Mittwoch, 20. September 2017

Impressionen vom Lillestoff-Festival 2017


Vor zwei Tagen kam ich vom Lillestoff-Festival zurück, wo ich insgesamt vier Upcycling-Workshops gegeben hatte. Ehe die Eindrücke in Vergessenheit geraten, möchte ich wenigstens die paar Handyfotos zeigen, die ich während dieser irrsinnigen Nähnerd-Veranstaltung gemacht habe. Wer das Festival nicht kennt: Bei dem Event, das von dem Langenhagener Stoffhersteller Lillestoff veranstaltet wird, treffen sich Nähende von weit her, um an einem Wochenende zwei Tage in einer Messehalle in Langenhagen zu nähen, zu plaudern, Stoff zu kaufen und Workshops zu besuchen.


Dieses Jahr kamen noch mehr Besucherinnen als im letzten Jahr in den Genuss, zwei Tage ungestört durchzunähen - irgendwo hörte ich von 1000 Besucherinnen am Tag, und in der unteren Halle, wo die Nähtische stehen, war kein Durchkommen mehr. In der dritten Etage, der Workshopetage, war es glücklicherweise luftiger und ruhiger. Ich bin auch nicht richtig dazu gekommen, mich unten umzusehen, dazu waren meine Pausen zu kurz.


Wahrscheinlich gehört es sich nicht, einfach fremde Nähmaschinen zu fotografieren (auch wenn eine Nähmaschine kein Persönlichkeitsrecht hat) - aber diese fand ich so klasse, dass ich beim Gehen am Samstagabend ein Bild machen musste. Eine gelbe Privileg Topstar electronic! Ich habe akuten Nähmaschinenneid.


Für die Oberhemden-Refashion-Workshops am Samstag und Sonntag Vormittag hatte ich einige Beispiele mitgebracht - und genügend Material zum Zerschnippeln. Diese Workshops sind für mich immer ziemlich anspruchsvoll und aufregend, denn jede Teilnehmerin näht ein anderes Projekt, noch dazu weiß ich vorher nicht, was für Material die Teilnehmerinnen mitbringen und wie sich die Ideen entwickeln. Das war auch dieses Mal wieder interessant und spannend, und die Teilnehmerinnen waren eine tolle Truppe, die wagemutig losnähten, sich gegenseitig berieten und in viereinhalb Stunden fast alle ein fertiges oder bis-auf-den-Saum-fertiges Teil mit nachhause nehmen konnten.


Am Sonntag habe ich wenigstens an zwei Nachher-Bilder gedacht: Britta (@by_bertitroete bei Instagram) hatte ein weinrotes Hemd, eine knielange graue Sweathose, eine dunkelgraue Hose aus einem leichten Stoff und einen groben Plan für ein Kleid. Die Hosenbeine der im Schnitt auseinandergeschnittenen Sweathose ergaben geradezu perfekte Ärmel. Der Übergang vom Hemd zum Kleid mit einer Raglannaht wurde nach und nach durch Ausprobieren ermittelt - im Rücken gibt es einen dreieckigen Cutout zwischen den Ärmelteilen. Für den Abschluss am Hals probierten wir eine Menge aus: Aufgesteppte Manschetten am Ausschnitt, Stoffstreifen aus dem Hemdärmeln als Schalkragen, aber letztlich war die schlichteste Lösung, ein breites Bündchen, die beste.


Julia nahm sich ein experimentelles Projekt aus dem Buch "Redesign" vor: Ein großes Hemd wird dabei so lange in Falten gelegt, die festgesteppt werden, bis es der neuen Trägerin passt. Im Buch entsteht so eine asymmetrische Bluse (siehe Bild unten), bei Julia entwickelte sich die Sache eher in Richtung Schößchenjacke, auch wenn es zwischendurch nach gar nichts aussah. Nach einem kleinen Durchhänger vor dem Mittagessen brachte dann der V-Ausschnitt den Durchbruch. Leider lässt sich die interessante, strukturierte Oberfläche der Jacke durch ein Handyfoto nicht besonders gut wiedergeben - die Jacke ist wirklich etwas besonderes geworden, und ich bin froh, dass Julia sich an dieses Projekt gewagt hat. Es hätte nach stundenlanger Herumnäherei schließlich auch nur ein seltsames Etwas herauskommen können. Aber das ist das Schöne an Upcyclingprojekten: Man kann Dinge ausprobieren, die man sonst nicht nähen würde, weil das Material schon vorhanden ist und man wenig kaputtmachen kann.  


Die Bluse mit Rüschenärmeln war ja auch so ein Experiment - ich wusste vorher nicht, ob ich diese Ärmel mögen würde - und ich trug sie am ersten Festivaltag. Fazit: ich mag die Ärmelrüschen sehr, bin aber kein Fan der Raglankonstruktion des Schnitts (111 aus Burdastyle 2/2014), weil die Bluse und damit auch die Raglanpartie ziemlich weit ist und die Ärmel daher nicht besonders sitzen. Falls mal wieder das Bedürfnis nach Rüschenärmeln aufkommt, würde ich einen gut sitzenden Oberteilschnitt mit eingesetzten Ämreln entsprechend abwandeln.

Foto: Frau Masulzke

Und nicht zuletzt: Es ist auch immer wieder schön, bei so einem Festival Blog-Bekannte zu treffen, die weit weg wohnen - Gruppenbild mit Frau Crafteln Meike, der Komplizin Dana und rosa p. Rike, wir alle etwas übernächtigt, aber gut gelaunt vom vorherigen Abend, als wir in Klassenfahrtmanier bis zu einer Uhrzeit strickten, die ich lieber nicht zur Kenntnis genommen habe.

Donnerstag, 14. September 2017

Aus einem alten Oberhemd genäht (111 aus Burdastyle 2/2014)


Eine spontane, schnelle und dabei sehr befriedigende Refashion-Näherei habe ich gestern unternommen und dabei festgestellt: Aus einem alten Oberhemd Größe 52 lässt sich mühelos ein kurzes Top mit gerüschten Ärmeln nach Burdaschnitt 111 aus Heft 2/2014 nähen, jedenfalls in Größe 38.

Das Zuschneiden war ganz einfach: Das Vorderteil des Tops passt auf den oberen Teil des Hemdvorderteils, so dass die Knopfleiste in der Mitte verläuft. Am Ausschnitt darauf achten, dass der oberste Knopf weder zu nah noch zu weit weg von der Ausschnittkante ist.


Das Top-Rückenteil passt auf dem oberen Teil des Hemdrückens und die Raglanärmel passten geradezu beängstigend genau auf die Ärmel des Hemds. Ich konnte die Ärmel sogar mit Hilfe des Schnitts 113 aus dem gleichen Heft verlängern, wobei ich eine knappe Handbreit der Verlängerung dann doch wieder wegschnitt. Die Ärmel sind jetzt ab Achsel etwa 20 cm lang.


Der untere Teil des Hemdrückenteils reichte für zwei Stoffstreifen für die Ärmelrüschen. Bei einem Streifen verwendete ich den abgerundeten Hemdsaum einfach weiter und legte Anfang und Ende beim Annähen ein Stück übereinander. Bei der zweiten Ärmelrüsche sind die Enden wie üblich zum Ring verbunden.


Ich bin nicht sicher, ob die Ärmellänge so klug gewählt ist - die Rüsche befindet sich mit dem Saum des sehr kastigen, kurzen Tops fast auf einer Höhe, das könnte insgesamt ziemlich kastig und quadratisch wirken. Da ich das Oberteil am Wochenende beim Lillestoff-Festival anziehen wollte, wo ich zwei Oberhemden-Upcycling-Workshops gebe und wo es sicher nicht besonders warm wird, wollte ich aber unbedingt etwas längere Ärmel haben.

Wie sich die Ärmel- und allgemeinen Proportionen verhalten, kann ich erst richtig beurteilen, wenn ich Fotos von mir in dem Teil gesehen habe. (So weit ist es mit mir also schon gekommen, jahrelanges Nähbloggen hinterlässt seine Spuren: Ohne Outfitfotos geht gar nichts mehr.) Zur Not verkürze ich die Ärmel später noch ein Stück, jetzt am Wochenende trage ich die Bluse erstmal so, wie sie ist. Von der Konstruktion der Raglanärmel bin ich ohnehin nicht so sehr überzeugt - die Naht zwischen den Ärmeln und dem Vorder- bzw. Rückenteil verläuft ziemlich körperfern, das heißt die Armausschnitte sind sehr groß, was für die Beweglichkeit der Arme nicht unbedingt von Vorteil ist. Aber ich will dem Tragetest nicht vorgreifen, vielleicht freunde ich mich ja noch damit an. Genug Hemden, um weitere Rüschenärmelblusen zu nähen, wären vorhanden.

Die Details zusammengefasst:

Schnitt: 111 aus Burdastyle 2/2014, Größe 38
Änderungen: Ärmel ca. 15 cm verlängert, rückwärtiger Ausschnitt hochgesetzt, Ärmelrüsche ausgehend vom vorhandenen Material zugeschnitten
Material: ein altes Oberhemd Größe 52, Rest Schrägband zum Versäubern des hinteren Halsausschnitts, ein Stück von einem anderen Hemd für den Ausschnittbeleg vorne

Mittwoch, 6. September 2017

Fast wie ein heißer Sommertag in China: Maxirock und Burda-Knotenshirt (125 aus Burda 8/2016)

In einem Blogbeitrag über das aktuelle oder vergangene Wetter zu reden ist in der Regel ebenso langweilig wie überflüssig, aber eines muss ich hier doch loswerden: War das ein bescheidener Sommer in Berlin! In den letzten Sommern war es immer heiß, zeitweise sogar sehr heiß, es gab Wochen, in denen man nur nach Mitternacht Türen und Fenster öffnete und sich mit möglichst wenig Bewegung durch den Tag schleppte. Dieses Jahr war alles anders, jeder leidlich warme Tag wurde sogleich von einem Unwetter abgelöst. Es schüttete und stürmte wie in den Tropen und unser Hof lief etwa einmal in der Woche voll, dazwischen gab es Phasen mit nur 18 Grad, in denen eine Strumpfhose gut getan hätte.


Und das obwohl ich mich im Frühjahr endlich nähtechnisch auf superheißes Wetter vorbereitet hatte! Schon im Mai hatte ich mir einen luftigen, flattrigen Maxirock aus dünner Viskose für die sehr, sehr heißen Tage genäht - und dann bis Juli keine dementsprechenden Temperaturen vogefunden. Und es danach nie geschafft, den einen heißen Tag zwischen den Unwettern abzupassen.


Beim Besuch der IGA, der Internationalen Gartenausstellung in Berlin, habe ich den Rock vor ein paar Tagen dann auch eher aus Trotz angezogen: Er musste jetzt einfach noch einmal raus, bevor er überhaupt nicht mehr in die Jahreszeit passt. 


Die Konstruktion des Maxirocks ist denkbar simpel: Zwei etwas ausgestellte Rechtecke, knapp einen Meter breit, an den Seiten bis auf zwei hohe Schlitze zusammengenäht. Im Bund ist ein breites Gummiband eingenäht.


In die linke Seitennaht habe ich eine Tasche eingearbeitet - im zweiten Anlauf, ich hatte den Rock schon fertiggenäht, als mir einfiel, dass ich Taschen haben wollte. Daher wurde es dann nur eine, ich hatte keine Lust, beide Seitennähte wieder aufzutrennen. 


Zum Rock trage ich ein Knotenshirt aus Viskosejersey nach Burdaschnitt 125 aus Heft 8/2016 vom letzten Sommer, ein Shirt mit überschnittenen Schultern und angeschnittenen Zipfeln zum Knoten am Ausschnitt. Letztes Jahr hatte ich ausführlich über den Schnitt geschrieben. Er neigt aufgrund des Materials zur Formlosigkeit, was aber an sehr, sehr heißen Tagen genau richtig ist.


Auf der IGA war "sehr, sehr heiß" aber nur gespielt (ich trug eine gekaufte Jeansjacke dazu), genauso wie die chinesische Landschaft im Hintergrund nur gespielt und Teil der Gartenausstellung ist. Den Chinesischen Garten kann man als Teil der "Gärten der Welt" in Berlin-Marzahn auch nächstes Jahr noch besuchen - für den größten Teil der Gartenausstellung und vermutlich auch für die Seilbahn gilt das nicht, da ist am 15. Oktober wohl Schluss. Wer einen ein-Tages-Kurzurlaub in allen möglichen Landschaften machen möchte, sollte sich also beeilen!

Echte Urlaubsgeschichten gibts heute im MeMadeMittwoch-Blog, der wöchentlichen Vernetzungsaktion für selbstgenähte Kleidung.