger wegen des Schnitts, sondern wegen des Materials: Über eine Culotte aus Samt dachte ich schon im Herbst nach und darüber, dass herkömmlicher Baumwollsamt für eine Culotte sicher zu steif sein würde. Bei named haben sie die Culotte aus stretch velours genäht, also, wenn ich das richtig übersetze, aus dünnem Nickistoff. Das könnte für den nächsten Herbst eine gute Idee sein.

Bis morgen (9. 3.) gibt es bei named übrigens 10% Rabatt auf Kleiderschnitte - Rabattcode siehe hier. 

Tilly and the Buttons ist - wer hätte das gedacht - sehr schnell zu einer der Konstanten in der Indie-Schnittmusterwelt geworden. Ich hätte nie erwartet, dass die kulleräugige Tilly mit einer Teilnahme am Great British Sewing Bee und einem (guten) Plan ein so großes, professionell auftretendes Schnittmusterunternehmen gründen kann, das regelmäßig neue Schnittmuster herausbringt, während man von anderen Unternehmen, die zur gleichen Zeit starteten, nichts mehr hört. Ganz neu ist das Kleid Zadie, ein Jerseykleid mit langen oder kurzen Raglanärmeln, Taschen und Seitenpanelen. Die rosarot-niedliche Kleinmädchenästhetik von Tillys Blog ist so gar nicht mein Fall, aber Karin - Dreikah hat das Kleid schon aus erwachsenen Stoffen genäht und das Potential des Schnittes erkannt

Neuentdeckungen

I AM patterns aus Frankreich ist eine Firma, die Claudia - Bunte Kleider entdeckt hat: Am Mittwoch zeigte sie im Blog schon das Hemd Hermes. Mir gefällt der schlichte, moderne Stil der Schnitte sehr gut - es gibt sie als pdf zum Kleben und als Papierschnitt (Papierschnitte unter dem Reiter "patrons", die pdf unter "patrons pdf), aber nur bis zur französischen Größe 46 (Brustumfang 102 cm).

Die britische Firma The Maker's Atelier gibt es schon seit 2015, über das Label stolperte ich aber erst vor kurzem. Die Designerin arbeitete vor dem Schnittmustergeschäft als Farbexpertin und Innenarchitektin und erzählt die Gründungsgeschichte ihrer Firma vor allem anhand der Probleme, die richtigen Farben für das Logo, Fotohintergründe und Nähbeispiele zu finden. Eine Herangehensweise, die sich auch auf der Shopseite wiederspiegelt: Die Modelle sind derartig geschmackvoll-perfekt aufeinander abgestimmt, dass ich ein Gähnen nicht unterdrücken kann, obwohl einige Teile durchaus interessante Details haben. Der Preis von 22,50 GBP (etwa 26 €) für die Papierschnittmuster schreckt mich aber zugegebenerweise noch zuverlässiger ab. Die Schnitte gibt es bis zur UK-Größe 22, 116 cm Brustumfang.

Ergänzt 9. 3. 2017: Indie-Schnittmuster-Expertin Claudia - Bunte Kleider hat auch schon einen Schnitt von Maker's Atelier ausprobiert und war sehr enttäuscht: Viel Verpackung, wenig Inhalt. Schaut in den ersten Kommentar zu diesem Artikel, dort beschreibt sie ihre Erfahrung.

Die Firma Trend patterns, ebenfalls aus Großbritannien, habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, das erste Mal bei Alexandra - Handmade Glamour bemerkt. Trend patterns bietet Schnitte an, die sich an Laufstegtrends anlehnen - bislang gibt es in der Hauptlinie in der Hauptlinie sechs Schnittmuster, auf der Shopseite werden sie in weißem Stoff an Schneiderpuppen präsentiert. Die Papierschnittmuster kosten stolze 25 oder 30 GBP (etwa 29 bzw. 35 €) und gehen bis zur UK-Größe 16, 105 cm Brustumfang. Mit etwas Herumgesuche habe ich im Blog von Erica Bunker zwei genähte Modelle gefunden: Das Cape und die Bluse mit den voluminösen Ärmeln. Die Designs sind wirklich außergewöhnlich und die beiden Teile überzeugen mich, den angesetzten Preis finde ich aber äußerst sportlich.


Andere Schnittmuster-Neuigkeiten

Über den Besitzerwechsel bei Sewaholic Patterns letztes Jahr im Spätsommer hatte ich hier im Blog schon mal kurz geschrieben. Die Begleitumstände des Verkaufs erschienen ja wegen der Nicht-Kommunikation aller Beteiligten etwas merkwürdig, und derzeit sieht es nicht so aus, als würden die neuen Inhaber die Firma über den Verkauf der alten Schnitte hinaus weiterführen. Im Herbst gab es bei Instagram eine Ankündigung eines kommenden neuen Schnitts, der aber bisher noch nicht das Licht der Welt erblickt hat, im Unternehmensblog wird nur selten und planlos etwas veröffentlicht, von neuen Schnitten ist keine Rede mehr. Schade, denn Sewaholic stand für gut durchdachte und zu ihrer Zeit innovative Schnitte. 

Thread Theory aus Kanada verfolgte mit Schnitten für kernige Männerkleidung lange Zeit ein einzigartiges Konzept. Dass die Nische Männermode für eine Schnittmusterfirma wohl doch zu klein ist, wenn zwei Leute davon leben möchten, zeichnete sich schon ab, als Thread Theory 2014 die Camas-Bluse für Damen herausbrachte und 2015 den Onlineshop mit Stoffen, Nähzubehör und Schnitten anderer Hersteller füllte. Zuletzt gab es im Dezember die  Lazo Trousers, eine Damenhose - wie die Bluse ist der Schnitt wohl ein Überbleibsel aus dem Modedesignstudium der Inhaberin von Thread Theory und wurde nicht extra neu entwickelt. Außerdem ist geplant, den Onlineshop mit älteren Schnitten für Herrenbekleidung zu füllen - in einem Blogpost vor einigen Wochen wurden die Leserinnen aufgerufen, nicht mehr benötigte Vintage-Herrenschnitte zum Kauf anzubieten. Als Erweiterung des Produktportfolios passen diese Schnittmuster gut ins Konzept - dass sich mit gebrauchten Papierschnitten aber ein nennenswertes Geschäft machen lässt, möchte ich bezweifeln.

Die Inhaberin von Cake Patterns und Erfinderin des Tiramisu-Kleids verschwand im Verlauf des letzten Jahres aus den sozialen Netzwerken, ebenso wie ihre Shopseite sewingcake.com und ihr Nähblog 3 hours past the edge of the world samt allen Anleitungen. Längere Zeit hörte man nichts, nun erschien zum 1. Januar 2017 ein erklärender Artikel bei Facebook. Kurz zusammengefasst: Die Gründerin von Cake Patterns änderte im vergangenen Jahr ihren Vornamen von Stephanie zu Persephone, bekam eine Autismus-Diagnose, erkannte, dass sie das Unterhalten einer Webpräsenz für die Schnittmusterfirma übermäßig anstrengt und ihrer Persönlichkeit nicht entspricht und dass die Firma nicht wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben ist. Sie stellt nun unter dem Namen Somnifera Soap vegane Seifen her und schreibt an einem Roman. Wer also Papierschnittmuster von Cake patterns besitzt, sollte sie gut festhalten, sie werden nicht mehr nachproduziert. Die pdf-Schnitte scheint es aber noch bei einigen Anbietern zu geben. z. B. bei Oliver+S und im Cake-Patterns Etsy-Shop. In Deutschland hat Santa Lucia Patterns noch einige Restexemplare im Shop.

Und das Wichtigste hätte ich fast vergessen: Elke hat Die lange Liste der Schnittmusterdesigner zusammengestellt - eine fantastische, alphabetisch geordnete und nach Sprachen sortierte Sammlung von Indie-Schnittmusterfirmen aus aller Welt. Großartig!